Manche Hunderassen haben einen herausragenden Geruchssinn und eignen sich deshalb besonders gut als Fährtenhunde. Oder stimmt das etwa gar nicht? US-Forschende stellen eine überraschende These zu den Fellnasen auf.
Das macht manche Hunderassen zu besonderen Spürnasen
Für Hunderassen, die für ihre besonderen Riechfähigkeiten bekannt sind, haben möglicherweise nicht einmal einen besseren Geruchssinn als ihre Verwandten. Darauf deutet zumindest eine bisher unveröffentlichte Studie von US-Forschern hin. Bei der Untersuchung von Erbgut und Schädel konnten sie keine grundlegenden Unterschiede zwischen Spürhunden und anderen Hunden feststellen.
Die Forschergruppe um William Murphy von der Texas A&M University ist der Meinung, dass die bekannten Unterschiede zwischen den Rassen bei Geruchserkennungsaufgaben eher auf angezüchtete Verhaltensunterschiede wie Motivation und Trainierbarkeit zurückzuführen sind. Die Studie wurde bisher nicht in einem begutachteten Fachjournal veröffentlicht. Die deutsche Hundeforscherin Juliane Bräuer vom Max-Planck-Institut (MPI) für Geoanthropologie in Jena findet die Ergebnisse jedoch überzeugend.
Hoch geschätzt, wenig verstanden
Der Geruchssinn von Hunden wird als außergewöhnlich angesehen. Dies liegt vor allem an der hohen Anzahl von Riechzellen in der Nasenschleimhaut, der speziellen Art des Schnüffelns und der Verarbeitung von Gerüchen im Gehirn. Menschen nutzen die besonderen Fähigkeiten von Hunden, um sie bei der Suche nach Personen, Drogen, Sprengstoff sowie zur Erkennung von Krankheiten und bei der Jagd einzusetzen. Zu den besonders guten Schnüfflern gehören unter anderem Beagle, Bloodhound und Deutsch Drahthaar. Zu den weniger talentierten gehören Greyhound, Border Collie und Mops.
Grundsätzlich sei es schwierig, die Geruchsfähigkeiten von Hunden zu untersuchen, sagt Juliane Bräuer. «Man weiß extrem wenig übers Riechen bei Hunden.» Bräuer ist Leiterin der Forschungsgruppe Hundestudien am Jenaer Max-Planck-Institut und forscht selbst zum Geruchssinn von Hunden. So sei beispielsweise unklar, was ein Hund chemisch gesehen eigentlich wahrnimmt, wenn er eine Spur verfolgt.
Es sei auch schwierig, zum Beispiel mithilfe von Hirnscans die Vorgänge im Gehirn während des Riechens zu untersuchen, sagt Bräuer. Die Tiere seien dann gestresst und fingen an zu hecheln. Das ist aber ein Problem: «Anatomen sind sich fast einig, dass Schnüffeln und Hecheln nicht gleichzeitig möglich ist», sagt Bräuer. Die Zahl der Riechzellen des Hundes wiederum ließe sich zwar ermitteln, gebe aber keine sicheren Hinweise auf das Riechvermögen.
Experimente mit Erbgut und Schädeln
Die Gruppe um Murphy entschied sich für einen anderen Ansatz. Sie analysierten das Erbgut von 30 verschiedenen Hunderassen und suchten gezielt nach Genen für Geruchsrezeptoren. Dabei fanden sie heraus, dass Hunde im Vergleich zu Wölfen und Kojoten weniger funktionsfähige Gene dieser Art besitzen.
Der Vergleich der Hunde untereinander ergab jedoch kein grundlegendes Muster, das die besonderen Riechleistungen von Spürhunden erklären würde. Auch die Betrachtung der sogenannten Genexpression – also wie stark diese Gene tatsächlich abgelesen werden und darauf basierend Proteine entstehen – zeigte keine solchen Unterschiede.
Die Wissenschaftler um Murphy führten auch an 103 Schädeln Messungen der sogenannten Lamina cribrosa durch. Dies ist ein Teil des Siebbeins, einem Knochen am Ende der Nasenhöhle. Die Lamina cribrosa ist von Nerven durchzogen, die Geruchsinformationen an das Gehirn weiterleiten. Je größer diese Struktur im Verhältnis zur Körpergröße eines Säugetiers ist, desto besser kann der Geruchssinn sein.
Die Forschenden fanden jedoch auch bei der Lamina cribrosa keine strukturellen Unterschiede zwischen Rassen, die für ihren ausgezeichneten Geruchssinn bekannt sind, und anderen Hunden. «Unsere Ergebnisse stellen die Behauptung von Züchtern infrage, dass Geruchsmerkmale durch strenge Kontrollen der Fortpflanzung bei Geruchsrassen ausgewählt und gesteuert wurden», schreiben die Studienautoren.
Was sagen andere Fachleute?
Jeffrey Schoenebeck, ein Hundegenetiker an der Universität Edinburgh, gibt sich dem Wissenschaftsmagazin «Science» gegenüber allerdings nicht restlos überzeugt. «Ich denke, dass hier noch andere Möglichkeiten im Spiel sind», sagte er. Mehr Untersuchungen seien nötig.
«Mich überraschen die Ergebnisse nicht», sagt hingegen Hundeforscherin Bräuer. Schließlich seien die meisten Hunderassen nicht älter als 200 Jahre. In dieser vergleichsweise kurzen Zeit bilde sich trotz Zucht nicht unbedingt ein besserer Geruchssinn heraus. Bräuer glaubt, dass Fährtenhunde wie beispielsweise Bloodhounds nicht auf besondere Fähigkeiten der Nase hin gezüchtet wurden, sondern auf ihre Motivation zum Riechen. Die Unterschiede bei den Riechfähigkeiten könnten einfach darauf zurückzuführen sein, wieviel bestimmte Rassen schnüffeln – und wie oft sie mit der Nase am Boden sind.