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Suchtähnliches Verhalten bei Hunden: Spielzeug wichtiger als alles andere

Hunde können ähnlich wie Menschen süchtig nach bestimmten Aktivitäten werden, selbst wenn es negative Konsequenzen hat. Besonders Arbeitsrassen sind anfällig.

Ein Ball ist für etliche Hunde ein höchst verführerisches Objekt. (Archivbild)
Foto: Don Campbell/The Herald-Palladium/AP/dpa

So verfressen Hunde sind – manche lassen für ein bestimmtes Ding jedes Futter und überhaupt alles andere liegen: ein Spielzeug. Ihr Verhalten ähnele menschlichen Verhaltenssüchten bei Glücksspiel oder Online-Gaming, berichtet ein schweizerisch-österreichisches Forschungsteam im Fachjournal «Scientific Reports».

Ein Hund, der so sehr an seinem Spielzeug hängt, dass er es nicht loslassen will, mag süß klingen, aber Spielsucht ist auch für Hunde gefährlich, wie Stefanie Riemer und ihre Kollegen von der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) erklären. Selbst bei extremer Erschöpfung oder Verletzung hören sie nicht auf.

In ihre Analyse wurden 105 ein- bis zehnjährige Hunde einbezogen, die von ihren Besitzern alle als sehr spielmotiviert beschrieben wurden. Die häufigsten Rassen waren Malinois (18), Border Collies (9) und Labrador Retriever (9) – also Vertreter klassischer Arbeitsrassen. Zusätzlich wurden die Besitzer nach dem alltäglichen Umgang ihrer Hunde mit Spielzeug befragt.

Futter? Mein Herrchen? Mir völlig egal!

Das Verhalten von 33 Hunden wurde als suchtähnlich eingestuft. Dies wurde anhand verschiedener Faktoren festgestellt, wie zum Beispiel, ob der Hund übermäßig fixiert auf das Spielzeug war, kein Interesse an Alternativen wie Futter oder Spielen mit dem Besitzer zeigte, hartnäckig versuchte, an das Spielzeug zu gelangen, wenn es nicht verfügbar war, und innerhalb von 15 Minuten nicht in der Lage war, sich zu beruhigen, wenn ihm das Spielzeug weggenommen wurde.

Die Forschenden bestätigten die Ergebnisse, dass Hunde suchtähnliches Spielverhalten zeigen, wie bereits in Einzelberichten beschrieben. Ähnlich wie bei Verhaltenssüchten des Menschen ist ein zwanghaftes Ausführen von Aktivitäten trotz negativer Konsequenzen charakteristisch. Weitere Studien müssen klären, warum einige Hunde dazu neigen, sowie die spezifischen gesundheitlichen Folgen, wie mögliche Überlastung von Bändern und Gelenken.

Viele Säugetiere und Vögel spielen

Das Verhalten beim Spielen ist bei – besonders jungen – Säugetieren und einigen Vögeln weit verbreitet. Es signalisiert oft Wohlbefinden, kann jedoch auch als Fluchtverhalten in Stresssituationen auftreten oder dazu dienen, soziale Spannungen abzubauen. Darüber hinaus kann eine anfänglich lustige Aktivität zwanghaft werden und zu einer Verhaltenssucht führen.

Verhaltenssüchte basieren auf ähnlichen neurobiologischen Prozessen und Verhaltenssymptomen wie Substanzabhängigkeiten. Neben Computer- oder Glücksspielen können auch Sport, Sex, Einkaufen und Arbeit beim Menschen zur Sucht werden.

Gezielt auf Spielen-Wollen gezüchtet

Auch bei Tieren wurden Verhaltenssüchte bereits untersucht. So entwickeln Mäuse, die gezielt auf exzessives Laufradlaufen gezüchtet wurden, zum Beispiel nach Abstinenz physiologische Entzugserscheinungen, die denen bei Drogenabhängigkeit ähneln. «Wie exzessive körperliche Betätigung beim Menschen kann das Laufradlaufen bei Nagetieren alltägliche Aktivitäten stören und zu Beeinträchtigungen beim Nestbau und beim Schutzverhalten führen.» Nur von Hunden sei aber bekannt, dass sie spontan, also ohne absichtliche experimentelle Herbeiführung, suchtähnliches Verhalten zeigen können.Vermutlich spiele dabei insbesondere bei Arbeitsrassen oder Arbeitslinien die jahrhundertelange Selektion eine Rolle, hieß es: Bei Arbeitsrassen gelten Junghunde mit obsessiver Spielmotivation als besonders gut trainierbar und weisen zudem eine bessere Konzentration sowie geringere Ablenkbarkeit auf. Darum würden solche Rassen oder Zuchtlinien gezielt auf Spielzeugmotivation als Leistungsindikator selektiert. Als Familienhaustiere seien solche Hunde wegen des starken Triebs oft ungeeignet – was nicht jedem Interessenten ausreichend klar sein dürfte, der zum Beispiel Border Collies ganz süß findet.

dpa