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Detektivarbeit im Labor: Auf der Suche nach Krankheitserregern

Im Labor der Firma Bioscientia werden Stuhlproben auf Viren, Bakterien und Parasiten untersucht. Neue Techniken ermöglichen einen breiteren Ansatz und schnellere Ergebnisse.

Auf unterschiedlich eingefärbten Nährböden wachsen Keime heran, die zur genauen Analyse eingesandt wurden.
Foto: Boris Roessler/dpa

Was hier unter einer Art überdimensionaler Dunstabzugshaube und weitgehend hinter einer Glasscheibe portioniert wird, war mal Frühstück, Mittagessen oder Abendbrot. Wenn gegen Mittag die aus Arztpraxen und Krankenhäusern angelieferten Stuhlproben im Labor der Firma Bioscientia in Ingelheim ankommen, wird das Material zunächst aufgeteilt.

Ein Teil wird für das Anlegen von Kulturen für Bakterien wie Salmonellen und Campylobacter verwendet, während der andere für sogenannte PCR-Tests – Testverfahren zum Nachweis spezifischer Gensequenzen – vorbereitet wird, erklärt Labormediziner Gergely Bodis.

Die folgenden Schritte gleichen gewissermaßen einer Detektivarbeit: Viele Viren, Bakterien und Parasiten können Magen-Darm-Probleme und Durchfallerkrankungen verursachen. Zu den bekanntesten Erregern gehören Noroviren, von denen das Robert Koch-Institut (RKI) in Deutschland in der Regel mehrere Zehntausend Fälle pro Jahr registriert. Allerdings sind laut RKI diese Viren nur für höchstens die Hälfte der nicht-bakteriellen Infektionen des Magen-Darm-Traktes verantwortlich. Daher ist es wichtig, den tatsächlichen Verursacher aus einer Vielzahl von Möglichkeiten zu identifizieren.

Verschiedene Tests

Die Technologie hat sich mittlerweile so weit entwickelt, dass Proben mit Hilfe von sogenannten Multiplex-PCR-Analysen gleichzeitig auf rund zwei Dutzend häufige Erreger untersucht werden können. Ein Team der Frankfurter Uniklinik hat diese Analysen mit herkömmlichen Methoden verglichen. Gemäß der im Februar veröffentlichten Studie war die Nachweisrate höher und die Ergebnisse wurden schneller erzielt. Darüber hinaus ermöglicht der breitere Ansatz auch zufällige Entdeckungen – also werden Erreger nachgewiesen, an die der Arzt möglicherweise nicht einmal gedacht hat.

PCR-Tests können keine Hinweise darauf liefern, ob Erreger gegen Antibiotika resistent sind. «Wenn dies für eine gezielte Therapie oder zur Ausbruchsüberwachung und -kontrolle erforderlich ist, müssen die Proben daher weiterhin kultiviert werden», heißt es in der Studie.

Auch im Labor von Bioscientia stehen die traditionellen Petrischalen mit meist farbigen Nährböden stapelweise auf den Tischen. Hier wird überprüft, ob sich lebensfähige Bakterien in einer Stuhlprobe befinden, wie Mediziner Bodis erklärt. Inzwischen interessieren sich immer mehr Menschen für ihr Mikrobiom und die Zusammensetzung der Mikroorganismen in ihrem Darm.

Problem: Es gibt keinen Standard

Viele Menschen verwenden Testkits in der Hoffnung, durch die Ergebnisse Probleme zu identifizieren oder ihre Ernährung gezielt anzupassen. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten empfiehlt jedoch, solche Selbsttests zu vermeiden. Einer der Gründe dafür ist, dass sie nicht standardisiert sind und für die Anwender schwer zu interpretieren sein können.

Die Bonner Fachärztin Birgit Terjung erklärt, dass es einen großen Unterschied macht, woher im Darm der Stuhlgang stammt. Es gibt bisher keinen etablierten Standard dafür, was ein gesundes Darmmikrobiom ausmacht. Das Mikrobiom variiert ähnlich wie ein Fingerabdruck. Daher ist es problematisch, aus den Ergebnissen solcher Testkits weiterführende Empfehlungen zur Ernährungsumstellung oder zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln abzuleiten.

Für eine herkömmliche Analyse reiche eine geringe Menge Kot, sagt Bodis: haselnussgroß. «In der Regel sind die Patienten großzügiger.» Stärker irritiere die Belegschaft, wenn die Menschen nicht das für die Stuhlproben vorgesehene Equipment nutzen. Bioscientia-Fachärztin Daniela Şaşma, erzählt, dass manche Proben in Marmeladengläsern kommen. «Die haben die Filmdöschen abgelöst. Die haben wir oft gekriegt, bis sich die Digitalfotografie durchgesetzt hat.»

dpa