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Doch kein Moppelchen: Urzeit-Hai war überraschend schlank

Der Megalodon galt lange als gigantische Version eines Weißen Hais. Doch bei Wissenschaftlern mehren sich die Zweifel: War der ausgestorbene Riesenhai wirklich so ein torpedoförmiger Brocken?

Der Urzeit-Hai Megalodon wurde lange als gigantische Version eines Weißen Hais angesehen. (Archivbild)
Foto: Marijan Murat/dpa

Für Regisseure schauriger Hai-Filme ist es keine gute Nachricht: Der ausgestorbene Mega-Hai Megalodon war womöglich keineswegs eine vergrößerte Ausgabe des bullig wirkenden Weißen Hais, sondern ein weitaus schlankeres Geschöpf. Das bestätigt eine weitere Studie. Von der Form her habe er eher einem Zitronenhai geähnelt, vermutet das Forschungsteam im Fachjournal «Palaeontologia Electronica». Riesig sei er mit gut 24 Metern Länge aber wahrscheinlich durchaus gewesen.

Der Megalodon – Fachname: Otodus megalodon – wäre also ungefähr sechsmal so lang wie ein Weißer Hai gewesen. Seine Größe entspräche eher der eines Blauwals, und sein geschätztes Gewicht von rund 94 Tonnen wäre auch annähernd gleich. Forschenden zufolge war der zylindrische Körper des Megalodon wahrscheinlich eher für energieeffizientes Reisen als für Hochgeschwindigkeitsjagden ausgelegt.

Megalodon als Gigantismus-Extrem

Mit dem ruhigen Raubtier, das in sensationellen Filmen zu sehen ist, hatte er also wahrscheinlich wenig gemeinsam. «Beim Gigantismus geht es nicht nur darum, größer zu werden, sondern auch darum, den richtigen Körper zu entwickeln, um in dieser Größe zu überleben», erklärte Mitautor Phillip Sternes. «Und der Megalodon war vielleicht eines der extremsten Beispiele dafür.»

Bekannt wurde der Urzeit-Hai unter anderem durch die Science-Fiction-Filme «Meg» und «Meg 2: Die Tiefe», in denen solche Giganten aus der Tiefe kommen. Von der Art, die vor rund 15 bis 3,6 Millionen Jahren lebte und die fast weltweit in den Meeren verbreitet war, wurden bislang keine vollständigen Skelette gefunden, sondern vor allem einzelne riesige Zähne und Wirbel. Für die Bestimmung von Größe und Form sind Wissenschaftler daher auf Schätzungen angewiesen.

Wirbelsäulen-Vergleich liefert neue Schlüsse

Aufgrund der ähnlich gezackten Zähne wurde lange Zeit angenommen, dass sich Megalodon und Weißer Hai stark ähnelten. Das Team um Kenshu Shimada von der DePaul University in Chicago hat nun nicht auf Zahnanalysen zurückgegriffen, sondern die versteinerte, etwa elf Meter lange und fast vollständige Wirbelsäule eines Megalodon mit der von 165 lebenden und ausgestorbenen Haiarten verglichen, um das Verhältnis von Kopf, Körper und Schwanz abzuschätzen.

Die Forscher schätzen, dass dieses Exemplar eine Gesamtlänge von rund 16 Metern und ein Gewicht von etwa 30 Tonnen hat. Basierend auf anderen, viel größeren gefundenen Wirbeln gehen sie auch davon aus, dass Megalodons, die mehrere Jahrzehnte alt waren, über 24 Meter lang sein konnten.

Auch das Team beschäftigte sich mit den Proportionen. Weiße Haie (Carcharodon carcharias) haben einen stämmigen Körperbau, der für schnelle Bewegungen günstig ist, mit einem breiten Mittelteil, der sich zum Schwanz hin stark verjüngt. Beim Megalodon handelte es sich wahrscheinlich um ein Mittelding zwischen blitzschnellem Räuber und gemütlich dahingleitendem Reisenden.

Eher eine Art übergroßer Zitronenhai

«Er ähnelte nicht einem übergroßen Weißen Hai, sondern eher einem riesigen Zitronenhai mit einem schlanken, langgestreckten Körper», erklärte Sternes. Diese Form sei für ein derart großes Tier physikalisch viel sinnvoller, um sich effizient durch Wasser bewegen zu können. Auch moderne Riesenhaie wie der Walhai (Rhincodon typus) und der Riesenhai (Cetorhinus maximus) sowie andere riesige Wasserwirbeltiere wie Wale hätten schlanke Körper.

Als Neugeborenes sei ein Megalodon womöglich bereits dreieinhalb bis vier Meter lang und damit so groß wie viele ausgewachsene Haie heutiger Arten gewesen. «Es ist durchaus möglich, dass Megalodon-Junge bereits kurz nach ihrer Geburt Meeressäuger erlegten», so Sternes.

Erst ein neuer Fund wird Klarheit bringen

Die Forschenden betonen, dass alle ihre Interpretationen Arbeitshypothesen und noch vorläufig sind – letztlich wird erst der Fund eines vollständigen Skeletts Sicherheit bringen. Die Ergebnisse unterstützen eine frühere Analyse des Teams mit Phillip Sternes als Erstautor. Dabei wurden Computertomographie-Scans der Wirbel eines Weißen Hais und Daten des Megalodon aus früheren Studien verwendet. Schon diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Megalodon nicht einfach eine riesige Version des modernen Weißen Hais war.

Timo Moritz vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund, der nicht an der Studie beteiligt war, erklärte, dass es nachvollziehbar sei, dass er wohl schlanker war als lange angenommen.

dpa