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Eine saubere Idee: Recycling von Hotel-Seifen

Viele Hotelseifen landen kaum benutzt im Müll. Ein Verein will die Verschwendung stoppen. Er recycelt gebrauchte Seifen. Das hilft nicht nur der Umwelt.

In der Seifen-Werkstatt in Nürnberg werden Hotel-Seifen recycelt.
Foto: Daniel Karmann/dpa

Kristian Steko lässt die grüne Seife dreimal von jeder Seite über einen Hobel fahren. Anschließend bearbeitet seine Kollegin die Ränder sorgfältig mit einem Gemüseschäler. Eine weitere Kollegin kontrolliert unter einer großen Lupe das Ergebnis: Kein Schmutz, kein Haar darf mehr an der Seife haften. Die Seifen auf dem Tisch stammen aus Hotels und sind bereits gebraucht. Im Seifen-Werk der Lebenshilfe in Nürnberg sollen aus ihnen Neue entstehen.

In vielen Hotelzimmern gibt es kleine, verpackte Seifenstücke, die die Gäste oft nur wenige Male benutzen, bevor sie im Müll landen. Aus hygienischen Gründen können die Seifen nicht für die nächsten Gäste am Waschbecken bleiben. Hier setzt der gemeinnützige Verein SapoCycle an. Bernise Rivière und Astrid Leutner haben ihn Anfang des Jahres in der Nähe von München als deutschen Ableger der gleichnamigen Non-Profit-Organisation in der Schweiz gegründet. Auch in Frankreich gibt es einen Ableger.

Millionen Seifen landen im Müll

Das Ziel der beiden Frauen: die Umwelt schützen und gleichzeitig Bedürftigen helfen. «Täglich werden tatsächlich mehr als 5 Millionen feste Hotelseifen in den Müll geschmissen weltweit», sagt Astrid Leutner. Aktuelle Zahlen für Deutschland liegen laut dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga nicht vor. Bei laut Dehoga rund 44.000 umsatzsteuerpflichtigen Beherbergungsbetrieben in Deutschland dürfte aber einiges zusammenkommen.

Bernise Rivière erklärt, dass bereits etwa 30 Hotels in Deutschland mit SapoCycle zusammengearbeitet haben. In den letzten sechs Monaten wurden rund 700 Kilogramm Seife recycelt, die von den Hotels und durch Spenden finanziert wurden.

Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigungen

Auch die Angestellten in der Seifenwerkstatt in Nürnberg, die Menschen mit Beeinträchtigungen beschäftigen, profitieren davon. Laut Vertriebsleiter Helmut Mackert ist das Team, das für das Recycling zuständig ist, seitdem voll ausgelastet. Zuvor mussten die Angestellten gelegentlich andere Arbeiten übernehmen. Nun gibt es jedoch so viel zu tun, dass Überlegungen angestellt werden, eine Maschine zu entwickeln, die das Team unterstützt.

Besonders anspruchsvoll ist es, die obersten Schichten der Seifen zu entfernen. Neben dem Arbeitsplatz von Kristian Steko liegen grüne Seifen in einer Kiste, unter seinem Hobel sammeln sich Seifenspäne. Die gereinigten Seifen werden in einem Hochleistungsmixer zu Pulver zermahlen. Dieses wird mit destilliertem Wasser vermischt, zu einer nudelartigen Masse gepresst und dann zu neuen Seifen geformt, mal grün, mal weiß oder in einer anderen Farbe – je nach Ausgangsseife.

Mehr als 500 neue Seife sind so entstanden, die SapoCycle über die Tafeln oder die Nürnberger Stadtmission an Bedürftige verteilen lässt. Er freue sich, dass er mit seiner Arbeit etwas Gutes für Menschen tun könne, die sich Seife nicht leisten könnten, sagt Kristian Steko. «Das macht mich glücklich.»

Sauberkeit als Luxus

Das Bild von Menschen, die sich die Hände oder den Körper nicht mit Seife waschen können, wird oft mit ärmeren Ländern in Verbindung gebracht. Clean The World, eine Organisation, die Seife aus über 8000 Hotels weltweit recycelt, konzentriert sich daher besonders darauf. Sie spendet diese Seife über Hilfsorganisationen an Menschen in Ländern, in denen viele an Atemwegsinfektionen wie Lungenentzündung oder Durchfallerkrankungen wie Cholera sterben.

SapoCycle setzt den Fokus dagegen bewusst auf Hilfsprojekte in der Nähe – um den C02-Fußabdruck durch kurze Transportwege möglichst gering zu halten und weil der Bedarf auch in Deutschland groß ist, wie die Gründerinnen erläutern. Allein in München gebe es 17 Ausgabestellen der Tafeln, in denen auch Hygieneprodukte verteilt werden, sagt Astrid Leutner. «Also das wird immer unterschätzt, und die Menschen trauen sich das auch nicht zu sagen: “Ich kann mir keine Seife kaufen.”»

Seifen im Hotel bald Auslaufmodell?

Laut Dehoga setzen viele Hotels mittlerweile verstärkt auf Nachhaltigkeit und nutzen große Spender für Pflegeprodukte. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Hotels aus Umweltgründen komplett auf Kosmetik in den Zimmern verzichten. Die Dehoga-Sprecherin erklärt, dass zumindest Shampoo und Duschgel in Hotels ab dem ersten Stern obligatorisch seien.

Seifenstücke und andere Kosmetikprodukte, die ausschließlich für Gästezimmer bestimmt sind, werden jedoch bald der Vergangenheit angehören, so die EU-Verpackungsverordnung ab 2030 verbietet.

Dass SapoCycle dann die Arbeit ausgeht, befürchtet Leutner nicht. «Wo gewaschen wird, braucht es auch Seife. Es wird immer Reste zum Recyceln geben – in welcher Form auch immer.»

dpa