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Eltern favorisieren eher Mädchen

Das Verhältnis zu den Eltern kann für den Nachwuchs lebenslange Folgen haben. Eine Studie zeigt, welche Kinder eher bevorzugt werden. Ein Experte mahnt, die Resultate zurückhaltend zu interpretieren.

Der Studie zufolge bevorzugen Eltern tendenziell Mädchen eher als Jungen - und das gilt überraschenderweise nicht nur für Mütter, sondern auch für Väter. (Archivbild)
Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa

Auch wenn darüber kaum gesprochen wird: Viele Eltern haben favorisierte Kinder. Generell erhalten einer Studie zufolge oft Mädchen sowie besonders pflichtbewusste und umgängliche Kinder den Vorzug. Das berichtet ein US-kanadisches Forscherduo im Fachblatt «Psychological Bulletin».

Für die Studie wurden 30 Untersuchungen sowie Datenbanken zu dem Thema analysiert. Ein deutscher Experte lobt die Studie, die Resultate sollten jedoch aufgrund der Komplexität familiärer Prozesse vorsichtig interpretiert werden, sagt er.

«Seit Jahrzehnten wissen Forschende, dass Ungleichbehandlungen von Eltern bei Kindern dauerhafte Folgen hinterlassen können», wird Hauptautor Alexander Jensen von der Brigham Young University in Provo im US-Bundesstaat Utah in einer Mitteilung der Zeitschrift zitiert. «Diese Studie hilft uns zu verstehen, welche Kinder eher favorisiert werden – was sich sowohl positiv als auch negativ auswirken kann.» 

Wenig Forschung zu Lieblingskinder-Typen

Forschungsergebnissen zufolge sind Kinder, die in ihrer Kindheit von ihren Eltern bevorzugt wurden, in der Regel psychisch stabiler. Sie haben auch beruflich mehr Erfolg, längere Partnerschaften und weniger Verhaltensprobleme. Allerdings ist bisher wenig darüber bekannt, welche Kinder bevorzugt werden, schreiben Jensen und McKell Jorgensen-Wells von der Western University in London, Ontario, Kanada.

Um dies zu untersuchen, analysierte das Duo Untersuchungen und Datenbanken mit insgesamt fast 20.000 Teilnehmern, hauptsächlich aus den USA und Westeuropa. Dabei wurden Faktoren wie Geschwisterfolge, Geschlecht und Charaktereigenschaften berücksichtigt.

Effekte nur leicht ausgeprägt, aber sichtbar

Martin Diewald von der Universität Bielefeld lobt die Studie als «gut gemacht». «Im Gegensatz zu anderen Arbeiten wurden hier nicht Kinder aus verschiedenen Familien miteinander verglichen, sondern tatsächliche Geschwister», erläutert der Soziologe.

Laut der Auswertung ziehen Eltern im Allgemeinen Mädchen Jungen vor – und das betrifft überraschenderweise nicht nur Mütter, sondern auch Väter. Darüber hinaus werden gewissenhafte, verantwortungsbewusste Kinder bevorzugt, so heißt es weiter. Die Effekte in beiden Fällen sind zwar nur geringfügig. Dennoch sollten Eltern sich dessen bewusst sein, schreibt das Duo.

Umgängliche Kinder machen vieles leichter

«Eltern machen Unterschiede, oft auch unbewusst», erläutert Diewald, der nicht an der Studie beteiligt war. «Und Eltern entwickeln einen vertrauteren Umgang eher mit umgänglichen Kindern – denn das macht vieles leichter.» 

Der Experte betont, dass dies jedoch nicht bedeuten muss, dass Eltern den restlichen Nachwuchs weniger lieben, und gibt ein Beispiel: Eltern könnten ein scheinbar benachteiligtes – weil schwächeres oder weniger talentiertes – Kind besonders fördern, um ihm gleiche Lebenschancen zu ermöglichen.

Ungleichbehandlung oft unbewusst

Die Geschwister sollten jedoch nicht das Gefühl haben, benachteiligt zu werden. Laut Diewald können wahrgenommene Zurücksetzungen lebenslange Auswirkungen haben, zum Beispiel auf das Selbstvertrauen. Dies kann sich unter anderem in der Partnerschaft zeigen.

Kinder sollten wissen, dass es auch unbewusst zu Ungleichbehandlung kommen könne. «Empfundene Kränkungen sind oft gar nicht so gemeint», betont Diewald. «Eltern versuchen meistens, ihren Kindern gerecht zu werden.»

Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten sie ihr Verhalten dem Nachwuchs gegenüber transparent machen. Diesen Aspekt betont auch Hauptautor Jensen: «Entscheidend ist sicherzustellen, dass alle Kinder sich geliebt und unterstützt fühlen.»

dpa