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EMA empfiehlt Zulassung von weiterem Alzheimer-Medikament

Millionen Menschen leiden an Alzheimer. Bei manchen Betroffenen können Antikörper den Krankheitsverlauf etwas verzögern. Bald könnte in Deutschland ein zweiter Wirkstoff auf den Markt kommen.

Bestimmte Antikörper-Wirkstoffe können Alzheimer verlangsamen - eine Chance für viele Menschen. (Symbolbild)
Foto: Daniel Naupold/dpa

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat den Weg für ein weiteres Medikament gegen Alzheimer freigegeben. Nach einer erneuten Prüfung wird eine EU-Marktzulassung für den Antikörper Donanemab zur Behandlung der Krankheit in der Frühphase empfohlen, teilte der EMA-Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) in Amsterdam mit.

In Deutschland gibt es schätzungsweise 1,2 Millionen Alzheimer-Patienten, aber der Wirkstoff ist nur für etwa zehn Prozent von ihnen geeignet. Das Medikament kann Alzheimer nicht heilen, sondern nur den Verlauf der Krankheit im Frühstadium verlangsamen.

Zweiter Antikörper-Wirkstoff in der EU

Die Entscheidung über die Verwendung von Donanemab in der Europäischen Union wird nun von der EU-Kommission in Brüssel getroffen. In den USA, Japan, China und Großbritannien ist der Wirkstoff bereits unter dem Produktnamen Kisunla zugelassen.

Falls Brüssel der EMA-Empfehlung folgt, wäre Donanemab der zweite Antikörper-Wirkstoff gegen Alzheimer, der in der Europäischen Union zugelassen ist. Im April wurde das ähnlich strukturierte Medikament Lecanemab (Handelsname Leqembi) von der EU-Kommission unter strengen Auflagen zugelassen.

Bis ein halbes Jahr Verlangsamung des Krankheitsverlaufs

Beide Präparate arbeiten im Grunde ähnlich: Der Antikörper richtet sich gegen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn und soll dadurch den Verlauf der Krankheit im frühen Stadium verlangsamen. Donanemab entferne diese Ablagerungen sogar noch etwas deutlicher als Lecanemab, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Peter Berlit, der Deutschen Presse-Agentur. Der Antikörper könne das Voranschreiten der Krankheit um bis ein halbes Jahr verlangsamen. «Das ist natürlich für Personen, die eine ganz früh beginnende Alzheimer-Demenz haben, ein wichtiger Zeitraum.»

Allerdings nützt diese Behandlung lediglich zu Beginn der Krankheit: «Wir wissen, dass diese Antikörper nur in den ganz, ganz frühen Stadien der Erkrankungen helfen, wenn es nur leichte kognitive Einschränkungen gibt», erläutert der Experte. Sprich: Zu diesem frühen Zeitpunkt müsse schon festgestellt sein, dass es Alzheimer ist – und nicht etwa eine vaskuläre Demenz oder eine beginnende Parkinson-Krankheit.

Nur wenige Tausende kommen infrage

Donanemab, ähnlich wie Lecanemab, ist laut EMA-Experten nur für eine spezifische Personengruppe geeignet: Die Betroffenen sollten höchstens eine Kopie des ApoE4-Gens haben, das die Informationen für den Aufbau des Proteins Apolipoprotein E enthält.

Dieser genetische Marker komme bei Alzheimer-Betroffenen gehäuft vor, erläutert Berlit. Studien zeigten, dass als Nebenwirkungen der Antikörper Schwellungen oder Blutungen im Gehirn entstehen können – «vor allem Menschen, die bei diesem ApoE-Gen eine oder zwei Kopien haben», so Berlit. «Wenn man gar keine Kopie hat, ist das Risiko der Komplikationen bei solchen Therapien verschwindend gering.» Mit einer Kopie des Gens sei das Risiko noch vertretbar, mit zwei Kopien jedoch nicht mehr.

Zulassungskriterien wurden verschärft

Donanemab erhielt nach einer anfänglichen Ablehnung nun doch die Empfehlung zur Zulassung. «Bei der ersten Bewertung durch die EMA waren die Fachleute zum Schluss gekommen, dass das Risiko von diesen Ödem-Bildungen und Blutungen im Gehirn zu hoch sei» im Vergleich zum Nutzen, erklärte Berlit. Nun wurde die Zulassungsregelung verschärft, unter anderem mit dem Ausschluss bestimmter ApoE4-Träger und der Nachweispflicht, dass bei einer Magnetresonanztomographie (MRT) etwa keine Gefäßverengungen gefunden wurden. Nach DGN-Schätzungen dürften nur rund 10 Prozent der 1,2 Millionen Betroffenen in Deutschland für diese Behandlung infrage kommen. 

Laut der EMA sollte Kisunla-Therapie von Ärzten durchgeführt werden, die Erfahrung in der Diagnose und Behandlung der Alzheimer-Krankheit haben und immer Zugang zu MRT haben. Darüber hinaus sollte das Medikament unter Aufsicht eines multidisziplinären Teams verabreicht werden, das in der Erkennung, Überwachung und Behandlung von Hirnanomalien geschult ist.

dpa