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Anstieg akuter Atemwegserkrankungen und Corona-Infektionen im Herbst

Aktivität von Atemwegserkrankungen steigt, Corona-Infektionen auf niedrigem Niveau. Impfungen als Schutzschild.

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Leben zwischen Tee und Taschentüchern (Symbolbild)
Foto: Alicia Windzio/dpa

Es gibt viele Leute, die jemanden kennen, der gerade krank im Bett liegt. Wenn mehrere Menschen in geschlossenen, trockenen Räumen zusammenkommen, fühlen sich Viren besonders wohl und das Risiko einer Ansteckung steigt. Die aktuelle Situation im Überblick.

Wie viele Menschen haben derzeit eine Atemwegsinfektion?

In den letzten Wochen ist die Aktivität akuter Atemwegserkrankungen laut einem aktuellen Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) deutlich angestiegen. Basierend auf freiwilligen Meldungen aus der Bevölkerung geht das RKI von etwa 7,1 Millionen akuten Atemwegsinfektionen in der vergangenen Woche aus. Vorherrschend sind Rhinoviren, die Erkältungen verursachen können, Coronaviren und Parainfluenzaviren, die hauptsächlich Kleinkinder infizieren. Schwere Fälle sind derzeit noch selten.

Die geschätzte Zahl der Corona-Infektionen ist in den letzten Wochen gestiegen, jedoch auf niedrigem Niveau. In einigen Systemen ist eine Abschwächung dieses Anstiegs zu erkennen. Die geschätzte Inzidenz beträgt 500 Covid-19-Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Die jährliche Grippewelle begann in den vergangenen Jahren meist erst im Januar.

Woran merke ich, ob ich Corona, eine Grippe oder eine Erkältung habe?

Atemwegserkrankungen wie Halsschmerzen, Husten, eine laufende Nase sowie Kopf- oder Gliederschmerzen verursachen häufig ähnliche Symptome. Laut der Infektiologin Hortense Slevogt von der Medizinischen Hochschule Hannover ist es daher für den Einzelnen schwierig, nur anhand der Symptome zu erkennen, ob es sich um Corona, Grippe, eine Erkältung oder das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) handelt.

Laut RKI sind fieberhafte Verläufe bei einer Corona-Infektion häufiger als bei Erkältungen. Eine Grippe beginnt oft plötzlich. Bei RSV können die Symptome mehr als vier Wochen anhalten, insbesondere Husten.

Und wenn man es genau wissen möchte? 

«Wenn es klinisch relevant ist – etwa bei Risikopersonen, schweren Symptomen oder wenn eine gezielte Therapie erwogen wird –, klärt man die Ursache am sichersten mit einem PCR-Test», sagt Slevogt, die Sprecherin der Sektion Pulmonale Infektionen der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie ist. Antigen-Schnelltests seien bei hoher Last an Viren zuverlässig. Je niedriger die Viruslast, desto wahrscheinlicher sei ein falsch-negatives Ergebnis. Bei weiter anhaltendem Verdacht sollte der Antigen-Test nach 48 Stunden wiederholt oder ein PCR-Test veranlasst werden. Schon lange abgelaufene Tests sind in ihrer Aussagekraft nicht mehr verlässlich, wie die Ärztin erklärt.

Welche Varianten sind derzeit vorherrschend?

Mit einem Anteil von 82 Prozent war die Linie XFG, auch Stratus genannt, von Mitte August bis Mitte September in Deutschland am weitesten verbreitet, wie dem aktuellen RKI-Bericht zu entnehmen ist. Stratus ist eine Linie der Omikron-Variante. Deren Viren vermehren sich vor allem in den oberen Atemwegen und können sich dadurch schneller verbreiten. Zu Beginn ihrer Corona-Erkrankung berichten Patientinnen und Patienten derzeit unter anderem von Heiserkeit, einer rauen Stimme und Halsschmerzen, so Slevogt.

Ist Stratus gefährlicher?

Die Ärztin, die auch Internistin und Pneumologin ist, sagt, dass Erkrankungen durch Omikron zwar ansteckender sind als andere, aber in der Regel nicht schwer verlaufen. Trotz zunehmender Nachweise geht das RKI in Deutschland derzeit nicht von einem erhöhten Risiko für die öffentliche Gesundheit aus. Auch die Weltgesundheitsorganisation stuft das Risiko von Stratus als gering ein. Dass weiterhin veränderte Coronaviren auftreten, ist nicht ungewöhnlich.

Nach wie vor gibt es schwere Verläufe, aber das Risiko, schwer zu erkranken, ist während der Pandemie deutlich geringer, wie Slevogt erklärt. Besonders betroffen sind Risikogruppen wie ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen.

Wie sollte man sich und andere schützen?

Gegen Grippe, RSV und Corona gibt es wirksame Impfungen. Eine Impfung wirke wie ein Schutzschild, teilte Johannes Nießen, Kommissarischer Leiter des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit, kürzlich mit. «Sie senkt das Risiko schwerer Verläufe deutlich und kann so im Ernstfall Leben retten.» Deshalb sei es jetzt im Herbst besonders wichtig, den eigenen Impfstatus zu prüfen und die empfohlene saisonale Impfung regelmäßig aufzufrischen.

Welche Impfungen kommen jetzt für wen infrage?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Menschen ab 60 Jahren und Erwachsenen mit Grunderkrankungen, sich im Herbst eine Auffrischungsimpfung gegen Corona zu holen. Gleiches gilt für die Grippeimpfung. Es wird empfohlen, beide Impfungen gleichzeitig zu erhalten, da die Corona-Impfung auch gegen Stratus wirksam ist.

Die Stiko empfiehlt allen Menschen ab 75 Jahren und Personen im Alter von 60 bis 74 Jahren mit schweren Grunderkrankungen eine einmalige Standardimpfung gegen RSV. Die Impfung sollte vor Beginn der RSV-Saison erfolgen, die normalerweise von Oktober bis März dauert. Für Neugeborene und Säuglinge wird ein Antikörper-Wirkstoff empfohlen, der in der ersten RSV-Saison nach der Geburt verabreicht werden sollte.

Laut der Infektiologin helfen Impfungen auch dabei, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren. Personen, die an Atemwegsinfektionen leiden, haben ein erhöhtes Risiko für Herz- und Kreislaufprobleme.

Was ist für diese Saison zu erwarten?

Es ist laut Slevogt noch nicht möglich abzuschätzen, wie viele Menschen diesen Herbst und Winter an Corona, einer Grippe oder RSV erkranken werden. Die Ärztin sagt, dass es wahrscheinlich ist, dass die Corona-Fälle in den nächsten Wochen allmählich zunehmen könnten. Die Influenza-Saison beginnt normalerweise erst im November und Dezember.

dpa