Die Sonnenkorona ist eigentlich nur bei einer totalen Sonnenfinsternis sichtbar – und das für nur wenige Minuten. Eine neue Esa-Mission soll mehr Daten sammeln und muss dafür Millimeterarbeit leisten.
Esa-Satellitenpaar soll präzisen Formationsflug zeigen
Auf den Millimeter genau voneinander entfernt sollen zwei kleine europäische Satelliten durch den Weltraum fliegen und damit erstmals einen präzisen Formationsflug im All demonstrieren. Dabei sollen die beiden Flugkörper Einblicke in die nur schwer zu sehende Sonnenkorona ermöglichen. Ihre «Proba-3» genannte Mission will die europäische Raumfahrtbehörde Esa am Mittwoch vom Satish Dhawan Space Centre in Indien aus ins All schicken.
«Proba-3» ist eine Demonstrationsmission. Wie Esa-Chef Josef Aschbacher erklärte, testet die Esa mit ihr eine ganz neue Art, im All vorzugehen. Die beiden Satelliten, die zusammen 550 Kilogramm wiegen, werden auf eine große, elliptische Bahn um die Erde geschickt. Es dauert gut 19,5 Stunden, bis sie die Bahn einmal abgeflogen haben.
Etwa sechs Stunden nach dem Start ihres Fluges verbringen die beiden Satelliten in einer festen Konstellation im Abstand von 150 Metern, wenn sie am weitesten von der Erde entfernt sind und die Schwerkraft weniger wirkt. Die geringste Distanz des Orbits zur Erde beträgt 600 Kilometer, der weiteste Punkt liegt etwa 60.000 Kilometer entfernt.
Satelliten sollen Sonnenfinsternis simulieren
Bei der Mission geht es nicht nur darum, präzises Formationsfliegen zu demonstrieren: Die Satelliten sollen Informationen über die Sonnenkorona liefern, die Atmosphäre um die Sonne herum. Diese ist aufgrund des hellen und blendenden Lichts der Sonne nur während einer totalen Sonnenfinsternis sichtbar, wenn der Mond das Licht der Sonne für den Teil der Erde abschirmt, der sich in seinem Schatten befindet.
Die beiden Satelliten sollen genau das simulieren. Einer der Satelliten verdunkelt sich und wirft einen acht Zentimeter großen Schatten auf den zweiten Flugkörper, der 150 Meter entfernt ist. Das Teleskop des zweiten Satelliten, mit einer fünf Zentimeter großen Blende, soll sich genau in der Mitte des Schattens befinden. Dadurch wird die Sonne für das Teleskop verdeckt und die Korona wird sichtbar. Um dies erfolgreich umzusetzen, müssen die Satelliten, die sich selbst über Sensoren steuern, auf den Millimeter genau arbeiten.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler könnten durch diese Technik deutlich mehr Daten über die Korona bekommen. Denn eine totale Sonnenfinsternis ist selten, «Proba-3» hingegen kann sie alle paar Stunden simulieren. Und während Forschende bei der Sonnenfinsternis lediglich wenige Minuten lang einen Blick auf die Korona erhaschen können, bietet die neue Mission sechs Stunden künstliche Sonnenfinsternis.
Erste Bilder möglicherweise im März
Schon jetzt können sogenannte Koronografen einen solchen Simulationseffekt erzeugen. Mit nur einem Satelliten können sie aber den inneren Teil der Sonnenkorona nicht gut sehen, weil ihnen gebeugtes Licht in den Weg kommt. «Proba-3» kann den Störeffekt der blendenden Lichtstrahlen dadurch umgehen, dass die zwei Satelliten – und damit Verdunklung und Teleskop – so weit voneinander entfernt sind.
Forschende hoffen, durch die Daten über die Sonnenkorona mehr über Weltraumwetter, Auswürfe und Sonnenstürme zu erfahren, die Satelliten beeinträchtigen und auch die Kommunikation auf der Erde beeinflussen können. Ebenso möchten sie verstehen, warum die Korona so viel heißer ist als die Sonne selbst.
Erste Bilder der Sonnenkorona könnte «Proba-3» im März liefern. Insgesamt 14 Esa-Länder sind an der zweijährigen Mission beteiligt, darunter Österreich und die Schweiz.