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Organspende in Deutschland: Experten warnen vor zu geringer Beteiligung

Die Zahl der Organspender ist niedrig, viele Angehörige sind unsicher. Neue Online-Register soll Aufklärung und Entscheidungsfindung erleichtern.

Die Rückseite eines ausgefüllten Organspendeausweises. Das Zustimmungsfeld ist angekreuzt.
Foto: Marie Reichenbach/dpa

Laut Experten ist die Anzahl der Menschen in Deutschland, die über einen Organspendeausweis oder eine Patientenverfügung verfügen, immer noch viel zu niedrig. Wie Axel Rahmel, Medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), mitteilte, liegt derzeit nur bei 15 Prozent der potenziellen Organspender ein schriftlicher Wille vor.

In etwa zwei Dritteln aller Fälle stehen die Angehörigen daher vor der Entscheidung: Organspende ja oder nein? Bei dieser Abwägung sind die Angehörigen verpflichtet, sich nach dem mündlichen oder mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu richten oder nach ihren eigenen Wertvorstellungen zu entscheiden, sagte Rahmel anlässlich des Tags der Organspende am Samstag (1.6.).

«In der Ungewissheit geben sie in acht von zehn Gesprächen keine Zustimmung zur Organspende: Und das, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung, laut Umfragen mehr als 80 Prozent, hinter der Organspende steht», sagte Rahmel.

Wartelisten zeigen dringenden Bedarf

Der Blick auf die Wartelisten von Eurotransplant zeigt, dass ein hoher Bedarf an Organspenden besteht. Ende April warteten bundesweit mehr als 8300 Menschen auf ein Spenderorgan, wobei über 6400 Fälle Nierenpatienten betrafen.

Die DSO hat mit dem neuen Online-Register zur Organspende Hoffnung gemacht. Seit Mitte März können Menschen unter www.organspende-register.de angeben, ob sie nach ihrem Tod Organe spenden möchten oder nicht. Bis Ende Mai haben sich laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bereits mehr als 120.000 Menschen registriert.

Die DSO berichtet, dass es in den ersten Tagen nach der Einführung viele Registrierungen gab. Allerdings steigt die Zahl nun nur noch langsam an, sodass es nach dem aktuellen Stand viele Jahre dauern würde, bis ein signifikanter Teil der Bevölkerung in Deutschland ihren Willen im Register festgehalten hat.

DSO-Vorstand Rahmel betont die Bedeutung der Aufklärung über das Portal. Er erklärt: “Nur wenn viele Menschen ihren Willen im Register hinterlegen, kann das Portal sinnvoll als Ergänzung zu Organspendeausweis und Patientenverfügung dienen.”

«Kultur der Organspende fördern»

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation betrachtet das Register als wichtige Grundlage für die mögliche Einführung der Widerspruchslösung. Bei dieser wird die Bereitschaft zur Organspende vorausgesetzt. Wer dem nicht zustimmt, muss widersprechen. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen hatten kürzlich eine Bundesratsinitiative für ein entsprechendes Gesetz angekündigt. Ein erster Versuch für ein solches Gesetz im Bundestag scheiterte 2020.

«Die Widerspruchslösung könnte helfen, eine Kultur der Organspende zu fördern, wie sie uns andere Länder bereits voraushaben», sagte DSO-Vorstand Rahmel. «Sie wäre ein klares Signal, dass Gesellschaft und Politik hinter der Organspende stehen, und würde eine Basis für einen positiven und selbstverständlichen Umgang mit dem Thema Organspende schaffen.»

dpa