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Dringender Appell zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen

Experten warnen vor zunehmender Gefährdung der Wirksamkeit von Antibiotika und fordern verstärkte Forschung und Anreize für Pharmaunternehmen.

Indikatorkulturplatte zum Nachweis von resistenten Bakterien: Antibiotikaresistente Keime verursachen allein in der EU jährlich Zehntausende Todesfälle. (Symbolbild)
Foto: Daniel Karmann/dpa

Experten sind der Meinung, dass der Kampf gegen Antibiotikaresistenzen dringend verstärkt werden muss. Mark Brönstrup vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung sagte, es gebe viele neue und vielversprechende Forschungsansätze. Allerdings würden viele davon nicht umgesetzt. Das Problem bestehe darin, dass Pharmaunternehmen zunehmend die Produktion von Antibiotika einstellen, da es sich finanziell nicht lohne. Jährlich sterben allein in der EU Zehntausende Menschen an Infektionen durch antibiotikaresistente Erreger.

Nur zwölf neue Antibiotika seit 2017

Seit dem Jahr 2017 seien nur zwölf neue Antibiotika zugelassen worden, sagte Brönstrup weiter. Zehn davon gehörten zu Klassen, gegen die sich bereits Resistenzmechanismen gebildet hätten. Außerdem seien die meisten neuen Mittel in Deutschland gar nicht verfügbar. «Der Patient hat eigentlich nichts davon.» 

Aus Sicht des Präsidenten der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Infektionstherapie (PEG), Mathias Pletz, ist die Wirksamkeit von Antibiotika zunehmend gefährdet. «Wir sind gerade dabei, die Errungenschaften der modernen Medizin wieder zu verlieren und in die Zeit vor der Entdeckung von Penicillin zurückzufallen», sagte er in Weimar. Es brauche einen zurückhaltenden Einsatz von Antibiotika und fortlaufend neue, resistenzbrechende Mittel.

Produktion von Antibiotika rechnet sich nicht

Es wurde betont, dass die Bundesregierung dringend Anreize schaffen müsse, um Pharmaunternehmen dazu zu bewegen, wieder Antibiotika herzustellen. Der Sprecher des Deutschen Netzwerks gegen Antimikrobielle Resistenzen und Referent des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen, Harald Zimmer, erklärte, dass Unternehmen derzeit das Recht zur Exklusivvermarktung neuer Medikamente für eine gewisse Zeit haben.

Antibiotika werden aufgrund der Resistenzbildung frühzeitig unwirksam, weshalb die Unternehmen in der Regel die Entwicklungskosten nicht wieder hereinbekommen. Viele Firmen, die Antibiotika entwickelt haben, sind bankrott gegangen. Daher ist es dringend erforderlich, einen EU-Vorschlag umzusetzen, der es den Unternehmen ermöglicht, andere Medikamente noch länger exklusiv zu vermarkten, um damit die Entwicklung von Antibiotika zu finanzieren.

Vor allem kleine Firmen entwickeln Antibiotika

Aktuell seien laut ihm 80 Prozent der Forschungsprojekte für neue Antibiotika von kleinen Start-Ups durchgeführt. Diese Unternehmen kämpfen mit erheblichen Finanzierungsproblemen und haben in der Regel auch keine anderen Medikamente, die sie exklusiv vermarkten können. Daher sei es notwendig, einen Ersatzmarkt zu schaffen, auf dem diese Firmen das Recht für eine längere Exklusivvermarktung an andere Pharmaunternehmen veräußern könnten.

Laut der EU-Gesundheitsbehörde ECDC sterben jährlich 35.000 Menschen allein in der Europäischen Union an Infektionen durch antibiotikaresistente Erreger. Das Robert Koch-Institut erklärt, dass Antibiotika nicht alle Bakterien töten, sondern dass die resistenten überleben und sich weiter vermehren. Es wurde betont, dass die Entstehung von Resistenzen nicht verhindert, sondern nur verlangsamt werden kann.

dpa