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Fluch oder Segen: Hat Botsuana zu viele Elefanten?

In Botsuana leben mehr Elefanten als in jedem anderen Land. Das zieht viele Touristen an. Für Einwohner in ländlichen Gegenden werden die Jumbos jedoch oft zum Problem.

Elefanten trinken Wasser im Chobe-Nationalpark. (Archivbild)
Foto: Charmaine Noronha/AP/dpa

Botsuana wird als das Land der Elefanten angesehen. Wenn man hier auf Safari geht, wird man zweifellos Dutzende der grauen Riesen zu Gesicht bekommen. Denn laut der Tierschutzorganisation Elephants Without Borders (EWB) hat der Staat im südlichen Afrika mit geschätzten 130.000 wilden Elefanten die größte Elefanten-Population aller Länder. Das ist förderlich für den Tourismus, Botsuanas zweitgrößte Industrie nach dem Diamantenbergbau. Allerdings bringt die hohe Anzahl an Dickhäutern auch viele Probleme mit sich.

Verwüstung von Dörfern und Feldern

Elefanten brauchen viel Platz und Nahrung. Schließlich sind sie die größten Landtiere der Welt. Ein erwachsener Bulle trinkt nach Angaben der Umweltstiftung WWF bis zu 200 Liter Wasser pro Tag und frisst rund 150 Kilogramm. «Elefanten müssen täglich weite Strecken zurücklegen, um Futter zu finden, und zerstören dabei viele Bäume», erklärt Walona Sehularo von der Tierschutzorganisation Elephants for Africa in Botsuana. 

Die Elefanten verursachen Schäden in Waldgebieten und auf Feldern, zerstören Strohdächer von Hütten, dringen in Gemüsegärten ein und verwüsten Dörfer, wie Sehularo berichtet. Es gibt in Botsuana fast täglich Konflikte zwischen Elefanten und Menschen, die ihr Eigentum verteidigen. Jedes Jahr werden Menschen in Botsuana und anderen afrikanischen Ländern von Elefanten getötet, während Menschen Elefanten aus Rache, wegen Elfenbein oder bei der Trophäenjagd töten.

Rebecca Gatshele ist mit den Problemen der Elefantenschäden vertraut. Als Bäuerin in Morematao, einem kleinen Dorf im Norden des Landes, das an den Makgadikgadi Pans Nationalpark grenzt, hat sie erlebt, wie Elefanten die Ernte von ihr und anderen Landwirten zerstört haben. Über Monate hinweg angebaute Nahrungspflanzen wie Mais, Sorghum, Bohnen, Erbsen und Kürbisse wurden innerhalb weniger Stunden von den grauen Riesen gefressen, beklagt die 56-Jährige. Elefanten, die nach Wasser suchen, haben Bauern von ihren Brunnen vertrieben und Wasserleitungen beschädigt.

Konflikte zwischen Mensch und Tier

Wer die Gegend um Morematao besucht, kann die Zerstörung durch Elefantenherden leicht erkennen. Rund 50 Prozent der Bäume und Sträucher sind beschädigt, umgestoßen oder entwurzelt. «Wenn es zu viele Elefanten gibt, hat das Auswirkungen auf die übrige Natur, die Pflanzen- und Tierwelt. Elefantenzahlen zu kontrollieren, ist daher eine gute Sache», sagt auch Gofiwa Thebenala, der Naturschutzmanager des Tuludi Camps im Khwai Naturreservat im Okavango-Delta.

Um Elefanten fernzuhalten, hat Gatshele gemeinsam mit anderen Bauern ihre Felder mit Baumstämmen und Ästen eingezäunt. Elephants for Africa stellt ihnen während der Erntesaison getrockneten Chili zur Verfügung, der verbrannt wird, um die Dickhäuter abzuschrecken. «Doch wenn ein Elefant wirklich etwas will, kann man kaum etwas tun, um ihn aufzuhalten», sagt Gatshele resigniert. Selbst Elektrozäune helfen dann nicht. 

In Gegenden, in denen es viele Elefanten gibt, hätten zahlreiche Bauern aufgegeben, ihre Felder zu bestellen, sagt Sehularo. «Die Menschen leben in ständiger Angst. Sie haben Angst, Feuerholz suchen zu gehen, ihr Vieh zu Wasserstellen zu führen, ihre Kinder zur Schule gehen zu lassen oder Bekannte in Nachbardörfern zu besuchen», erzählt er. «Die traurige Realität ist, dass es im Zusammenleben mit Elefanten immer Probleme geben wird».

Keine einfachen Antworten

Elephants for Africa wird den Einwohnern helfen, einen Weg zu finden, mit den Tieren in Einklang zu leben, auch wenn dies nicht einfach sei, sagt Sehularo. Denn Elefanten spielten trotz ihrer zerstörerischen Seite eine wichtige Rolle im Ökosystem. «Sie tragen zur biologischen Vielfalt bei, weil sie täglich weite Strecken zurücklegen und dabei Samen transportieren», sagt Sehularo. Viele kleinere Tierarten ernähren sich von Elefantendung, die zahlreiche Nährstoffe enthält. Und grasende Tiere profitieren davon, dass Elefanten Bäume umstoßen und damit Äste und Blätter einfacher erreichbar machen.

Elefanten haben nur wenige natürliche Feinde. Ihr größter Widersacher ist der Mensch. Viele Jahre wurden Elefanten in ganz Afrika für ihr Elfenbein und Fleisch in großen Zahlen gejagt – bis ihr Bestand dramatisch einbrach. Im Jahr 2016 berichtete die Weltnaturschutzunion IUCN von abermals starker Wilderei, die Zahl der Savannenelefanten (Loxodonta africana) habe den schlimmsten Rückgang seit 25 Jahren erlebt. Allerdings seien die großen Populationen in Namibia, Südafrika und Simbabwe stabil geblieben oder hätten zugenommen, und es habe Hinweise auf eine Ausweitung des Verbreitungsgebiets der Elefanten in Botsuana gegeben.

In den Jahren 2018 bis 2022 hat die EWB ein gleichbleibendes Wachstum der Elefantenpopulation in Botsuana verzeichnet. Die Anzahl der Tiere in Jagdgebieten ist gesunken, während sie vor allem in Nationalparks und anderen Schutzgebieten, insbesondere im Okavango-Delta, gestiegen ist. Dies hat jedoch auch zu einem erneuten Anstieg der Wilderei geführt. Das Land steht nun vor der großen Herausforderung, eine Lösung zu finden, die sowohl für Elefanten, Tierschützer als auch die Bevölkerung akzeptabel ist.

Botsuana ist ein großes Land, das in seiner Fläche mit Frankreich vergleichbar ist, aber eine kleine Bevölkerung von nur etwa 2,5 Millionen Menschen hat. Das bedeutet: Hier kommt auf etwa 19 Einwohner ein Elefant. Die Frage, ob es zu viele Elefanten in Botsuana gibt, wird heiß diskutiert. Sogar Forscher sind sich uneinig darüber, wie groß die ökologische Tragfähigkeit von Botsuana für Elefanten ist und ab wann sie das lokale Ökosystem überlasten und schädigen.

Keulung und Trophäen

Die Elefantenjagd ist ein umstrittenes und emotionales Thema. Die majestätischen Riesen der afrikanischen Savanne haben viele Eigenschaften, mit denen sich Menschen identifizieren können: Sie sind neugierig, verspüren Trauer und haben einen engen Familienzusammenhalt; ihnen wird enorme Intelligenz zugeschrieben sowie ein gutes Gedächtnis.

Botsuana hat 2014 die Elefantenjagd verboten. Allerdings wurde das Verbot fünf Jahre später von der Regierung aufgehoben – eine Entscheidung, die weltweit Empörung auslöste. Botsuana behauptet, dass die Trophäenjagd und kontrollierten Keulungen dazu beitragen können, die Elefantenpopulation zu regulieren und die Konflikte zwischen Mensch und Tier zu reduzieren.

Boatametse Modukanele, der Ständige Sekretär des Ministeriums für Umwelt und Tourismus, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Jagd eine wichtige Einnahmequelle für Gemeinden in Botsuana sei. Eine einzige Trophäenjagd bringe Tausende US-Dollar ein. Die Einnahmen würden in Treuhandfonds fließen und für soziale Dienstleistungen und Naturschutz verwendet werden. Modukanele betonte zudem, dass die Einnahmen lokalen Gemeinden Anreiz geben, illegale Wilderei zu bekämpfen und dazu beizutragen, dass Elefantenbestände stabil bleiben.

Nur etwa 250 Jagdlizenzen pro Jahr würden in ausgewählten Gebieten vergeben, vor allem in Gegenden, in denen es häufig zu Konflikten zwischen Menschen und Elefanten komme. «Bei der hohen Zahl von Elefanten, die wir haben, macht das keinen großen Unterschied», sagt der Politiker.

Streit mit Deutschland

Im Frühjahr war eine Debatte zwischen Botsuana und Deutschland über die mögliche weitere Beschränkung der Einfuhr von Jagdtrophäen hochgekocht. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) gilt als Befürworterin und hatte damit die Kritik Botsuanas auf sich gezogen. Im April wetterte der scheidende Präsident Mokgweetsi Masisi (2019-2024) gegenüber der «Bild»-Zeitung, er wolle aus Protest 20.000 Elefanten nach Deutschland schicken, was aber nicht geschah. 

«Die Botschaft hinter dem Geschenkangebot war, dass es nicht einfach ist, mit Elefanten zusammenzuleben, wenn man nicht von ihnen profitiert», erklärte Modukanele nun der Deutschen Presse-Agentur. Ende September drohte Masisi dann, die 20.000 Elefanten abschießen zu lassen, um ihr Fleisch an hungernde Menschen in Botsuana zu verteilen. Wieder ließ der Staatschef offen, wie ernst er meinte.

Offene Elefantenkorridore

Wissenschaftler suchen derzeit nach Lösungen für das Zusammenleben von Menschen und Elefanten. Der gemeinnützige Ecoexist Trust ist der Ansicht, dass die Anzahl der Elefanten nicht entscheidend ist. Ein Hauptgrund für die Konflikte ist, dass Dörfer und Felder an traditionellen Elefantenkorridoren liegen. Ecoexist hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese zu erkennen, abzugrenzen und zu schützen. Die Organisation glaubt, dass es weniger Konflikte um natürliche Ressourcen gibt, wenn sich die Wege von Menschen und Elefanten nicht kreuzen.

dpa