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Flughafen-Geiselnehmer wird im Prozess wütend und laut

Mit seiner Tochter im Auto gelingt es einem bewaffneten Mann auf das Rollfeld des Hamburger Flughafens durchzubrechen. Erst nach 18 Stunden gibt er auf. Im Prozess gegen ihn hat er einen Wutausbruch.

Der Flughafen-Geiselnehmer von Hamburg muss sich wegen Entziehung Minderjähriger, vorsätzlicher Körperverletzung, Waffendelikten und Geiselnahme vor Gericht verantworten.
Foto: Ulrich Perrey/dpa

Richter haben die Abläufe der 18-stündigen Geiselnahme am Hamburger Flughafen rekonstruiert, wobei sie sich auf Notrufe, Videos und Zeugen stützten – unterbrochen von einem Wutausbruch des Angeklagten.

«Was haben wir 18 Stunden dort besprochen?», rief er nach Übersetzung einer Dolmetscherin plötzlich laut und aufgeregt mitten im Prozess. Damit unterbrach er im Landgericht den Vorsitzenden Richter, der gerade Dokumente aus den Ermittlungen vorlas.

Die Vorwürfe gegen den 35-Jährigen umfassen Geiselnahme, Kindesentziehung, absichtliche Körperverletzung und verschiedene Waffendelikte. Der Vorfall steht im Zusammenhang mit einem langjährigen Sorgerechtsstreit.

Angeklagter rastet aus

Der Angeklagte redete aufgebracht auf Türkisch, ließ sich vom Richter auch nicht stoppen und schlug mehrmals mit der Hand auf den Tisch. Was er in diesem Moment genau sagte, blieb unklar. Nachdem der Mann sich beruhigt hatte und dem Prozess wieder aufmerksam folgte, appellierte der Richter an ihn: «Können wir uns darauf einigen, dass Sie nicht mehr so ausrasten?»

Daraufhin entgegnete der Angeklagte laut Dolmetscherin, das habe unter anderem mit der Person des Richters im damaligen Sorgerechtsstreit zu tun. Außerdem habe er doch in den 18 Stunden am Flughafen schon viel gesprochen. «Rumzuschreien und auf den Tisch zu schlagen, bringt niemanden weiter», betonte der Vorsitzende Richter daraufhin.

Der Beschuldigte hatte am 4. November des letzten Jahres seine damals vierjährige Tochter gewaltsam aus der Wohnung seiner Ex-Frau in Stade, Niedersachsen, geholt und war mit dem Kind in einem Mietwagen auf das Flughafengelände gefahren, indem er drei Schranken durchbrochen hatte.

Kriminalbeamter: Vieles deutet auf Verzweiflungstat hin

«Es deutet vieles darauf hin, dass es eine Verzweiflungstat war», sagte der Kriminalbeamte, der die Ermittlungen führte, als Zeuge. Der Angeklagte habe immer wieder betont, dass er der Vater des Kindes sei und dies deshalb aus seiner Sicht keine Entführung sein könne. Bei der Tat wurde eines schnell deutlich: «Er hat uns gleich klargemacht, dass er eine Bedrohung ist», berichtete der Polizist.

Das Gericht überprüfte Videoaufnahmen aus Stade vom Tag, an dem der Angeklagte das Mädchen durch einen Trick aus der Wohnung lockte. Außerdem wurden die Handydaten des Angeklagten analysiert, die sich mit dem Thema Waffen befassten.

Die ersten Anrufe des 35-Jährigen vom Flughafen aus beim Notruf der Polizei wurden vorgespielt. Er war schwer zu verstehen und bat um einen türkischen Dolmetscher. Ein Beamter versuchte am Telefon, den aufgeregten Anrufer zu beruhigen und bat ihn, die Tochter nicht zu gefährden.

Der Mann verlangte in den nächsten Stunden, dass ein Flugzeug ihn und seine Tochter in die Türkei bringen sollte und sprach dabei von einem Privatjet. Er feuerte dreimal in die Luft und drohte damit, sich und das Kind mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft zu sprengen. Nach seiner Festnahme stellte sich heraus, dass die Sprengsätze Attrappen waren. Zu Beginn des Prozesses hatte der Angeklagte die Taten größtenteils zugegeben.

Das Verfahren wird am 5. Juni weitergeführt.

dpa