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Die Geschichte von Covid-19 und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Pandemie hat das Verhalten von Menschen verändert und die Nutzung von Social-Media bei Jugendlichen erhöht. Langzeitfolgen werden untersucht.

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Was war und was bleibt von der Corona-Pandemie? (Archivbild)
Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Schon im November 2019 muss es in China nach nachträglichen Analysen Fälle der mysteriösen Lungenerkrankung gegeben haben, die später den Namen Covid-19 erhielt. Erste offiziell bestätigte Infektionen wurden Anfang Dezember in der Metropole Wuhan erfasst. Die Welt erfuhr von der «viralen Lungenkrankheit unbekannter Ursache», als die chinesischen Behörden am 31. Dezember die Weltgesundheitsorganisation (WHO) informierten. Was war und was bleibt von der Corona-Pandemie?

Muss man sich noch Sorgen machen?

«Covid ist immer noch keine normale Erkältung», sagt der Berliner Virologe Christian Drosten. «Viele Patienten fühlen sich sehr krank, wenn sie infiziert sind.» Die Sterblichkeit habe sich aber aufgrund der Immunität durch Impfungen und überstandene Infektionen deutlich verringert, sie sei nun etwa so hoch wie bei der Grippe.

Gemäß dem Robert Koch-Institut (RKI) treten schwere Covid-19-Verläufe mittlerweile seltener auf als in den Jahren 2020 und 2021. Carsten Watzl von der TU Dortmund zufolge sind vor allem Menschen betroffen, die aufgrund einer Vorerkrankung oder einer Organtransplantation ein geschwächtes Immunsystem haben.

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Viele Menschen machen weiterhin einen Corona-Test, sobald sie erkältet sind – über Grippe macht sich ein großer Teil weit weniger Sorgen. Das liege zum einen daran, dass Corona immer noch Neuigkeitswert habe, sagt Immunologe Watzl. Zudem setzten viele Menschen die durch Influenzaviren verursachte Grippe mit einem harmlosen, auf verschiedene andere Erreger zurückgehenden grippalen Infekt gleich. «Wer schon mal eine echte Grippe hatte, hat großen Respekt davor.»

Ist Impfen gegen Corona noch nötig?

Wie bei der Grippe wird insbesondere bestimmten Gruppen geraten. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Personen ab 60 Jahren und Erwachsenen mit Grunderkrankungen, sich jedes Jahr im Herbst eine Corona-Auffrischungsimpfung zu holen.

«Wer jünger ist, sollte wissen: Der Hausarzt hat einen großen Ermessensspielraum bei der Impfentscheidung», so Drosten. «Auch scheinbar harmlose Diagnosen, die man im Alltag gar nicht als Risikofaktor oder als Krankheit begreift, können ein Grund für eine regelmäßige Impfung sein.»

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Die Impfstoffe werden regelmäßig an neu auftretende Varianten angepasst – die es bei Sars-CoV-2 immer noch häufiger gibt als zum Beispiel bei anderen Coronaviren oder bei RSV, wie Watzl erläutert. «Evolutionär ist das Virus noch ein Baby», erklärt der Immunologe. «Seine optimale Anpassung hat es noch nicht gefunden.»

«Ich kann mir gut vorstellen, dass auch dieser Erreger sich nach einigen weiteren Jahren beruhigt», ergänzt Drosten, Direktor des Instituts für Virologie der Charité Berlin. «Aber vielleicht sind es auch Jahrzehnte.» 

Dass noch einmal eine Variante entsteht, die deutlich schlimmere Krankheitsverläufe mit höherem Sterberisiko hervorruft, hält der Virologe für unwahrscheinlich. «Die Bevölkerungsimmunität, die wir jetzt durch Impfung und überstandene Infektionen erreicht haben, ist robust und wird insgesamt noch stärker.»

Wie steht es mit dem Risiko für Long Covid?

Langzeitfolgen sind bei den seit einiger Zeit kursierenden Omikron-Varianten laut Watzl deutlich seltener als bei den anfänglich vorhandenen. Impfungen und überstandene Infektionen verringern das Risiko dafür. Möglicherweise werden solche Langzeitfolgen in Zukunft ähnlich selten auftreten wie bei anderen Infektionen.

Viele Virusinfektionen können Probleme wie Herzmuskelentzündungen, Erschöpfungszustände, Depressionen oder Nervenschäden verursachen. Nach einer Grippe zum Beispiel können langanhaltende gesundheitliche Probleme ähnlich denen bei Long Covid auftreten – «Long Flu» wird dieses Phänomen genannt. Bei Covid sind Langzeitfolgen laut Drosten aber derzeit noch deutlich häufiger.

Drosten weist auf eine aktuelle Analyse hin, die besagt, dass etwa sechs Prozent der mit Corona infizierten Personen mit Symptomen von Long Covid zu kämpfen haben. Diese zeigten auch drei Monate nach der Erkrankung mindestens einen von drei Symptomkomplexen: Schmerzen begleitete Erschöpfungszustände, reduzierte geistige Leistungsfähigkeit oder deutliche Atemwegs- und Covid-Symptome.

Gemäß den deutschen Patientenleitlinien wird Long Covid als Symptome definiert, die über vier Wochen nach einer Corona-Infektion hinaus bestehen bleiben, während das Post Covid Syndrom länger als zwölf Wochen anhält. Die genauen Ursachen für diese Beschwerden sind nach wie vor unklar.

Die Therapie von Long Covid stellt aufgrund der stark variierenden Symptome von Patient zu Patient eine Herausforderung dar. Es gibt keine standardisierte Behandlung oder spezifische Medikamente für alle Betroffenen, jedoch spezialisierte Long-Covid-Ambulanzen und Reha-Einrichtungen.

Sind Menschen nun häufiger erkältet als vor der Pandemie?

Es scheint tatsächlich so, dass Covid-19 nicht eingedämmt wird, sondern die Gesamtzahl der Atemwegsinfektionen steigen lässt. Die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen seit Wochen eine vergleichsweise hohe Anzahl akuter Atemwegserkrankungen. Vor Covid-19 waren die Werte niedriger, sagt Watzl. Es ist zu erwarten, dass man sich auch in Zukunft auf höhere Erkältungszahlen im Herbst und Winter als vor der Pandemie einstellen muss.

Wie oft jemand von Sars-CoV-2 erwischt wird, ist dabei individuell sehr unterschiedlich. «Manche hatten es erst einmal, manche schon fünfmal», sagt Watzl. Daten zu anderen, schon lange unter Menschen kursierenden Coronaviren zeigen demnach einen mittleren Abstand von etwa zweieinhalb bis vier Jahren bis zur nächsten Erkrankung.

Gibt es weitere Folgen, die nachwirken?

Die Pandemie hatte in Deutschland eine große Auswirkung auf Heranwachsende. Während der Lockdowns und Schulschließungen sind viele Jungen und Mädchen tiefer in digitale Welten eingetaucht.

Auch nach der Corona-Krise haben viele weiterhin eine problematisch hohe Nutzung, wie eine im Februar vorgestellte Untersuchung ergab. Knapp ein Viertel der 10- bis 17-Jährigen (24,5 Prozent) nutzt daher Social-Media-Dienste wie Tiktok, Instagram oder WhatsApp riskant viel. Aktuell sind es hochgerechnet 1,3 Millionen Jungen und Mädchen, was dreimal so viele sind wie im Vor-Corona-Jahr 2019, hieß es.

Eine im März im Fachblatt «Journal of Health Monitoring» vorgestellte Umfrage ergab zudem ein deutliches Plus an psychosomatischen Beschwerden wie Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen bei Schuldkindern. 

Eine starke Abnahme gab es hingegen bei der körperlichen Aktivität – die bisher auch nicht wieder das vorpandemische Niveau erreichte, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) im Januar mitteilte. «Die Gefahr besteht, dass die Verhaltensweisen aus der Pandemie zum Teil dauerhaft beibehalten werden», sagte BiB-Forschungsdirektor Martin Bujard.

Viele Kinder mit bereits bestehendem Übergewicht nahmen aufgrund des vermehrten Konsums von Süßigkeiten und Knabbereien weiter an Gewicht zu, insbesondere solche aus sozioökonomisch benachteiligten Familien. Experten warnen vor den langfristigen Konsequenzen wie Bluthochdruck, Fettleber und Diabetes.

Ist die Welt durch Covid-19 eine andere geworden?

Seuchen waren in europäischen Staaten auch in den Jahrhunderten zuvor immer eine Herausforderung für die Politik, erklärt Karl-Heinz Leven von der Universität Erlangen-Nürnberg. Unter anderem, weil Maßnahmen wie Kontaktsperren und die Isolation von Kranken stets nur behördlich unter anderem mit Strafen bei Übertretung durchgesetzt werden konnten.

Es liege der menschlichen Natur zugrunde, dass eine Krise ungünstige Entwicklungen hervorrufe, heißt es in einem Beitrag von Leven im Fachblatt «Geschichte in Wissenschaft und Unterricht». Dazu zähle das Streuen von Gerüchten, die bei Ausbrüchen der Pest zu Lynchmorden führten. «Im 19. Jahrhundert wurden im Zuge der Cholera-Epidemien in einigen europäischen Städten Ärzte und Apotheker gelyncht, da es gerüchteweise hieß, sie vergifteten die Armen.»

Auch während der Corona-Pandemie hätten sich Gerüchte massiv verbreitet. Das Stichwort «Corona-Verschwörung» bringe bei einer Google-Suche zig Millionen Treffer, so Medizinhistoriker Leven. Zugleich habe sich im Gegenzug eine Art allergische Reaktion entwickelt, kritische Positionen Andersdenkender automatisch mit Verschwörungserzählungen gleichzusetzen.

Haben wir gelernt aus der Pandemie?

Es ist fraglich, ob genug getan wird. Obwohl in vielen Ländern Pandemiepläne aktualisiert oder erstellt wurden, zeigt ein aktuelles Beispiel, dass im Zweifelsfall immer noch zu wenig unternommen wird, um die Ausbreitung gefährlicher Erreger frühzeitig zu stoppen: die Vogelgrippe H5N1 in US-Milchviehbetrieben. Seit den ersten Nachweisen im März wurden laut dem US-Landwirtschaftsministerium H5N1-Fälle in hunderten Betrieben vieler Bundesstaaten festgestellt.

Martin Beer, Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Insel Riems bei Greifswald, bedauert, dass keine Maßnahmen ergriffen wurden, um das Geschehen schnell zu stoppen. Auch Drosten bestätigt den Eindruck, dass in den USA mehr Wert darauf gelegt wird, kurzfristig wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden als eine mögliche weitere Zoonose zu unterbinden.

«Es ist schon frappierend, wie wenig Dateneinsicht und gezielte Infektionsüberwachung stattfindet, sowohl bei Tieren als auch beim Menschen», sagt der Virologe. Angesichts der öffentlichen Ankündigungen aus Kreisen der zukünftigen Regierung müsse man sich über die weitere Entwicklung Sorgen machen. «Desinformation und Populismus gefährden die Gesundheit der Bevölkerung.» 

Mit den H5N1-Fällen in den USA droht nicht nur eine neue Rinderkrankheit: Auch das Risiko für andere Nutztiere und den Menschen steigt – etwa, wenn verunreinigte Rohmilch an Schweine verfüttert wird. Säugetiere wie Nerz oder Schweine können eine Art Mischbatterie sein. Sind sie mit verschiedenen Influenza-A-Formen infiziert, kann ein neuer, gefährlicherer Erreger entstehen.

Zum Glück sei das bei Milchkühen zirkulierende Virus bei Säugetieren noch schlecht übertragbar, erklärt Drosten. «Kühe sind zwar auch Säuger, aber im Euter, wo das Virus übertragen wird, stößt es auf Gewebeanteile, die ähnlich wie bei Vögeln sind.» Zudem könne sich speziell diese Viruslinie nicht so effektiv mit menschlichen Viren zusammentun. «Dennoch sollte man alles daran setzen, die derzeitige Verbreitung bei Kühen zu beenden, möglichst noch vor der Grippesaison», betonte der Virologe. «Ich befürchte allerdings, den Zeitpunkt dazu hat man inzwischen verpasst.»

dpa