Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Größtes bekanntes Tiergenom entschlüsselt

Das Erbgut des Südamerikanischen Lungenfischs ist 30 Mal so groß wie das des Menschen. Forscher haben es nun entschlüsselt – und Einblick in das Leben sehr ferner Vorfahren gewonnen.

Kein anderes bekanntes Tier auf der Erde hat ein so großes nachgewiesenes Genom wie der Südamerikanische Lungenfisch.
Foto: Katherine Seghers/Louisiana State Universität/dpa

Das Erbgut ist 30 Mal größer als das des Menschen und mehr als doppelt so groß wie das des bisherigen Rekordhalters: Ein internationales Team um den Konstanzer Evolutionsbiologen Axel Meyer und den Würzburger Biochemiker Manfred Schartl hat das größte bekannte Genom aller Tiere entschlüsselt: das Erbmaterial des Südamerikanischen Lungenfischs (Lepidosiren paradoxa). «Die Daten werden helfen zu ergründen, wie dem Vorfahren der heutigen Landwirbeltiere die Eroberung des Festlands gelang», hieß es in einer Mitteilung zur Veröffentlichung der Studienergebnisse in der Fachzeitschrift «Nature».

Lungenfische sind die nächsten heute noch lebenden Verwandten jener Tiere, die sich vor etwa 400 Millionen Jahren mit kräftigen Flossen an Land bewegten und dank ihrer Lungen dort überleben konnten. Alle sogenannten Vierfüßer wie Menschen, andere Säugetiere, Amphibien, Reptilien und Vögel stammen von ihnen ab. Es gibt heute noch drei Linien von Lungenfischen: eine in Afrika, eine in Australien und eine in Südamerika, die unter anderem im Amazonasbecken vorkommt.

Von der Analyse des Erbguts erhoffen sich die Fachleute Erkenntnisse über die Ursprünge und weitere Entwicklung dieser ungewöhnlichen Tiere. «Die Evolution scheint sie vergessen zu haben», schreiben die Forschenden. Denn diese uralten «lebenden Fossilien» sähen weitestgehend noch aus wie ihre Vorfahren im späten Devon vor grob 400 Millionen Jahren. Durch Vergleiche der Genomsequenzen lässt sich demnach etwa der Zusammenhang zwischen Flossenstrahlen der Knochenfische und Fingern von Landwirbeltieren belegen.

Rekord-Erbgut 30 Mal so groß wie das des Menschen 

Dass die Genome der Lungenfische riesig sind, war bereits bekannt, doch die Studie zeigt nun, wie gigantisch sie tatsächlich sein können: Das Erbgut des Südamerikanischen Lungenfischs bestehe aus mehr als 90 Milliarden Basen, schreibt die Gruppe. Es sei damit 30 Mal so groß wie das Genom des Menschen und mehr als doppelt so groß wie das des bisherigen Rekordhalters, des Australischen Lungenfischs (Neoceratodus forsteri). «18 der 19 Chromosomen des Südamerikanischen Lungenfischs sind allein jeweils größer als das gesamte menschliche Genom», wird Schartl in einer Mitteilung zur Studie zitiert.

Das liege an sogenannten autonomen Transposons. Diese DNA-Abschnitte «vermehren» sich und verändern dann ihre Position im Genom. Sie machten mehr als 90 Prozent des Lungenfisch-Genoms aus. Die Expansionsrate beim südamerikanischen Vertreter ist demnach mit Abstand die schnellste bekannte: Alle zehn Millionen Jahre sei sein Erbgut in der Vergangenheit um die Größe des gesamten menschlichen Genoms gewachsen. 

Dennoch ist das Genom des Lungenfisches überraschend stabil. Daher konnte das Forschungsteam nach eigenen Angaben aus den Sequenzen der heute noch lebenden Lungenfisch-Arten die ursprüngliche Architektur des Chromosomensatzes des ersten Vierfüßers rekonstruieren.

Vergleichsstudien ermöglichen Aufschlüsse über Evolution

Die Genome der verschiedenen Lungenfische können verglichen werden, um festzustellen, ob genetische Ursachen für Unterschiede zwischen den heute noch lebenden Exemplaren verantwortlich sind. Der Australische Lungenfisch hatte beispielsweise noch Gliedmaßen-ähnliche Flossen, die es den Vorfahren ermöglichten, sich einst an Land zu bewegen. Im Gegensatz dazu haben sich bei den heutigen Lungenfischvertretern aus Afrika und Südamerika diese Flossen, die im Knochenbau den menschlichen Armen und Beinen ähneln, im Laufe der letzten rund 100 Millionen Jahre zu fadenförmigen Flossen zurückentwickelt.

Durch die Untersuchung des Erbguts des Australischen Lungenfischs haben Meyer und Schartl bereits vor einigen Jahren gezeigt, dass gleiche Gene die Entwicklung der Lunge beim Menschen und beim Lungenfisch steuern. Die Lunge der Lungenfische hat eine ähnliche Herkunft wie die der Landwirbeltiere, einschließlich des Menschen. Ebenso sind Finger, Elle und Speiche in der Flosse des Tiers angelegt, wofür die gleichen Gene wie beim Menschen verantwortlich sind. An der aktuellen Studie haben auch Wissenschaftler aus Dresden, Hamburg, Schweden, Österreich und Frankreich mitgearbeitet.

“Der Termin für das Treffen wurde auf den 15. Mai verschoben”, sagte der Sprecher.

“Die Veranstaltung findet am 15. Juli um 14:00 Uhr im Konferenzsaal statt.”

dpa