Im vergangenen Jahr hat es einer Studie zufolge wahrscheinlich gut 47.000 Hitzetote in Europa gegeben – doch es hätten noch viel mehr sein können.
Hitze im Jahr 2023: Mehr als 47.000 Tote in Europa
Mehr als 47.000 Menschen sind nach Expertenschätzungen 2023 in Europa an den Folgen hoher Temperaturen gestorben, dem weltweit wärmsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Die entsprechende Modellierungsstudie unter Leitung des «Barcelona Institute for Global Health» wurde im Fachblatt «Nature Medicine» veröffentlicht. Darin berichtet die internationale Forschungsgruppe aber auch, dass anscheinend eine Anpassung an die Hitze stattgefunden hat.
Das Team hat Mortalitätsdaten des Europäischen Statistikamtes (Eurostat) über 96 Millionen Todesfälle verwendet, um die hitzebedingte Sterblichkeitslast im Jahr 2023 für 823 Regionen in 35 europäischen Ländern zu schätzen.
Laut diesen Schätzungen gab es im letzten Jahr 47.690 hitzebedingte Todesfälle in Europa. Dies stellt die zweithöchste Sterblichkeitsrate seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2015 dar, wobei die höchste Rate im Jahr 2022 verzeichnet wurde.
Die Forschungsgruppe stellte fest, dass die Länder mit den höchsten hitzebedingten Sterberaten in Südeuropa liegen. Griechenland belegt den ersten Platz mit 393 Todesfällen pro eine Million Einwohner, gefolgt von Bulgarien mit 229, Italien mit 209 und Spanien mit 175. Deutschland hatte im Jahr 2023 eine Rate von 76 Todesfällen pro eine Million Einwohner.
Frauen und ältere Menschen besonders gefährdet
Die Forschungsgruppe schätzt die Anzahl der Hitzetoten für 2023 in Italien auf knapp 12.750, gefolgt von 8.352 in Spanien und 6.376 in Deutschland. In fast allen untersuchten Ländern starben mehr Frauen als Männer an den Hitzefolgen, wobei insgesamt vor allem ältere Menschen anfällig waren.
Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte für 2023 in Deutschland eine Zahl von 3200 Hitzetoten ermittelt. Die Zahlen des RKI und des Barcelona-Teams differierten schon für 2022. Dazu hatte ein RKI-Experte erläutert, dass der Unterschied unter anderem mit unterschiedlichen Definitionen von «Hitze» zu tun habe.
Elisa Gallos Team aus Barcelona hat nun auch die Auswirkungen der hitzebedingten Sterblichkeit ohne Klimaanpassungsmaßnahmen modelliert. Dies beinhaltet Verbesserungen in den Bereichen Gesundheitsversorgung, sozialer Schutz und Lebensstil, Fortschritte in der Arbeitsplatzgesundheit und den baulichen Gegebenheiten, ein gesteigertes Risikobewusstsein sowie effektivere Kommunikations- und Frühwarnstrategien.
Effektive Klimaanpassungsmaßnahmen mindern Sterblichkeit
Wie das Forschungsteam schätzt, könnte die hitzebedingte Sterblichkeit 2023 in der Allgemeinbevölkerung ohne diese Maßnahmen wahrscheinlich um 80 Prozent und in der Bevölkerungsgruppe ab 80 Jahren um über 100 Prozent höher liegen. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass es in diesem Jahrhundert gesellschaftliche Anpassungsprozesse an die hohen Temperaturen gegeben hat, die die hitzebedingte Anfälligkeit und die Sterblichkeitslast der letzten Sommer drastisch reduziert haben, insbesondere bei älteren Menschen», wird Erstautorin Gallo in einer Mitteilung dazu zitiert.
Dazu passe, dass sich die minimale Sterblichkeitstemperatur – die optimale Temperatur mit dem geringsten Sterberisiko – seit dem Jahr 2000 im Durchschnitt des Kontinents allmählich erhöht habe, so Gallo, und zwar von 15 Grad Celsius im Zeitraum 2000 bis 2004 auf 17,7 Grad Celsius im Zeitraum 2015 bis 2019: «Dies deutet darauf hin, dass wir weniger hitzeanfällig sind als zu Beginn des Jahrhunderts, was wahrscheinlich auf den allgemeinen sozioökonomischen Fortschritt, die Verbesserung des individuellen Verhaltens und Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens wie die nach dem Rekordsommer 2003 durchgeführten Pläne zur Hitzeprävention zurückzuführen ist.»
Neues Frühwarnsystem für Europa
Erst kürzlich hatte die gleiche Forschungsgruppe zudem mit «Forecaster.health» ein Online-Frühwarnsystem vorgestellt, das für 580 Regionen in 31 europäischen Ländern Prognosen zum Sterberisiko im Zusammenhang mit Kälte und Hitze nach Geschlecht und Alter liefert. Das kostenlose Tool liefert Prognosen bis zu 15 Tagen im Voraus und basiert nicht nur auf meteorologischen Daten, sondern bezieht auch epidemiologische Modelle ein.