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Hurrikan hat freundlichere Makaken zur Folge

Evolution kann seltsame Wege gehen. Auf einer Insel ließ sie Affen nach einem Wirbelsturm friedlicher werden.

Ein Rhesusaffen-Baby ist im Arm seiner Mutter.
Foto: Md Rafayat Haque Khan/ZUMA Press Wire/dpa

Rhesusaffen sind unter den Primaten insgesamt die streitlustigsten. Auch auf Cayo Santiago war das nicht anders – bis ein Hurrikan über die karibische Insel zog. Jetzt leben dort deutlich tolerantere Affen. Wie kam es dazu? Die Evolution hat aggressive Tiere aus einem spezifischen Grund aussortiert, wie ein Forschungsteam im Fachmagazin «Science» berichtet.

Cayo Santiago ist auch als Monkey Island (Affeninsel) bekannt. Die unbewohnte kleine Insel im Karibischen Meer gehört zu Puerto Rico, die Temperaturen übersteigen dort regelmäßig 40 Grad. Der Hurrikan «Maria» hatte 2017 mehr als die Hälfte der Vegetation auf Cayo Santiago zerstört, darunter viele der schattenspendenden Bäume, wie das Team um Camille Testard von der University of Pennsylvania in der US-Stadt Philadelphia berichtet. Noch immer ist der Baumbestand demnach weitaus geringer als vor dem Wirbelsturm.

Lebensrettender Schatten

In der Hitze ist der Schatten von Baumkronen eine sehr wertvolle, lebensrettende Ressource. Und genau hier kam die Evolution ins Spiel, wie die Forschenden erläutern: War es zuvor kein Problem, wenn Affen aggressiv auf ihren Schattenplätzen beharrten, haben seit «Maria» tolerantere, sich schattige Stellen teilende Rhesusaffen einen Überlebensvorteil – und die Zahl garstigerer Artgenossen nahm ab.

Das Team untersuchte insgesamt Daten aus zehn Jahren zum Sozialverhalten der Insel-Affen. «Vor dem Wirbelsturm hatte das Tolerieren anderer keinen Einfluss auf das Sterberisiko», erklärte Testard. «Nach dem Wirbelsturm hatten Makaken, die eine überdurchschnittliche soziale Toleranz zeigten – und daher besser in der Lage waren, den Schatten zu teilen – ein um 42 Prozent geringeres Sterberisiko als diejenigen, die weniger tolerant waren.»

Wahre Despoten

Rhesusaffen (Macaca mulatta) zählen zur Gruppe der Makaken und leben eigentlich in Asien, verwilderte Gruppen zudem in Florida und Puerto Rico. Ihren Status sichern sich vor allem die Männchen üblicherweise durch Schläge, Bisse und Reißen an Fell und Schwanz. «Sie sind bekannt dafür, dass sie in einer aggressiven, stark konkurrenzbetonten Gesellschaft leben», sagte Mitautorin Lauren Brent von der britischen Universität Exeter.

Deshalb seien die Affen eigentlich nicht besonders gut darin, Ressourcen zu teilen, sei es Nahrung oder Schatten. «Aber in der durch die ökologischen Veränderungen verursachten Hitze, die oft um die 40 Grad beträgt, mussten die Makaken den Raum teilen oder sterben.»

Eine gänzlich neue Gesellschaft – aber nicht unbedingt für immer

Die hinzugewonnene Toleranz betrifft den Forschenden zufolge auch andere Lebensbereiche. Die Äffchen, die sich bereitwillig Schattenplätze teilten, verbrächten auch morgens, also vor der Hitze des Tages, Zeit miteinander, erklärte Testard. «Der Wirbelsturm hat die Spielregeln in der Gesellschaft der Affen verändert.»

Laut der Studie könnte sich die Population von Cayo Santiago jedoch möglicherweise nicht so friedlich verhalten, wenn die Baumkronen wieder ihren ursprünglichen Zustand erreichen. Andere Faktoren wie vermehrte Krankheitsübertragungen zwischen den geselligen Artgenossen der Gruppe könnten die Evolution in eine andere Richtung lenken, nämlich hin zu geringerer sozialer Toleranz.

dpa