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Hunderte Tote nach Erdrutsch in Papua-Neuguinea befürchtet

Im abgelegenen Hochland Papua-Neuguineas verschüttet ein Erdrutsch am Freitag zahlreiche Häuser. UN-Helfer befürchten Hunderte Opfer unter dem Geröll, für die es keine Rettung mehr gibt.

Nach einem Erdrutsch werden im abgelegenen Hochland Papua-Neuguineas Hunderte Tote befürchtet. Einige Dörfer wurden komplett verschüttet.
Foto: Benjamin Sipa/International Organization for Migration/AP/dpa

Knapp drei Tage nach dem Erdrutsch in einem entlegenen Hochlandgebiet in Papua-Neuguinea scheint das Ausmaß der Katastrophe noch größer als ursprünglich angenommen. Die genaue Anzahl der Todesopfer in der schwer zugänglichen Enga Provinz des Pazifikstaates bleibt weiterhin völlig unklar.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) schätzte, dass mindestens 670 Menschen ums Leben gekommen sind. Lokale Führer und andere Behördenvertreter gaben an, dass 150 oder mehr Häuser unter den Trümmern begraben wurden, als am frühen Freitag um 3 Uhr morgens der Erdrutsch stattfand, sagte der IOM-Missionschef für Papua-Neuguinea, Serhan Aktoprak. Basierend auf dieser Schätzung muss davon ausgegangen werden, dass mindestens 670 Bewohner gestorben sind. Die Häuser wurden sechs bis acht Meter tief unter den Geröllmassen begraben.

Die UN konnte am Sonntag nur fünf Tote bestätigen, deren Leichen bisher gefunden wurden. Es gibt auch Verletzte, darunter mindestens 20 Frauen und Kinder.

Die Zahl der Todesopfer könnte laut Hilfsorganisationen steigen, da unklar war, wie viele Menschen tatsächlich im betroffenen Gebiet lebten. Nach offiziellen Zählungen sollten in dem Gebiet knapp 4000 Menschen wohnen. Allerdings dürften sich laut Hilfsorganisationen mehr Menschen dort aufgehalten haben.

Ein Dorf ist komplett verschüttet

Das Dorf Yambali sei in Zufluchtsort für Bewohner umliegender Ortschaften, die von anhaltenden Konflikten vertrieben wurden, berichtete die vor Ort engagierte australische Hilfsorganisation Care. Auch Care konnte keine genaueren Opferzahlen benennen. «Das könnte auch für einige Zeit noch so bleiben», erklärte eine Sprecherin. Der nachtschlafende Zeitpunkt des Unglücks lasse annehmen, dass viele Bewohner auch tatsächlich zuhause gewesen seien.

Laut örtlichen Medien ist das Dorf Yambali vollständig unter den Erdmassen verschwunden. Neben den Häusern sollen sich auch zwei Gesundheitszentren an der Unglücksstelle befunden haben, wie der australische Sender ABC berichtet.

Die Unzugänglichkeit der Region und die Massen an abgerutschter Erde ließen die Hoffnung, doch noch lebendige Menschen zu finden, schnell schwinden. Die zentrale Provinz Enga ist durch tropische Wälder und eine gewaltige Bergkette mit zerklüfteten Tälern geprägt, die teilweise nicht mit Straßen erschlossen sind und nur auf dem Luftweg erreichbar sind.

Die Bevölkerung, die hauptsächlich in Stämmen organisiert ist, lebt oft sehr abgeschieden, da die nächstgelegene größere Ortschaft weit entfernt ist – ganz zu schweigen von der rund 600 Kilometer entfernten Hauptstadt Port Moresby.

Lage äußerst gefährlich – Erdmassen weiter in Bewegung

Laut den Angaben der Vereinten Nationen liegt selbst die Provinzhauptstadt Wabag etwa zwei Stunden entfernt und ist nur über eine größtenteils unbefestigte Straße erreichbar, die kürzlich von Erdrutschen betroffen war. Der Zugang zur westlich gelegenen Distrikt Porgera ist derzeit aufgrund des letzten Erdrutsches vollständig blockiert. Daher dauerte es eine Weile, bis die dringend erwartete Hilfe von außen langsam den Unglücksort erreichte.

Die Menschen vor Ort versuchten, Verschüttete mit einfachen Werkzeugen und Waffen zu befreien. Es mangelte an schwerem Gerät. Ein örtlicher Geschäftsmann brachte seinen Bagger in die Gegend und stellte ihn zur Verfügung, erklärte Aktoprak. Es könnten jedoch kulturelle Empfindlichkeiten vor Ort sein, die die Bergungshilfe behindern könnten.

Zudem blieb die Lage weiter äußerst gefährlich und instabil. Die Erde rutsche weiter und drücke damit auf die umliegenden Häuser, weshalb rund 1250 Anwohner, die die Katastrophe überlebt hatten, evakuiert wurden, so Aktoprak. Auch seine Kollegen hätten sich bei ihrem Eintreffen erst einmal selbst in Sicherheit bringen müssen. «Gesteinsbrocken fallen weiter nonstop herab und die Erde bewegt sich weiter», beschrieb der IOM-Missionschef dem australischen Sender ABC.

Gemäß der Hilfsorganisation Care versuchte das Militär, die Überlebenden in Versorgungszentren unterzubringen – was sich aufgrund des instabilen Untergrunds als schwierig erwies. Nach UN-Angaben war mittlerweile ein Noteinsatz-Team, bestehend aus Kräften der Provinz- und Staatsbehörden, der Armee, der Polizei sowie UN-Mitarbeitern vor Ort. Auch die Regierungen von Australien und den USA erklärten, ihre Länder stünden zur Hilfe bereit.

Immer wieder schwere Regenfälle und Erdbeben auf Insel Neuguinea

Auf die tropische Insel Neuguinea nördlich von Australien wirken rohe Naturgewalten, die sich schnell zur Katastrophe potenzieren: Schwere Regenfälle sind aufgrund der Nähe zum Äquator keine Seltenheit. Zudem befindet sich die Insel auf dem Pazifischen Feuerring, einer der seismisch aktivsten Regionen der Welt. Vor einigen Tagen wurde die Provinz Enga von einem Erdbeben der Stärke 4,5 erschüttert. Die genaue Ursache für den Erdrutsch war jedoch am Wochenende noch unklar.

Laut UN-Mann Aktoprak wurde der Rettungseinsatz durch einen Disput erschwert, der auf halber Strecke ins Katastrophengebiet im Dorf Tambitanis zwischen zwei Clans eskalierte. Bisher wurden acht Menschen getötet und 35 Wohn- und Geschäftshäuser niedergebrannt, zusätzlich zur komplexen Lage.

dpa