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Elon Musks Starship vor dem zehnten Startversuch

Wird der zehnte Versuch endlich den ersehnten Erfolg bringen? Die Raumfahrtbranche ist optimistisch, aber auch skeptisch.

Das Starship von Elon Musk soll bald seinen zehnten Testflug absolvieren.
Foto: Eric Gay/AP/dpa

Wird der zehnte Versuch endlich den ersehnten Erfolg für Elon Musk bringen? Neun Testflüge des größten jemals gebauten Raketensystems der Raumfahrtgeschichte liefen anders als geplant, nun soll das Starship in der Nacht zum Montag vom US-Bundesstaat Texas aus zum zehnten Mal abheben. Der Termin kann sich jedoch jederzeit, auch kurzfristig, noch verschieben.

Das Starship, das von Musks Raumfahrtfirma SpaceX entwickelt wurde, ist größer als die Freiheitsstatue in New York. Es besteht aus zwei Teilen, die sich nach dem Start trennen: Dem etwa 70 Meter langen Booster Super Heavy und der – ebenfalls Starship genannten – oberen Stufe, die rund 50 Meter misst.

Starship soll zum Mars – aber viele bisherige Testflüge enttäuschten

Die beiden Teile sind darauf ausgelegt, nach ihrer Rückkehr zur Erde wiederverwendet zu werden. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa plant, Astronauten mit dem Starship zum Mond zu schicken, während SpaceX das langfristige Ziel verfolgt, den Mars zu erreichen.

Das Raketensystem wurde erstmals im April 2023 getestet und explodierte damals nach wenigen Minuten. Bei weiteren Tests erreichte die obere Stufe erfolgreich das All und landete kontrolliert im Indischen Ozean. Allerdings blieben mehrere Testflüge zuletzt deutlich hinter den Erwartungen zurück, und im Juni explodierte auch eine Starship-Rakete am Boden.

Verhaltener Optimismus vor dem zehnten Teststart

Trotzdem: Vor dem geplanten zehnten Testflug herrscht in der Branche eine vorsichtige Zuversicht. SpaceX hatte ausführlich in einem Bericht für die US-Luftfahrtbehörde FAA die Ursachen für das Scheitern des neunten Fluges dargelegt. Es besteht nun die Hoffnung, dass das Unternehmen die richtigen Lehren daraus gezogen hat.

Es gibt jedoch immer wieder Zweifel am Grunddesign des Systems – sowohl in der Raumfahrt-Community als auch auf Fachkonferenzen. Bei einem Kongress in Washington wurde sogar ein alternatives Konzept präsentiert: ein kleineres Starboat anstelle des großen Starships. Möglicherweise ist für die Mission keine riesige Rakete erforderlich, sondern ein reduziertes, pragmatischeres System.

Explosionen werden zwar als Teil des Lernprozesses angesehen, sind jedoch kostspielig und riskant. Das Ziel bleibt ehrgeizig: eine kostengünstige, flexible Rakete für den Mond und den Mars. Der Weg dorthin erscheint weiter zu sein als erwartet.

Scheitern? Oder erfolgreiches Datensammeln?

Neun Testflüge, die anders verliefen als geplant – ist so viel Misserfolg noch üblich? Die Testflüge waren dazu gedacht, Daten zu sammeln, hebt SpaceX hervor. Dies sei jedes Mal gründlich gemacht worden, daher habe auch jeder Testflug seine Berechtigung gehabt.

«Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir ungefähr alle zwei oder drei Wochen ein neues Starship herstellen können», sagte Musk jüngst bei einer Rede in Starbase im Süden von Texas – jenem Ort, wo die Teststarts stattfinden und der seit Kurzem als eigenständige Stadt auf der Landkarte erscheint. «Letztendlich arbeiten wir auf die Fähigkeit hin, 1.000 Starships pro Jahr produzieren zu können, also drei pro Tag.»

Elon Musk, einer der reichsten Menschen der Welt, hat das Geld für solche Dinge. SpaceX überträgt die Testflüge live und erhält dadurch viel Presse und Aufmerksamkeit.

Anteil der Fehlstarts in den vergangenen 25 Jahren gering

Nicht alle Raketenstarts in Europa waren erfolgreich. Der erste kommerzielle Start der Vega C im Dezember 2022 führte zu einer vorübergehenden Krise in der europäischen Raumfahrtbehörde ESA. Die Rakete startete zwar, verfehlte jedoch die richtige Flugbahn und konnte die Satelliten nicht ausliefern. Noch dramatischer war der erste Startversuch der Ariane 5 im Jahr 1996, bei dem die Rakete einfach explodierte.

Im Zeitraum von 2000 bis 2025 sind laut Daten des Raumfahrt-Thinktanks Espi (European Space Policy Institute) sowohl in den USA als auch in Europa vier Prozent aller Raketenstarts gescheitert. Es gibt keinen erkennbaren Trend, dass es im Laufe der Zeit mehr oder weniger Fehlstarts gab.

Aggressivere Risikoabschätzung bei SpaceX

«Die Komplexität des Systems ist natürlich hoch», meint Espi-Leiter Ludwig Moeller. Das erkläre misslungene Starts zum Teil. Ein weiterer Teil der Antwort liege aber in der Risikobereitschaft. SpaceX gehe mit einer Risikoabschätzung an den Start, die aggressiver ist, als sie es in Europa wäre. Dahinter stehe auch politischer Druck – etwa schneller als China am Mond zu sein. Und die USA haben nicht viele Alternativen zu dem Unternehmen von Musk.

«Nicht normal, was wir da sehen»

«Was mit Starship passiert, ist schon fragwürdig», sagt Moeller. Es gebe ja nicht nur ein unternehmerisches Risiko, sondern auch eine Gefahr für Menschen und Umwelt – und auch für das Bild, dass die reihenweise schief gelaufenen Starts von der Branche ablieferten. «Ich glaube, in Europa hätte man schon die Schmerzgrenze überschritten. Das wäre, glaube ich, so nicht fortsetzbar.» Früher sei das auch in den USA nicht viel anders gewesen, aber mit dem Kurswechsel im Weißen Haus gehe es eher weiter in Richtung Deregulierung. 

Gleichwohl sieht Moeller mittlerweile eine größere Risikobereitschaft auch in Europa. Der Kontinent sei damit auf dem richtigen Weg, müsse sich aber auch nicht vorwerfen lassen, zu waghalsig vorzugehen. «Ich glaube, Europa hat nach wie vor eher die Tendenz, dann am Ende doch etwas konservativer zu sein.» 

Marsflüge sind lebensgefährlich

Europas früherer Raumfahrtchef Jan Wörner blickt mit Skepsis auf Musks Marspläne. «Der Mensch wird eines Tages zum Mars fliegen und hoffentlich auch zurück», sagt der ehemalige Esa-Chef – doch die Risiken seien ungleich größer als bei Mondmissionen. Die heutige Technologie erfordere bis zu zwei Jahre Reisezeit, ohne schnelle Rückkehrmöglichkeit. Strahlung, Stress, Kommunikationsverzögerung und Isolation machten Marsflüge lebensgefährlich.

Er frage sich, was Musk eigentlich auf dem Mars wolle, sagt Wörner. Nur fliegen, weil es eine Herausforderung sei? Oder ernsthaft Umsiedlung auf einen Planeten, der für Menschen kaum lebenswert sei? «Ohne Atmosphäre müssten Marsbesucher in Anzügen oder Habitats leben. Der Mars ist zweifellos faszinierend, doch dafür gibt es Roboter und KI – sie können schon heute forschen, ohne Risiko für Menschen.»

Wörner warnt auch vor der Vorstellung, den Mars als Fluchtort zu sehen. «Ich habe ein sehr ungutes Gefühl dabei, andere Planeten als Ausweg für eine Erde zu haben, die wir nicht schützen.»

dpa