Schon ein täglicher Spaziergang kann sich lohnen: Eine norwegische Studie zeigt, dass Gehen das Risiko für chronische Rückenschmerzen deutlich senken kann.
Mehr Gehen, weniger Schmerzen im Rücken

Wer täglich zu Fuß unterwegs ist, hat ein geringeres Risiko, chronische Schmerzen im unteren Rücken zu entwickeln. Das zeigt eine große norwegische Langzeitstudie, die im Fachjournal «JAMA Network Open» erschienen ist. Demnach war das Risiko für chronische Rückenschmerzen bei Menschen, die mehr als 100 Minuten täglich gingen, um 23 Prozent niedriger als bei jenen mit weniger als 78 Gehminuten pro Tag.
Mit Sensoren zu Bewegungsdaten
Das Team von Rayane Haddadj von der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technik verwendete Daten der HUNT-Studie, einer umfangreichen Gesundheitsbefragung mit Zehntausenden Teilnehmern, für die Untersuchung.
Mehr als 11.000 Erwachsene, die zwischen 2017 und 2019 keine chronischen Rückenschmerzen hatten, trugen Bewegungssensoren am Oberschenkel und unteren Rücken für mehrere Tage. Auf diese Weise konnte das Forschungsteam objektiv messen, wie viel und wie intensiv sich die Personen bewegten. Die HUNT-Gesundheitsbefragung wurde zwischen 2021 und 2023 erneut durchgeführt, um einen Vergleich der Daten zu ermöglichen.
Das Resultat: Das Risiko für anhaltende Rückenschmerzen – definiert als Beschwerden über mindestens drei aufeinanderfolgende Monate im Vorjahr – verringerte sich mit zunehmender Gehzeit. Insgesamt gaben in den etwa vier Jahren nach der ersten Untersuchung 15 Prozent oder etwa 1.600 der Teilnehmer an, anhaltende Rückenschmerzen zu haben.
Quantität wichtiger als Geschwindigkeit
Die Forscher fanden heraus, dass neben der Dauer auch die Intensität des Gehens mit einem niedrigeren Risiko verbunden war – jedoch war diese Verbindung nicht so stark. Daher schlussfolgern sie, dass für die Gesundheit der Wirbelsäule wichtiger ist, wie viel man zu Fuß geht, und nicht wie schnell.
Bernd Kladny, der stellvertretende Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, der nicht an der Studie beteiligt war, ist der Meinung, dass die Messung der Aktivität mit Schrittzählern und anderen sogenannten Wearables eine geeignete Methode ist. Er betont, dass die Intensität des Gehens in Bezug auf Rückenschmerzen zwar nicht besonders wichtig ist, aber im Hinblick auf den Herz-Kreislauf-Bereich anders aussieht.
Die Studie hat auch Einschränkungen, wie das norwegische Forschungsteam selbst schreibt. Die Gehaktivität wurde nur zu einem Zeitpunkt gemessen und könnte sich im Laufe der Jahre geändert haben. Außerdem handelt es sich um eine Beobachtungsstudie: Ursache und Wirkung lassen sich nicht eindeutig feststellen. Es ist möglich, dass Teilnehmer, die viele Schritte machen, ohnehin mehr auf ihre Gesundheit und möglicherweise auch auf ihre Rückengesundheit achten.
Möglicherweise haben auch unbeachtete Faktoren die Ergebnisse beeinflusst, wie zum Beispiel andere Arten körperlicher Aktivität oder Veränderungen im Gesundheitszustand während der Nachbeobachtungszeit.
Rückenschmerzen – auch in Deutschland ein Volksleiden
Dennoch liefern die Ergebnisse laut dem Forschungsteam wichtige Hinweise für die Prävention. Da Gehen eine einfach zugängliche und kostengünstige Form der Bewegung ist, könnten Programme zur Gesundheitsförderung gezielt darauf setzen, so die Autorinnen und Autoren.
Tatsächlich gehören Rückenschmerzen laut Robert Koch-Institut (RKI) auch hierzulande «seit langem zu den größten Gesundheitsproblemen». Laut einer RKI-Erhebung von 2021 litten gut 61 Prozent der Befragten in den letzten zwölf Monaten vor der Umfrage an Rückenschmerzen. Dabei waren Schmerzen des unteren Rückens etwa doppelt so häufig wie Schmerzen des oberen Rückens. 15,5 Prozent der Befragten berichten von chronischen Rückenschmerzen.