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Wechseljahre und Migräne: Ursachen, Behandlung und Tipps

Hormonelle Veränderungen können Migräne verschlimmern oder verbessern. Verschiedene Therapien und Entspannungstechniken können Linderung bringen.

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Jede zweite Migräne-Patientin hat zu Beginn der Wechseljahre stärkere Beschwerden. (Symbolbild)
Foto: Oliver Killig/dpa-Zentralbild/dpa-tmn

Starke Kopfschmerzen, Orientierungsverlust, Übelkeit und Erbrechen – Kristina F. wird seit 30 Jahren immer wieder von Migräneattacken geplagt. Vor zwei Jahren kamen die Anfälle plötzlich sehr viel häufiger. «An mehreren Tagen im Monat war es so schlimm, dass eigentlich gar nichts mehr ging», sagt die 51-Jährige. Dass dies mit den Wechseljahren zusammenhing, darauf habe sie mit viel Recherche selbst kommen müssen. «Das hat mir kein Arzt erklärt», sagt sie.

Laut Christian Maihöfner, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum Fürth und Experte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, ist Migräne eine der am häufigsten vorkommenden neurologischen Erkrankungen. Etwa 20 Prozent der Frauen sind betroffen, so Maihöfner zum Deutschen Kopfschmerztag am 5. September.

Etwa die Hälfte der Frauen erlebt während der Perimenopause, der Zeit vor der letzten Regelblutung, eine Verschlechterung ihrer Migräne. Bei etwa 40 Prozent verbessert sich die Migräne während der Wechseljahre, während bei etwa 10 Prozent keine Veränderungen auftreten.

Wenn der Östrogen-Spiegel sinkt

Die Gründe sind noch nicht endgültig erforscht. Es gilt als gesichert, dass hormonelle Faktoren bei Migräne eine Rolle spielen. Frauen sind ungefähr doppelt so häufig betroffen wie Männer. Vor allem Östrogene sind wichtig – und ihr Spiegel sinkt in der Perimenopause.

Laut dem Professor wird allgemein angenommen, dass dies zu einem verringerten Serotoninspiegel führt und somit die Funktion eines zentralen Neurotransmitters in der körpereigenen Schmerzhemmung beeinträchtigt. Auch die Produktion des Botenstoffs Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP), der bei Migräne eine wichtige Rolle spielt, scheint durch hormonelle Einflüsse reguliert zu werden.

Was kann man Betroffenen raten? «Eine Hormonersatztherapie zur Anhebung des Östrogenspiegels kann die Migräne zwar lindern, muss jedoch sorgfältig abgewogen werden, da sie auch Risiken birgt, etwa ein erhöhtes Brustkrebsrisiko», sagt Maihöfner. Er verweist auf zahlreiche andere Behandlungsansätze. 

Entspannungsverfahren und Ausdauersport

Dazu zählen Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training oder achtsamkeitsbasierte Programme wie MBSR. «Auch regelmäßiger Ausdauersport – beispielsweise dreimal wöchentlich Joggen – wirkt nachweislich günstig», sagt der Experte.

Da sich in dem Alter bei Frauen oft Belastungen häuften, sei Stressmanagement wichtig. «Viele meiner Patientinnen sind erfolgreiche und sehr belastbare Frauen. Aber jeder Mensch hat nur begrenzte Ressourcen», sagt Maihöfner. 

Häufige Migräneanfälle wirkten sich auf das soziale Leben und den Arbeitsplatz aus. Nur Schmerztabletten zu nutzen, reiche nicht aus. «Das autonome Nervensystem ist aus dem Gleichgewicht geraten – durch Methoden wie Meditation oder gezielte Entspannungsverfahren lässt es sich wieder beruhigen und stabilisieren.» Migräne sei nicht vollständig heilbar, doch in den meisten Fällen könne sie mit der richtigen Behandlung spürbar gebessert werden. 

Körper passt sich an Hormonänderung an

Es muss auch nicht bei der Verschlimmerung der Schmerzanfälle bleiben: «Der Körper passt sich mit der Zeit an niedrigere Östrogenspiegel an – nicht selten bessern sich die Migräneattacken dadurch wieder, auch wenn hierzu bislang keine belastbaren Zahlen vorliegen.»

Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz am Universitätsklinikum Dresden, bestätigt dies. Laut der Generalsekretärin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft bleibt die Migräne jedoch bei etwa 20 bis 30 Prozent der Patientinnen bis ins hohe Alter bestehen.

Bei der Therapie müsse die Situation jeder Patientin betrachtet werden, auch etwaige Begleiterkrankungen. «Man muss fragen, ob regelmäßig Pausen eingebaut werden, eine Entspannungstechnik helfen könnte und ausreichend Sport gemacht wird.» Migräne-Patientinnen brauchten Stabilität, auch in ihrem Alltagsablauf, sagt die Professorin. 

Erster Anlaufpunkt Hausarzt

Migräne sei auch mit Medikamenten behandelbar, so Goßrau. «Es gibt neue und spezifische Therapien, die sehr gut helfen. Sowohl bei der Prophylaxe als auch im akuten Fall. Hier kann und sollte man sich Hilfe holen, erster Anlaufpunkt ist dabei der Hausarzt.» 

Migräne-Patientin Kristina F. aus Frankfurt am Main probiert gerade Magnesium als Prophylaxe aus und testet, ob die Vermeidung einzelner Nahrungsmittel hilft. Viel Wasser trinken, Bewegung, regelmäßiger Schlaf seien wichtig, ist ihre Erfahrung. «Auch wenn das im Alltag nicht immer alles funktioniert.»

«Migräne und Wechseljahre, da hatte ich das Gefühl, bei diesen Themen stehe ich alleine da», sagt sie. «Es braucht einfach mehr ärztliche Fachkenntnis, besonders beim Thema Wechseljahre.»

dpa