Unten drücken, oben scrollen: Die meisten Menschen brauchen offenbar selbst auf der Toilette sitzend noch Unterhaltungsprogramm. Das kann womöglich unangenehme Folgen haben.
Mit dem Smartphone aufs Klo? Ein No-Go für den Po
Es ist wahrscheinlich, dass der Mann, der seit einer Viertelstunde verschwunden ist, wieder einmal auf der Toilette sitzt und am Handy scrollt. Frauen nutzen das Örtchen auch gerne als Rückzugsort und machen eine Pause mit dem Smartphone auf der Porzellanschüssel.
Die meisten Deutschen lassen sich laut aktuellen Daten auch auf der Toilette vom Smartphone ablenken, wie eine Yougov-Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa zeigt. Bei den 25- bis 34-Jährigen nutzen sogar mehr als 80 Prozent ihr Handy, während sie auf der Toilette sitzen. Im Durchschnitt sind es 54 Prozent der Erwachsenen, wobei Männer mit 58 Prozent häufiger das Handy benutzen als Frauen (49 Prozent).
Und die Zeit verfliegt…
Durch soziale Netzwerke wird gescrollt, das Wetter gecheckt, gespielt oder in Dating-Apps geflirtet – und das oft länger als beabsichtigt. Fast die Hälfte der Nutzer (48 Prozent) wurde schon einmal überrascht, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man mit dem Handy auf der Toilette sitzt.
Einige Experten warnen davor, dass zu viel Zeit auf der Toilette ein No-Go für den Po ist. Lange Sitzzeiten können die Entwicklung von vergrößerten Hämorrhoiden begünstigen. Der anhaltend erhöhte Druck auf die Blutgefäße im Bereich des Afters durch die Sitzposition und die Entspannung des Beckenbodens soll die Ursache sein.
Angewohnheit mit unangenehmen Folgen?
Auch eine aktuelle US-Studie schließt auf einen solchen Zusammenhang: Umfrageteilnehmer, die angaben, ihr Smartphone auf der Toilette zu benutzen, hatten ein höheres Risiko für vergrößerte Hämorrhoiden als Nichtnutzer, wie das Team um Trisha Pasricha von der Harvard Medical School in Boston im Fachjournal «PLOS One» berichtet. Einbezogen wurden 125 Erwachsene, bei 43 Prozent von ihnen wurden mittels Koloskopie Hämorrhoiden nachgewiesen.
Von den Umfrageteilnehmern griffen 66 Prozent auf der Toilette zum Smartphone. Von diesen wiederum verbrachten 37 Prozent pro Toilettengang mehr als fünf Minuten auf dem Klo – bei den Menschen ohne Handynutzung waren es nur 7 Prozent.
Experten-Tipp: Timer stellen
«Die Studie untermauert den allgemeinen Ratschlag, Smartphones außerhalb des Badezimmers zu lassen und zu versuchen, nicht länger als ein paar Minuten auf der Toilette zu sitzen», erklärte Pasricha. «Wenn es länger dauert, fragen Sie sich, warum. Lag es daran, dass der Stuhlgang wirklich so schwierig war, oder daran, dass meine Aufmerksamkeit woanders war?» Sich einen Timer zu stellen, könne womöglich helfen.
Der Gastroenterologe Ulrich Tappe aus Hamm hält die Studie allerdings für wenig aussagekräftig. Mit einer Koloskopie ließen sich Hämorrhoidenleiden nur eingeschränkt diagnostizieren, zudem werde der Einfluss bestimmter anderer Faktoren nicht ausgewogen berücksichtigt. Vergrößerte Hämorrhoiden entstünden zudem über längere Zeiträume – nötig sei deshalb eine Langzeitstudie, keine reine Momentaufnahme. «Methodisch ist das einfach schwach.» Der immer wieder mal erwähnte Zusammenhang zwischen Smartphone-Nutzung auf Toilette und Hämorrhoidenleiden bleibe damit weiter spekulativ.
Jeder Mensch hat Hämorrhoiden, die kurz vor dem After sitzende Blutpolster sind und zusätzlich zu den Schließmuskeln abdichtend wirken. Wenn sie dauerhaft vergrößert sind, können sie Schmerzen, Juckreiz und Blutungen verursachen. Die Ursache ist oft eine vermehrte Pressung durch Verstopfung, die wiederum auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen sein kann, wie Tappe erklärt: zu wenig Bewegung, ballaststoffarme Ernährung und Übergewicht zum Beispiel.
Und was ist mit dem Ekelfaktor?
Bei dem Gedanken an Handys auf dem Klo schaudern viele Menschen vor allem aus hygienischen Gründen. Laut einer Yougov-Umfrage reinigen nur knapp zwei Fünftel der Befragten (39 Prozent) ihr Handy nach dem Toilettengang, wobei Frauen dies häufiger tun als Männer (44 versus 33 Prozent).
«Die Handy-Flora spiegelt die Hand-Flora des Besitzers wieder», sagt Markus Egert von der Hochschule Furtwangen. So wie die Hände sollte auch das Smartphone nach dem Toilettengang gereinigt werden, zum Beispiel mit einem alkoholhaltigen Brillenreinigungstuch, erklärt der Mikrobiologe. Handys seien zwar grundsätzlich kein guter Lebensraum für Keime, aber vermehrungsfähige Fäkalkeime könnten trotzdem haften bleiben.
Experten haben auch einen Tipp für Menschen, die auf das stille Örtchen als wertvollen Rückzugsort für kurze Pausen nicht verzichten können: Einfach auf den geschlossenen Toilettensitz setzen.