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Deutsche Krebshilfe: 50 Jahre im Kampf gegen Krebs

Von der Gründung in Bonn bis zur heutigen Unterstützung von Patienten und Angehörigen – ein Rückblick und Ausblick.

Eine unkonventionelle, starke Frau hat die Deutsche Krebshilfe 1974 gegründet. Als Frau des Bundespräsidenten nutzte Mildred Scheel diese Bühnen. Die durch Spenden finanzierte Organisation gibt jährlich Millionen Euro für Forschung, Unterstützung von Kranken und Informationen aus.
Foto: Federico Gambarini/dpa

Die Deutsche Krebshilfe wurde im Jahr 1974 in der Villa Hammerschmidt in Bonn gegründet. Mildred Scheel, die Gründerin, war kurz zuvor mit ihrem Mann, dem damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel, in die Villa am Rhein gezogen. Die neue First Lady wollte ihre Bekanntheit nutzen, um das schwierige Thema Krebs in die Öffentlichkeit zu bringen. Als promovierte Medizinerin hatte sie selbst auf Krebsstationen gearbeitet und wollte etwas verändern. Kurz nach der Wahl ihres Mannes zum Bundespräsidenten rief die unkonventionelle Frau die Deutsche Krebshilfe ins Leben.

Gerd Nettekoven, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Krebshilfe, erinnert sich daran, dass Krebs damals kaum heilbar war und die Versorgungssituation verheerend war. Die Kommunikation von Ärzten mit ihren Patienten über die Diagnose war oft ungeschickt oder brutal direkt, und es gab nur wenige Therapiemöglichkeiten. «Heute können wir die Hälfte der Patienten heilen. Damals war es nur ein Viertel», sagt Nettekoven. Jährlich werden bundesweit etwa 500.000 Krebsneuerkrankungen verzeichnet. Nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Tumorerkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland.

«Ich habe zu viele Menschen, die krebskrank waren, sterben sehen»

Mildred Scheel holte das angstbesetzte Thema in die Öffentlichkeit. «Ich habe zu viele Menschen, die krebskrank waren, sterben sehen und habe auch zu viele Menschen in meiner Praxis erlebt, die zu spät zum Arzt kamen», sagte sie einmal in einem Interview. In ihrer herausgehobenen Funktion warb die Frau des Bundespräsidenten für die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen, setzte sich für Forschung und Hilfen für Erkrankte ein. 

Zu Beginn gab es nur wenige Mitarbeiter. Heute sind mehr als hundert Vollzeitkräfte beschäftigt. Die Organisation informiert in etwa 40 Ratgebern über verschiedene Tumorarten, Sozialleistungen, Unterstützung für Angehörige, Ernährung und Palliativmedizin. Jedes Jahr werden drei Millionen Exemplare dieser blauen Hefte gedruckt. Sie liegen in den Wartezimmern der Ärzte aus oder können direkt bei der Organisation bestellt werden.

Die Krebshilfe finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Nachlässen, ohne öffentliche Gelder oder Spenden der Pharmaindustrie anzunehmen. Im Jahr 2023 betrugen die Einnahmen 157,7 Millionen Euro. Mit diesem Betrag unterstützte die Organisation 177 Initiativen und Projekte zur Verbesserung der Versorgung von Krebspatienten. Sie ist der größte private Geldgeber für die Krebsforschung in Deutschland.

Unterstützung für Patienten und Angehörige

Als eine der wichtigsten Aufgaben sieht die Krebshilfe die Unterstützung von Patienten und Angehörigen an. Ein Härtefonds hilft, wenn Betroffene wegen ihrer Erkrankung in finanzielle Not geraten sind. Das war im vorigen Jahr bei 7.700 Menschen der Fall. Auch Krebs-Selbsthilfeorganisationen werden unterstützt. Beim «Infonetz Krebs» sitzen neun Mitarbeiter von Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr am Telefon. Jedes Jahr wenden sich 11.000 Menschen an diesen Dienst.

Krebshilfe-Chef Nettekoven sieht in der Zukunft die Vernetzung kleiner mit größeren Krankenhäusern als wichtige Aufgaben, um eine gleichwertige Versorgung der Patienten überall zu gewährleisten. Die Förderung der Forschung soll weiterhin intensiviert werden. Ebenso ist die Prävention ein Anliegen: Durch eine erhöhte Teilnahme an Brust- und Darmkrebs-Screenings könnten zahlreiche Krankheiten vermieden oder frühzeitig behandelt werden.

Prävention «ein ganz hartes Brett»

Überhaupt, die Vorbeugung: «Es ist ein ganz hartes Brett, die Prävention in Deutschland breit zu verankern», sagt Nettekoven. Er beklagt Tabakwerbung, E-Zigaretten und Raucherbereiche auf Bahnhöfen. Auf Schulhöfen oder im Außenbereich von Kindergärten fehlten oft Bäume oder ein anderer schattenspendender Schutz gegen pralle Sonne. Rund 40 Prozent aller Krebsneuerkrankungen wären durch eine optimale gesunde Lebensweise vermeidbar, sagen Experten. 

Für ihre Krebshilfe hat die Gründerin viele Hebel in Bewegung gesetzt. Allzu bescheiden war sie dabei nicht. «Unter 100.000 kommen Sie mir nicht weg», habe sie ihre Mutter sagen hören, berichtete die Tochter Cornelia Scheel. Und Nettekoven erinnert sich an Bemerkungen bei der Entgegennahme von Schecks: «Hätte ja auch ein bisschen mehr sein können». 

Tragischerweise starb Mildred Scheel elf Jahre nach Gründung ihrer Organisation selbst an Krebs. Trotz aller Aufklärungsarbeit hatte sie unbedingt verhindern wollen, dass die Erkrankung bekannt wurde. «Dann denken die Leute, dass man bei Krebs ohnehin nichts machen kann, und sie verlieren das Zutrauen in die Vorsorgeuntersuchung», sagte sie zu einer Vertrauten. 

Anne-Sophie Mutter, die berühmte Geigerin, ist heute die Präsidentin der Krebshilfe. Auch sie hat schmerzhafte Erfahrungen mit der Krankheit Krebs gemacht. Ihr Ehemann erkrankte in den 1990er Jahren und verstarb daran. „Wir haben die Erkrankung damals geheim gehalten“, berichtete Mutter. Dies geschah aus Gründen der Privatsphäre, aber auch weil es zu dieser Zeit noch ein Stigma war.

Am 1. Oktober findet in der Berliner Philharmonie eine Benefizveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen der Krebshilfe statt. Die Geigerin Anne-Sophie Mutter tritt auf und spielt.

[Deutsche Krebshilfe: 50 Jahre im Kampf gegen Krebs],[Von der Gründung in Bonn bis zur heutigen Unterstützung von Patienten und Angehörigen – ein Rückblick und Ausblick.]

 

dpa