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Monate fast ohne Regen – Droht ein schlimmer Dürresommer?

Selten hielt eine Dürrephase so lange an wie aktuell. Jungpflanzen haben schwer zu kämpfen. Droht eine Milliardenschäden verursachende Dürrephase, wie sie vor sieben Jahren ihren Lauf nahm?

Die anhaltende Dürre hat zunehmend Folgen für Wald und Landwirtschaft.
Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Die anhaltende Dürre hat zunehmend Folgen für Wald und Landwirtschaft. Beim Anfang April gesäten Mais könnten die Jungpflanzen regional kaum noch Wasser aus dem Boden ziehen und blieben mickrig, erklärt Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Generell seien derzeit vor allem die frisch angelegten Kulturen in Gefahr. «Sie haben noch keine so tief reichenden Wurzeln, und Böden trocknen immer zuerst oben aus.» Im Wald steigt das Risiko für Brände.

Ist die anhaltend sonnige Wetterlage ungewöhnlich?

Ja. Laut Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) fällt seit Monaten im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt sehr wenig Regen. Sollte der Mai ebenfalls überwiegend regenfrei bleiben, könnte das Frühjahr 2025 das trockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 werden. Das bisher trockenste Frühjahr war laut DWD im Jahr 1893 mit nur 85,3 Millimeter Niederschlag, gefolgt vom Frühjahr 2011 mit 89,5 Millimeter.

Laut DWD-Daten fielen im März und April dieses Jahres deutschlandweit 47,3 Millimeter, im Mai bisher etwa 13 Millimeter. Ohne weitere Niederschläge würde die Niederschlagssumme auf etwa 60 Millimeter steigen.

Am Wochenende seien aber vor allem in der Nordosthälfte und um die Wochenmitte vor allem im Süden einzelne Schauer und Gewitter möglich, hieß es vom DWD. Manche Wettermodellläufe deuteten derzeit zudem für die letzte Maiwoche auf deutlich zunehmende Niederschläge. «Somit lässt sich noch nicht abschätzen, ob das Frühjahr 2025 wirklich das trockenste seit Aufzeichnungsbeginn wird», sagt Marx.

Was bedeutet das für die Feuchtigkeit im Boden?

Der UFZ-Dürremonitor zeigt seit vielen Wochen verbreitet Dürre im Oberboden bis 25 Zentimeter Tiefe an, vor allem im Norden und Osten Deutschlands. Speziell sei zum einen, dass die Böden schon im April und damit vergleichsweise früh im Jahr so trocken waren, erklärt Marx, Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros und verantwortlich für den UFZ-Dürremonitor. Zudem halte die Trockenheit schon ungewöhnlich lange an. «Dass der Dürremonitor kurze Zeit tief ins Rot geht, ist nicht ungewöhnlich – dass er das nun schon so lange ist, schon.»

Für die Landwirtschaft ist das kritisch: «Ackerpflanzen leben vor allem vom Wasser aus den oberen Bodenschichten.» Auch die Dürre im Gesamtboden bis etwa 1,8 Meter nimmt in vielen Regionen zu. Damit verbunden lägen die Grundwasserstände in Niedersachsen inzwischen so tief, dass sie sich unabhängig von der weiteren Wetterentwicklung erst nach der Vegetationsperiode ab Oktober wieder stärker erholen können.

Ist inzwischen davon auszugehen, dass Deutschland eine schlimme Sommerdürre bevorsteht?

Keineswegs. Zwar gehen verschiedene Institutionen und auch der DWD davon aus, dass Deutschland ein überdurchschnittlich warmer Sommer bevorsteht. Doch viel Hitze bedeutet nicht automatisch große Dürre, wie Marx betont. «Ein normaler Sommerniederschlag würde Dürreschäden verhindern, große Schäden entstehen erst durch lang andauernde Dürre über Monate.»

Es ist schwieriger, das Feuchtigkeitsniveau einer Jahreszeit für Europa vorherzusagen als die durchschnittlichen Temperaturen. Es gibt derzeit widersprüchliche Vorhersagen darüber, ob der Sommer feuchter oder trockener sein wird als üblich.

Wie schnell könnte sich die Lage entspannen?

Das hängt davon ab. Für Ackerpflanzen könnten Marx zufolge schon 15 bis 30 Millimeter Regen sehr schnell Entspannung bringen – wie sie für die kommenden Tage vor allem für den Osten prognostiziert würden. «Das würde der Landwirtschaft dort schon extrem helfen.» 

Generell könne eine einwöchige Regenphase wochenlange Trockenheit leicht wettmachen. Schon jetzt von Ernteausfällen auszugehen, sei darum weit verfrüht. «Es ist immer noch möglich, dass wir ein ganz normales Ertragsjahr bekommen.»

Heftige Dürrephasen, mehr Hitzeextreme – Verliert Deutschland immer mehr Wasser?

Sehr wahrscheinlich nicht. Obwohl es aufgrund des Klimawandels im Sommer und als Frühjahrstrockenheit häufiger zu anhaltenden Dürren kommt, erklärt Marx, dass auch Starkregen und anhaltende Regenfälle auftreten. Eine Vielzahl von Klimasimulationen deuten darauf hin, dass es in Deutschland wahrscheinlich nicht signifikant trockener wird.

Global betrachtet gelte, dass nasse Regionen eher noch nasser und trockene Regionen eher noch trockener würden. «In Norwegen zum Beispiel wird es feuchter und im Mittelmeerraum trockener – im dazwischen liegenden Deutschland ändert sich mit Blick auf die Gesamtwassermenge vermutlich vergleichsweise wenig.»

Dann ist es doch gar nicht schlimm, wenn es mal anhaltend trocken ist?

„Für den mag das stimmen, wer Eis essen oder im See baden möchte. Wie katastrophal aber wirtschaftliche Folgen sein können, habe die große Dürrephase von 2018 bis 2020 gezeigt, die Schäden in Milliardenhöhe verursachte“, sagt Marx.

Stark betroffen sei die Waldwirtschaft gewesen, weil Schädlinge wie Borkenkäfer und Buchdrucker in den riesigen Fichten-Monokulturen leichtes Spiel hatten. «500.000 Hektar Waldgebiet sind wegen dieser Dürrephase nun baumlos.»

Passiert denn genug, um solche Schäden künftig zu vermeiden?

Experten zufolge leider nicht. Der nötige Wandel werde viel zu langsam und zu halbherzig angegangen, in vielen Bereichen, sagt auch Marx. Das gelte zum Beispiel für die Entsiegelung von Innenstädten. Dabei werden zubetonierte Flächen so umgestaltet, dass Wasser schneller versickern kann – bei Starkregen kann das entscheidend sein, um Überschwemmungen zu verhindern. «Wir müssten viel schneller und konsequenter entsiegeln als wir das bisher tun», warnt Marx.

Auch der Prozess des Waldumbaus von Fichten-Monokulturen zu mehr Mischwald verläuft nur langsam. Dies liegt auch an speziellen Herausforderungen wie dem übermäßigen Bestand an Rehen und anderem Wild in Deutschland, was zu einer starken Verbissrate bei jungen Bäumen führt.

Sind auch Hobbygärtner gefordert, sich anzupassen?

Absolut, wie Marx betont. Viele Leute ziehen es immer noch vor, einzelne Stauden mit viel freiem Boden dazwischen zu sehen. Doch über diese freien Flächen verdunstet sehr viel Wasser, wie Marx erklärt. Angesichts des Klimawandels ist es sinnvoller, Beete dichter zu bepflanzen und das Unkraut zwischen den Blumen auch in trockenen Phasen als Verdunstungssperre stehen zu lassen.

Es wäre auch sinnvoll, Hecken und Bäume zu pflanzen, um mehr Schatten zu schaffen, damit die Sonne weniger Wasser aus dem Boden zieht. Und, Experten betonen immer wieder: Ein kurz geschorener Rasen kann mit Hitze viel schlechter umgehen als einer, der etwas höher wachsen durfte. Eine Wiese sieht auch in Trockenphasen viel besser aus als eine zu staubigem Braun-Gelb verbrannte Rasenfläche, sagt Marx.

dpa