Beeinflusst die Tageszeit unsere Stimmung? Eine britische Studie zeigt, wann Menschen sich am glücklichsten fühlen – und welche Rolle der Wochentag spielt.
Morgens sieht die Welt ganz anders aus
Es könnte sein, dass unsere Stimmung, ob glücklich, erfüllt, zufrieden oder einsam, nicht nur von den Lebensumständen abhängt, sondern auch von der Tageszeit und dem Wochentag. Laut einer britischen Studie ist die Gemütsverfassung der Menschen im Allgemeinen früh am Tag am besten und spät am Abend am schlechtesten.
Wie die Forschungsgruppe des University College London im Fachblatt «BMJ Mental Health» schreibt, sind psychische Gesundheit und Wohlbefinden von Natur aus dynamisch und können sich sowohl über kürzere als auch längere Zeiträume hinweg verändern. Bislang sei jedoch nicht ausreichend untersucht worden, wie sich diese Werte im Laufe des Tages wandeln.
Fast 50.000 Studienteilnehmer
Feifei Bu, Jessica Bone und Daisy Fancourt haben Daten aus der Covid-19-Sozialstudie des University College analysiert, die im März 2020 gestartet ist und bis zu zwei Jahre dauerte. Im Rahmen dieser Studie haben die Teilnehmer regelmäßig Fragebögen ausgefüllt und dabei auch die jeweilige Uhrzeit, den Wochentag und die Jahreszeit angegeben.
Gefragt wurden sie unter anderem «Wie glücklich haben Sie sich in der vergangenen Woche gefühlt?», «Wie zufrieden waren Sie mit Ihrem Leben?» oder «Inwieweit haben Sie die Dinge, die Sie in Ihrem Leben tun, als sinnvoll empfunden?»
Die Forscherinnen haben auch das Alter und Geschlecht der Teilnehmer, ethnische Zugehörigkeit, Bildungsstand, Beschäftigungsstatus, Wohnort und körperliche oder psychische Erkrankungen erfasst. Insgesamt hatten sie Angaben von 49.218 Personen, darunter waren Frauen (76,5 Prozent) sowie Menschen mit höherem Bildungsniveau (68 Prozent) überrepräsentiert. Die Stichprobe wurde daher gewichtet, um die Bevölkerungsanteile widerzuspiegeln.
Morgens Top, abends Flop
Bei der Datenanalyse konnten die Forscherinnen ein bestimmtes Muster im Tagesverlauf feststellen. Generell zeigten die Antworten am Morgen ein höheres Wohlbefinden und gleichzeitig die geringsten Symptome von Angst, Depression oder Einsamkeit. Auch die Anzeichen für Glück, Lebenszufriedenheit und Erfüllung waren zu dieser Tageszeit tendenziell am deutlichsten. Im Gegensatz dazu fielen diese Anzeichen gegen Mitternacht tendenziell am negativsten aus.
Doch nicht nur die Tageszeit, sondern auch der Wochentag scheint eine Rolle zu spielen, wenn auch eine eher kleine. So beobachteten die Wissenschaftlerinnen, dass Glück, Lebenszufriedenheit und Selbstwertgefühl montags und freitags etwas ausgeprägter waren als sonntags. Die Hinweise auf gefühlte Einsamkeit schienen jedoch unabhängig vom jeweiligen Wochentag zu sein. Und: Die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden variierten an Wochenenden stärker als unter der Woche.
Der Einfluss der Jahreszeit war nicht überraschend: Im Vergleich zum Winter zeigten Menschen in den anderen Jahreszeiten tendenziell ein geringeres Maß an Einsamkeit sowie weniger Symptome von Angst oder Depression. Gleichzeitig waren die Werte für Glück, Lebenszufriedenheit und das Gefühl eines lebenswerten Lebens in diesen Jahreszeiten höher. Die tageszeitlichen Muster waren jedoch über alle Jahreszeiten hinweg ähnlich.
Ursachen für die tageszeitlichen Muster sind nicht klar
Wie Bu, Bone und Fancourt selbst bestätigen, ist es eine reine Beobachtungsstudie, die keine Erklärungen für die beschriebenen Muster liefert. Außerdem könnte der Zeitpunkt, zu dem die Teilnehmer die Fragebögen ausgefüllt haben, die Ergebnisse beeinflusst haben. Auch Schlafzyklen, Breitengrad oder das Wetter könnten sich ausgewirkt haben – zu diesen Faktoren hatten die Forscherinnen jedoch keine Informationen.
Wie die Autorinnen mutmaßen, könnten die tageszeitlichen Muster durch physiologische Veränderungen im Zusammenhang mit der Körperuhr erklärt werden. Zum Beispiel erreiche der Spiegel des Stresshormons Cortisol kurz nach dem Aufwachen seinen Höchststand und seinen Tiefststand um die Schlafenszeit, schreiben sie. «Es ist jedoch wichtig, die Unterschiede zwischen Wochenenden und Wochentagen zu berücksichtigen.»