Selbst wer auf Schokolade verzichtet, nimmt oft unbemerkt viel Zucker zu sich – auch über herzhafte Snacks. Häufig steckt mehr davon in Alltagsprodukten als vermutet.
Müsli, Bowl & Co: Wo Zuckerfallen im Alltag lauern

Schokoküsse, Cola, Kekse oder Nussnugatcreme: Die meisten Menschen sind sich bewusst, dass diese Lebensmittel viel Zucker enthalten. Personen, die auf ihre Gesundheit achten, auf ihre Figur achten oder abnehmen möchten, meiden solche kalorienreichen Produkte. Es gibt jedoch auch Produkte, bei denen dies nicht sofort erkennbar ist – zum Beispiel, weil sie nicht süß, sondern herzhaft schmecken.
Wer sich für vermeintlich leichte Lebensmittel entscheidet, kann leicht in die Zuckerfalle tappen. Versteckter Zucker ist eine tägliche Herausforderung bei jeder Mahlzeit – nicht nur für Diabetiker. Viele konsumieren wahrscheinlich mehr davon, als ihnen bewusst ist. Zucker enthält keine Vitamine und Mineralstoffe, liefert jedoch unnötige Kalorien.
Schon beim Frühstück lauern Fallen
Viele Menschen bevorzugen am Morgen scheinbar gesunde Lebensmittel wie Müsli mit Joghurt, Smoothies oder getoastetes Vollkornbrot mit Marmelade oder Honig. Allerdings enthalten Frühstücksflocken, aromatisierte Joghurts oder Fruchtdrinks oft zugesetzten Zucker, der nicht sofort erkannt wird.
Milch und Milchprodukte können als wichtige Nährstofflieferanten einen wertvollen Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung darstellen, aber auch sie können heimliche Fallen sein. Milchprodukte enthalten von Natur aus Zucker (Vollmilch etwa 4,7 Gramm pro 100 Milliliter), manche sind jedoch – wie auch pflanzliche Alternativen – zusätzlich gesüßt. Ein halber Liter Milchmischgetränk kann bis zu 15 Stück Würfelzucker enthalten.
Auch ein Smoothie hat seine Tücken. Denn in dem Getränk kommt viel Obst zusammen, das die meisten in natürlicher Form wohl nicht in derselben Menge essen würden. 25 Gramm Zucker können durchaus in 200 Millilitern stecken. Genauso bei den Frühstückssäften: Nach Angaben etwa der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) können etwa über 200 Milliliter Apfelsaft bis zu 34 Gramm Zucker in den Körper gelangen.
Wie viel wir täglich zu uns nehmen sollten
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Menschen mit gesundem Körpergewicht, täglich nicht mehr als 50 Gramm freien Zuckers zu konsumieren, idealerweise sogar weniger als 25 Gramm (sechs Teelöffel). Freier Zucker wird gezielt Lebensmitteln zugesetzt oder aus natürlichen Lebensmitteln – etwa durch Entsaften – freigesetzt. Das natürliche Vorkommen in Früchten zählt jedoch nicht dazu. Daher ist Obstsaft freier Zucker, Obst hingegen nicht.
Der Ernährungsforscher Stefan Kabisch von der Berliner Charité hält einen solchen Grenzwert für nicht ganz passend, gerade weil er sich nur auf freie Zucker beziehe. Der WHO-Wert suggeriere: «Solange ich den Zucker in einem natürlichen Lebensmittel esse, kann ich so viel essen, wie ich will. Aber das ist eben auch nicht wahr.» Es seien ja die gleichen Kalorien.
Der Nationalen Verzehrsstudie II (2005 – 2007) zufolge nehmen in Deutschland Männer im Schnitt täglich 78 Gramm und Frauen 61 Gramm freie Zucker auf. Auch wenn die Studie schon älter ist, sei das «das Repräsentativste, was wir für Deutschland haben», sagt Kabisch. «In der Größenordnung wird es auch heute noch sein, inklusive anderer Zuckerquellen 90 bis vielleicht 100 Gramm pro Tag.»
Eine schnelle Mahlzeit kann eine Gefahr sein
Einige Leute gehen gerne mittags schnell ins Restaurant nebenan. Doch bei jeder Mahlzeit, die von jemand anderem zubereitet wird, fehlt die Kontrolle darüber, was darin enthalten ist. Das gilt auch für vermeintlich gesunde Gerichte wie Bowls oder Salate. Zucker kann sich nämlich auch in Dressings und Dips verstecken.
Die Verbraucherzentrale Bayern hat im Frühjahr 2024 beliebte To-go-Gerichte überprüft. Ergebnis: Einige der vermeintlich gesunden Snacks enthielten einen beträchtlichen Anteil der empfohlenen Tageshöchstmenge an zugesetztem Zucker. Eine der Bowls in der Stichprobe enthielt mehr als 25 Gramm, ein Salat sogar 34 Gramm.
Wer wenig Zeit hat, greift auch gerne zu Fertiggerichten. Sie sind oft praktisch, verzehrfertig und lange haltbar. Doch viele solcher hochverarbeiteten Lebensmittel, die teilweise durch umfangreiche industrielle Prozesse hergestellt werden, enthalten neben Salz, ungünstigen Fetten sowie verschiedenen Zusatzstoffen typischerweise auch viel Zucker. Dieser wird nämlich oft zur Geschmacksverstärkung zugesetzt, aber auch um die Konsistenz zu verbessern oder als Konservierungsmittel die Haltbarkeit zu verlängern.
Eine Untersuchung unter Briten ergab im Jahr 2019: Wenn man auf stark verarbeitete Lebensmittel verzichtet, könnte die Aufnahme von übermäßigem freiem Zucker möglicherweise um fast die Hälfte reduziert werden.
Die Falle der Zwischensnacks
Wenn sich zwischendurch der kleine Hunger meldet, greifen einige zu Protein- oder Müsliriegeln. Doch auch die sind in der Regel verarbeitete Produkte, die mit einer naturbelassenen Ernährung wenig zu tun haben. «Man kann sich nicht darauf verlassen, dass eine bestimmte Lebensmittelkategorie potenziell gesund ist. Zucker kann in sehr untypischen Produkten vorkommen», so Kabisch.
Frisches Obst und rohes Gemüse sind die bessere Zwischenmahlzeit. Auch Nüsse sind reich an Ballaststoffen und Eiweiß. Langes Kauen macht zudem lange satt. Beim Obst sind reife Bananen besonders zuckerhaltig, Äpfel und Birnen liegen ungefähr im Mittelfeld. «Am besten wären Beeren», erklärt der Charité-Wissenschaftler. «Himbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren, Blaubeeren.» 100 Gramm Himbeeren haben weniger als fünf Gramm Zucker.
Warum ein Limit gesetzt werden sollte
Wer eine große Menge Zucker konsumiert, erhält zwar viel Energie, aber kaum wichtige Nährstoffe. Dies erhöht das Risiko, insgesamt zu viele Kalorien zu sich zu nehmen und dadurch Übergewicht oder sogar Adipositas, also Fettleibigkeit, zu entwickeln.
Das sind bedeutende Risikofaktoren etwa für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes. «Wir sehen auch eine Verknüpfung von Adipositas mit Depressionen, Demenz, verschiedenen Krebserkrankungen oder Schlafapnoe, bei der nachts mehrfach der Atem aussetzt», sagt Kabisch. «Zucker ist dabei nicht die alleinige, aber durchaus eine relevante Ursache.» Zu viel Zucker kann außerdem Karies verursachen und die Zähne schädigen.
Es existieren daher gute Argumente, um ein gesundes Gewicht zu bewahren oder anzustreben. Und der Verzicht auf Zucker wäre ein erster Schritt.








