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Nepalesischer Bergführer besteigt Mount Everest zum 30. Mal

Der Bergführer Kami Rita Sherpa stand schon 30 Mal auf dem höchsten Punkt der Welt. Das ist Weltrekord. Aber am Mount Everest habe sich viel verändert, beklagt er.

Seit 1994 hat Kami Rita Sherpa fast jedes Jahr den Mount Everest bestiegen - inzwischen 30 Mal.
Foto: Niranjan Shrestha/AP/dpa

Der Bergführer Kami Rita Sherpa aus Nepal hat bereits vielen Menschen geholfen, ihren Lebenstraum zu verwirklichen: Er hat sie auf den Mount Everest geführt, den höchsten Berg der Welt – und damit einen neuen Weltrekord aufgestellt. Am Mittwochmorgen um 7.49 Uhr erreichte er zum 30. Mal den Gipfel in 8849 Metern Höhe – öfter als jede andere Person vor ihm, wie ein nepalesischer Beamter, der sich derzeit im Everest-Basislager befindet, der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Trotzdem gibt sich der 54-Jährige bescheiden. «Es ist mir nie um die Rekorde gegangen», sagte er im Vorfeld der Deutschen Presse-Agentur. «Ich ernähre so einfach meine Familie.» Die Bergsteigerei sei für ihn einfach nur ein Job.

Kami Rita Sherpa gehört zur ethnischen Gruppe der Sherpa, die im Himalaja-Gebirge lebt. Und wie viele von ihnen stammt er aus einer Bergführerfamilie. Im Alter von 24 Jahren stand er zum ersten Mal auf dem Mount Everest. Damals, vor drei Jahrzehnten, sei die Bergsteigerwelt noch eine andere gewesen, sagte der Mann mit einem von Wetter gegerbten Gesicht etwas wehmütig. «Es gab wenige Expeditionen und wir Sherpas mussten uns mit harter Arbeit beweisen, um als Bergführer angeheuert zu werden», sagte er. Damals seien erfahrene Alpinistinnen und Alpinisten unterwegs gewesen, erzählte er. Leute, die neue Routen entdecken wollten und die monatelang mit wenigen Sherpas und Yaks auf holprigen Pfaden unterwegs gewesen seien, um überhaupt das Basislager zu erreichen.

All-Inclusive-Reisen zum Dach der Welt

Heute hingegen ist der Extremsport ein großes Business. Immer mehr Expeditionsfirmen bieten All-Inclusive-Reisen zum Dach der Welt an, die in der Regel 50.000 bis 100.000 Euro pro Person kosten. «Du kannst direkt mit dem Hubschrauber im Basislager landen und dort jedes Gericht bestellen, das du auch in einem Fünf-Sterne-Hotel in der Hauptstadt Kathmandu kriegst», sagte Kami Rita Sherpa. «Wenn du Geld hast, erhältst du im Basislager eine angenehme Unterkunft, Internetverbindung und medizinische Versorgung.»

Die Pauschalangebote beinhalten auch Ausrüstung, Sauerstoffflaschen, Unterkunft und ein Sherpa-Team, das die Route führt, Gepäck trägt und kocht, sowie eine Gebühr für eine behördliche Besteigegenehmigung. Ausländische Gäste können sich in vielen Hotels und Teehäusern an die dünne Luft in der Höhe gewöhnen, und ihre Expeditionen dauern nur noch halb so lang wie damals, mit Anreise und Akklimatisierung etwa 45 Tage, sagte Sherpa.

Wer heutzutage zum ersten Mal den Mount Everest in der Hauptsaison im Frühling besteigen will, hat inzwischen doppelt so hohe Erfolgschancen wie noch vor etwa 20 Jahren, berichten US-Forscher im Fachjournal «PLOS One». Und die Sterberate blieb demnach nahezu unverändert.

300 bis 400 Gipfelstürmer im Jahr

Dank der Unterstützung der Sherpas schaffen es nun jedes Jahr 300 bis 400 Ausländer zum höchsten Selfie-Punkt der Welt – Abenteurer, Monarchen, Milliardäre und viele Rekordjäger. Auch ein 80-jähriger Japaner, ein 13-jähriger Amerikaner sowie mehrere amputierte und blinde Personen haben diesen Ort bereits besucht.

«Bergsteiger müssen heutzutage nicht mehr hart arbeiten», konstatierte Kami Krita Sherpa. «Sie können sich einfach den Seilen entlanghangeln, die Sherpas entlang der ganzen Route verankert haben.» Insgesamt standen nach Angaben des Expeditionsarchivs «Himalayan Database» mehr als 6600 Menschen 12.000 Mal auf dem Gipfel. Sie hinterließen kaputte Zelte, leere Sauerstoffflaschen, Essensverpackungen und anderen Abfall, der dem Berg traurige Berühmtheit als höchstgelegene Müllhalde der Welt verschafft hat.

«Es ist gut, dass der Mount Everest jetzt so beliebt ist», sagt Kami Rita Sherpa. «Mehr Tourismus hilft uns allen.» Aber die Tatsache, dass immer mehr Menschen ohne jegliche Erfahrung das große Abenteuer am Berg suchen, beunruhigt ihn: «Sie riskieren ihr Leben – und das von anderen.» Auch von Sherpas wie ihm. «Man braucht trotz alledem gewisse Fähigkeiten, eine gute Gesundheit und Glück, um die Kälte, die dünne Luft, Lawinen und andere Gefahren zu überleben.»

Berg des Todes

Einige Abenteurerinnen und Abenteurer holen sich Frostbeulen oder sie bekommen anschließend Zehen amputiert. Und wer nach oben will, muss an Leichen vorbei. Dutzende Körper sind nie geborgen worden – auch weil dies teuer ist. Insgesamt sind nach Daten der «Himalayan Database» mehr als 300 Menschen bislang auf dem Berg gestorben – mehr als ein Drittel davon Sherpas. Sie müssen die großen Lasten schleppen und damit häufiger zwischen den vier Höhenlagern auf- und absteigen als ihre Kundinnen und Kunden, die hingegen oft mehr Ruhm und Anerkennung in Form von Sponsoring oder Bücherverträgen kriegen.

Kami Rita Sherpa sagte, dass viele Sherpa-Bergführer inzwischen ihren Job aufgeben und nach Alternativjobs suchen würden – beispielsweise als Bergführer im Ausland oder in einem völlig anderen Beruf. Trotz einer Bezahlung von umgerechnet knapp 3000 Euro bis mehr als 10.000 Euro je nach Erfahrung pro Saison seien die hohen Risiken für viele Bergführer einfach nicht wert, ihr Leben zu riskieren.

Und falls etwas passieren würde, wäre die Familie nicht gut versichert. Um die Nachfrage im Bergsteigerbusiness zu befriedigen, würden Expeditionsfirmen heutzutage Bergführer und Gepäckträger mit wenig oder keiner Erfahrung einstellen, sagte er. Das sei ein beunruhigender Trend. Er selbst plant, so lange auf den Mount Everest zu steigen, wie es seine Gesundheit zulässt. Aber er rät seinen Kindern, einen anderen Beruf zu ergreifen. Seine Tochter Pasang studiert Informatik, sein Sohn Lakpa Tourismusmanagement.

dpa