Internationales Forscherteam entdeckt hohe Rate von Antikörpern gegen den Erreger in Blutproben aus fünf Ländern. Starke regionale Unterschiede und steigende Infektionszahlen besorgniserregend.
Studie enthüllt: Oropouche-Virus weit verbreitet in Lateinamerika
Das Oropouche-Virus ist in Lateinamerika weit verbreiteter als bisher angenommen. In einer Studie aus Bolivien, Kolumbien, Costa Rica, Ecuador und Peru fand ein internationales Forscherteam in 6,3 Prozent von mehr als 9.400 Blutproben Antikörper gegen den Erreger. Somit hatte dort mindestens jeder 16. Mensch schon einmal im Leben diese Infektion, erläuterte Ko-Autor Jan Felix Drexler.
Der Leiter der Arbeitsgruppe Virusepidemiologie an der Berliner Charité geht davon aus, dass vermutlich mehr als 6,3 Prozent der Bevölkerung bereits Kontakt zu dem Virus hatten. «Wir wissen nicht, wie lange die Antikörper anhalten.»
Zudem gab es starke regionale Unterschiede, wie das Team im Fachjournal «The Lancet Infectious Diseases» schreibt: Während in Costa Rica im Schnitt etwa 2 Prozent der Proben Antikörper gegen den Erreger aufwiesen, waren es in Ecuador 5 Prozent und in den Amazonasgebieten mehr als 10 Prozent. Die Blutproben stammten aus den Jahren 2001 bis 2022.
Die Symptome des Oropouche-Virus (OROV) ähneln denen von Dengue- oder Chikungunya-Fieber: Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Übelkeit und Durchfall, mitunter auch Hautausschläge. In seltenen Fällen kommt es zu schweren Verläufen. Zudem gibt es Hinweise auf eine mögliche Schädigung ungeborener Kinder. Eine spezifische Behandlung oder Impfung gibt es bisher nicht.
Seit Ende 2023 schnellen die Zahlen in die Höhe
Das Virus, das seit den 1950er Jahren bekannt ist, wird in Lateinamerika von verschiedenen Mückenarten übertragen. Lange Zeit wurden nur wenige Fälle pro Jahr gemeldet, weil wenig getestet wurde. Seit Ende 2023 ist die Zahl der Infektionen auf mehr als 20.000 Fälle pro Jahr gestiegen. Die Gründe dafür sind unklar.
Die Wissenschaftler um Drexler sind der Meinung, dass Klimafaktoren wie Regen und Temperatur eine bedeutende Rolle spielen. Die heftigen Niederschläge im letzten Jahr in einigen Teilen Südamerikas könnten zu einer Zunahme der Mückenpopulation und somit zur Verbreitung des Virus beigetragen haben.
Schwangere sollten Notwendigkeit einer Reise kritisch abwägen
Reisende in die Region sollten sich laut des Robert Koch-Instituts (RKI) konsequent vor Stichen schützen – beispielsweise durch das Tragen von langer Kleidung, Verwendung von Insektenabwehrmitteln und ein besonders feinmaschiges Moskitonetz. Schwangere sollten möglicherweise laut RKI auf Reisen in Ausbruchsgebiete verzichten. Das Auswärtige Amt rät ebenfalls Schwangeren, die Notwendigkeit einer Reise kritisch zu überdenken.
Laut RKI wurden in Deutschland bisher vier Fälle von Oropouche-Fieber gemeldet: drei im Jahr 2024, einer in diesem Jahr. Alle Betroffenen sind Reiserückkehrer aus Mittel- und Südamerika. Es gab bisher keine Übertragung des Virus im Inland.