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Pharmahersteller will Zulassung von Abnehmpille beantragen

Eine neue Wirkstoffgruppe hilft bei Diabetes und Fettleibigkeit. Bisher gab es solche Medikamente überwiegend als Spritze. Nun legt ein Hersteller Daten zu einer Abnehmpille vor.

Übergewichtigen Menschen könnte mit der neuen Abnehmpille geholfen werden. (Archivbild)
Foto: Franziska Kraufmann/dpa

Die Nachfrage nach Abnehmspritzen wie Wegovy ist hoch – im nächsten Jahr könnte eine Abnehmpille auf den Markt kommen. Eli Lilly hat Ergebnisse einer Phase-3-Studie zu Orforglipron vorgestellt und plant, bis Ende des Jahres die Zulassung zu beantragen. Laut Unternehmen soll die Tablette eine Alternative zu den Injektionstherapien bieten. Die Resultate sind noch nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden.

Bei Orforglipron handelt es sich – wie bei den bereits zugelassenen Spritzen – um sogenannte GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA). Sie werden zur Behandlung von Typ-2-Diabetes und sind teils auch zur Behandlung von Fettleibigkeit und Übergewicht zugelassen. Die Medikamente aus der relativ neuen Wirkstoffklasse sind sehr beliebt.

Studienteilnehmer verloren 12,4 Prozent ihres Gewichtes

In der Phase-3-Studie wurde Orforglipron nach Angaben des Unternehmens Eli Lilly bei 3.127 Erwachsenen mit Adipositas oder krankhaftem Übergewicht, aber ohne Diabetes untersucht. Es musste einmal täglich eingenommen werden, wobei Dosierungen zwischen 6 und 36 Milligramm getestet wurden. Bei der höchsten Dosierung verloren die Teilnehmer nach 72 Wochen durchschnittlich 12,4 Prozent ihres Gewichts. Diejenigen, die ein Placebo erhalten hatten, nahmen 0,9 Prozent ab.

Laut den Angaben waren die häufigsten Nebenwirkungen Übelkeit, Verstopfung, Durchfall und Erbrechen. Auch Magen-Darm-Beschwerden werden als Nebenwirkungen der Abnehmspritzen genannt.

Obwohl das orale Medikament Rybelsus bereits auf dem Markt ist, ist es nur zur Behandlung von Diabetes Typ 2 und nicht zur Gewichtsabnahme bei krankhaftem Übergewicht zugelassen. Studien haben gezeigt, dass mit diesem Präparat, das vom dänischen Hersteller Novo Nordisk stammt, eine Gewichtsabnahme von etwa 15 Prozent erreicht werden kann.

Diabetologe hält neue Pille nicht für «Durchbruch»

Fachleute reagieren auf die Resultate zurückhaltend: «Ist das der Durchbruch bei der Adipositasbehandlung? Wohl eher nicht, denn die grundsätzlichen Probleme der GLP-1 basierten Gewichtsabnahme werden sich durch eine orale Gabe nicht ändern», sagte Stephan Martin, Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ). Ein Problem sei der Jo-Jo-Effekt beim Absetzen der Medikamente. Ob man einen Wirkstoff einmal die Woche spritze oder täglich als Tablette nehme, spiele dabei eine untergeordnete Rolle. 

Der Stoffwechselmediziner Stefan Kabisch vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) kritisierte, in der Studie sei die Therapie mit der Abnehmpille lediglich mit einem Placebo verglichen worden. Es gebe aber auch «hochwirksame Ernährungstherapien». Diese seien unter gleichen Bedingungen ebenfalls in der Lage, einen solch starken Gewichtsverlust zu erzielen.

Übergewicht begünstigt viele chronische Krankheiten

Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) sind Übergewicht und Adipositas Mitursache für viele Beschwerden und können die Entwicklung von chronischen Krankheiten wie Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Die Zunahme von Adipositas bei Menschen in Deutschland führt zu beträchtlichen Kosten für das Gesundheits- und Sozialsystem aufgrund der damit verbundenen Folgeerkrankungen. Im Jahr 2019 waren in Deutschland mehr als die Hälfte der Erwachsenen übergewichtig oder adipös.

Die Abnehmspritzen sind auch unter diesen Umständen sehr gefragt. Vor einem Jahr hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf vorübergehende Lieferengpässe hingewiesen. Apotheker berichteten zudem von Rezeptfälschungen, um an solche Präparate zu gelangen.

dpa