Bisher gab es vereinzelte Hinweise – nun bestätigt eine globale Studie: Die Menge des Phytoplanktons in den Meeren geht zurück. Dafür gibt es einen klaren Grund.
Phytoplankton-Menge in den Ozeanen nimmt ab
Die Menge von Phytoplankton – winzigen grünen Algen – in den Ozeanen geht zurück. Eine Studie findet für den Zeitraum von 2001 bis 2023 in einigen Meeresregionen zwar auch eine Zunahme, doch global betrachtet ist der Trend rückläufig. Das pflanzliche Plankton – dazu zählen neben Grünalgen und Kieselalgen unter anderem auch Cyanobakterien – ist eine Grundlage der Nahrungskette im Meer, wie das Team um Hongwei Fang von der Tsinghua Universität in Peking in der Fachzeitschrift «Science Advances» berichtet.
Die Marines Phytoplankton tragen maßgeblich zur Produktivität der Biosphäre bei und spielen eine entscheidende Rolle im Kohlenstoffkreislauf der Meere und im Klimasystem der Erde, so die Studienautoren. Allerdings bestehen große Lücken bei der Erfassung des Phytoplanktons. Viele Satellitendaten enthalten keine Farbdaten der Ozeane, zum Beispiel aufgrund von Wolkenbedeckung und Sonnenreflexion. Daher haben Fang und seine Kollegen die vorhandenen Daten um Messwerte direkt aus den Meeren ergänzt und auch künstliche Intelligenz (KI) verwendet.
Sie haben ein Modell zur Masse des Phytoplanktons erstellt, das tägliche Daten für den Zeitraum von 2001 bis 2023 und eine hohe räumliche Auflösung zwischen den 45. Breitengraden der Nord- und Südhalbkugel verwendet. Dies entspricht ungefähr der Breite von Bordeaux im Norden und dem südlichen Zipfel von Tasmanien im Süden. Weder Nord- noch Ostsee liegen innerhalb dieses Bereichs, auch das Mittelmeer wurde in der Studie nicht berücksichtigt.
Algenblüten meist in Verbindung mit menschlichen Aktivitäten
Gemessen wurde die Menge an Chlorophyll A, dem wichtigsten Stoff für die Photosynthese von Phytoplankton. Die Auswertungen zeigten, dass die Konzentration dieses Stoffes im weltweiten Durchschnitt während des Untersuchungszeitraums um 0,00035 Milligramm pro Kubikmeter und Jahr abnahm. An Küstenbereichen, insbesondere an Flussmündungen, betrug der Rückgang sogar 0,00073 Milligramm – also mehr als das Doppelte. Die Anzahl von Ereignissen mit hoher Chlorophyll-A-Konzentration – also Algenblüten – verringerte sich um knapp 1,8 Prozent.
Die Entwicklung war jedoch nicht einheitlich. Algenblüten haben beispielsweise von 2001 bis 2023 um die Kanarischen Inseln sowie an der nordbrasilianischen und nordostaustralischen Küste zugenommen. Die Forscher geben jedoch an, dass diese Algenblüten hauptsächlich mit menschlichen Aktivitäten in Verbindung standen, wie z.B. Entwaldung und Waldbränden im Amazonasgebiet, die zu einem verstärkten Eintrag von Nährstoffen führten.
Ursache ist zunehmende Wärme
Anhand verschiedener Meeresregionen machen die Forscher deutlich, dass die Konzentrationen von Chlorophyll A umso niedriger sind, je höher die Wassertemperaturen an den Meeresoberflächen waren. Vor allem deshalb führen sie die festgestellte Entwicklung auf den Klimawandel zurück. «Diese Trends werden hauptsächlich durch steigende Meeresoberflächentemperaturen verursacht, die die Ozeanschichtung verstärken, den Nährstoffauftrieb unterdrücken und das Wachstum des Phytoplanktons begrenzen», schreiben sie.
Denn da sich die Meere an der Oberfläche schneller erwärmen als in tieferen Schichten, entstehen vermehrt rigide Schichten, die den Aufstieg von kaltem, nährstoffreichem Wasser behindern oder verhindern. Dies hat Auswirkungen auf die Nährstoffversorgung des Phytoplanktons.
Prochlorococcus-Bestand könnte sich bis 2100 halbieren
Die Ergebnisse der Studie entsprechen einer Untersuchung, die Anfang September veröffentlicht wurde. Laut dieser könnte sich der Bestand des wichtigsten Organismus des Phytoplanktons, Prochlorococcus, bis zum Jahr 2100 in tropischen Ozeanen um die Hälfte reduzieren.
Wie das Team um François Ribalet von der University of Washington in Seattle im Fachjournal «Nature Microbiology» schrieb, steigt die Vermehrung von Prochlorococcus bis zu einer Wassertemperatur von 28 Grad Celsius an, fällt bei höheren Temperaturen jedoch steil ab. In tropischen Meeresregionen könnten solche höheren Wassertemperaturen bei mäßigem bis hohem Treibhausgasausstoß in den kommenden Jahrzehnten immer häufiger erreicht werden.