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Prozess um getötete 14-Jährige aus Bad Emstal

Ein 21-Jähriger soll eine 14 Jahre alte Freundin ermordet haben, um sich sexuell zu befriedigen. Zum Prozessauftakt in Kassel gibt er zu, sie gewürgt zu haben. Töten habe er sie nicht wollen.

Die 1. Große Jugendkammer des Landgerichts Kassel vor Beginn der Verhandlung im Fall einer getöteten 14-Jährigen aus Bad Emstal.
Foto: Nicole Schippers/dpa

Der Angeklagte hat am Dienstag vor dem Landgericht Kassel ruhig und nüchtern über den Tatabend berichtet. Knapp acht Monate nach dem gewaltsamen Tod einer 14-Jährigen aus dem nordhessischen Bad Emstal gab der 21-jährige Bekannte der Jugendlichen zu Beginn des ersten Verhandlungstags zu, die Schülerin bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt zu haben, nachdem er mit ihr in einen Streit geraten war. “Töten habe er sie aber nicht wollen”, sagte er.

Die Anklage wirft ihm vor, die Jugendliche getötet zu haben, um sexuelle Befriedigung zu erlangen. Außerdem wird ihm vorgeworfen, durch die Tat die Störung der Totenruhe ermöglicht zu haben. Es wird behauptet, dass der Angeklagte nach dem Mord die Leiche sexuell motiviert berührt, gefilmt und fotografiert hat.

Die 14-Jährige wurde am 28. September des letzten Jahres tot am Rand eines Feldwegs in Bad Emstal (Landkreis Kassel) gefunden, unter Baumstämmen liegend bei einer Hütte. Sie war seit dem Vorabend vermisst. Der Angeklagte wurde bereits einen Tag nach dem Fund des Mädchens wegen des dringenden Verdachts des Mordes festgenommen. Der deutsche Staatsangehörige, der angibt arbeitslos zu sein und mit dem Handel von Waffen und Drogen Geld verdiente, sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Da er zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt und damit ein Heranwachsender war, ist eine Jugendkammer des Landgerichts Kassel für den Fall zuständig.

Das Opfer und ihn habe eine jahrelange Freundschaft verbunden, berichtete er am Dienstag. Eine Liebesbekundung seinerseits habe das Mädchen in der Vergangenheit zurückgewiesen. Später habe sie sich in ihn verliebt. Er habe eine Beziehung aber abgelehnt, weil ihre Eltern den Kontakt zwischen den beiden verboten hätten. Es würde sonst nur wieder Ärger gegeben, habe er ihr erklärt. «Dann waren wir einfach beste Freunde.»

Am Abend der Tat hätten sie sich heimlich getroffen, auf einer Bank gesessen, geredet und mehrere Joints geraucht, erklärte der Beschuldigte. Um nicht gemeinsam gesehen zu werden, sei das Mädchen schließlich vorausgegangen. Dabei hätten sie telefoniert. Plötzlich habe sie in Panik um Hilfe geschrien. Er sei ihr gefolgt, um nach ihr zu sehen. Im Bereich der Hütte sei sie dann aus einem Gebüsch gesprungen, um ihn zu erschrecken. Dadurch seien sie in Streit geraten.

«Ich habe ihr gesagt, dass das überhaupt nicht geht in meinen Augen. Das war nicht lustig», erklärte er. Schließlich sei er in der Vergangenheit schon selbst verfolgt worden. So sei er sechs Monate vor der Tat Opfer einer Entführung geworden. Ein Mann habe ihn drei Tage lang gefangen gehalten und sexuell missbraucht. Nachdem er entkommen sei, habe er geplant, den Mann zu töten. Seine 14-jährige Bekannte habe von der Entführung und den Tötungsplänen gewusst. Sie habe sich über den Vorfall mehrfach lustig gemacht und damit gedroht, zur Polizei zu gehen. 

Der Streit am Tatabend habe sich hochgeschaukelt, so der Angeklagte. Die Jugendliche habe ihn dabei «geschubst, bespuckt und aufs Übelste beleidigt. Und dann Kurzschlussreaktion». Er habe sie ebenfalls geschubst. Sie sei gefallen und mit dem Hinterkopf auf einen Baumstamm aufgeschlagen. Er habe sich neben das Mädchen gebeugt und sie mit beiden Händen gewürgt. «Sie hat um sich geschlagen und versucht, mich abzuwehren», berichtete er. Als die 14-Jährige bewusstlos geworden sei, habe er von ihr abgelassen. «Meines Erachtens hat sie da noch geatmet.»

Anschließend habe er die Schülerin teilweise entkleidet und Film- und Fotoaufnahmen von ihr gemacht. Mit ihnen habe er sie erpressen wollen, «damit sie nicht zur Polizei geht, wenn sie wieder aufwacht.» Danach habe er sie wieder angezogen – nur ihren BH habe er behalten – und sie mit umher liegenden Baumstämmen bedeckt. Die Absicht, seine Bekannte zu töten, bestritt der Angeklagte zum Prozessauftakt.

Die Auswertung seiner Mobilfunkdaten habe ergeben, dass der 21-Jährige wenige Tage vor der Tat auffällige Google-Suchanfragen gestellt habe, berichtete eine Ermittlerin. «Er hat sich damit beschäftigt, wie man jemanden umbringen kann, wie lange man jemanden würgen muss, bis er tot ist.» Zudem habe er recherchiert, wie man Fingerabdrücke vermeiden könne. Auch habe er vermehrt pornografische Filme konsumiert, die sich mit Vergewaltigungen junger Mädchen befasst hätten. Soziale Kontakte habe er laut der Datenauswertung nur wenige gehabt. Für sein Opfer habe er eine Art Obsession entwickelt, sagte die Polizistin. «Es war offensichtlich, dass er eine starke Neigung zu ihr hatte.» 

Auf den Aufzeichnungen auf seinem Smartphone sei zu sehen, wie er den Leichnam des Mädchens an den Brüsten, am Po und im Intimbereich berührte. Dabei habe er Einmalhandschuhe getragen, schilderte die Beamtin. «Die habe ich immer in meiner Tasche», entgegnete der Anklagte, der bereits zuvor polizeibekannt war, auf die Frage des Vorsitzenden Richters, woher diese stammten. «Für den Fall, dass ich etwas in die Hand nehme wie einen Schlagstock oder ein Messer, wo meine Fingerabdrücke nicht drauf sein sollen.» Dann ziehe er vorher immer seine Handschuhe an.  

dpa