Von Otto Lilienthal bis SpaceX: Als erste deutsche Frau im All könnte auch eine Berlinerin in Kürze Raumfahrtgeschichte schreiben. Sie verrät ihre größten Herausforderungen und sagt, was sie mitnimmt.
Rabea Rogge soll als erste deutsche Frau ins All fliegen
Sie soll in Kürze als erste deutsche Frau ins Weltall fliegen. Die Berlinerin Rabea Rogge erlebt vor dem geplanten Start der knapp viertägigen Mission eine Mischung aus Ruhe und absoluter Freude, wie sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur berichtet. Eine Herausforderung werde es sein, tagelang auf so engem Raum in der «Dragon»-Kapsel mit drei weiteren Menschen zusammenzuarbeiten.
Der Start an Bord einer Falcon-9-Rakete des Tech-Milliardärs Elon Musk ist für den kommenden Dienstag am Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Florida) geplant.
Frage: Steigert sich das Kribbeln – oder ist man einfach zu sehr im Tunnel?
Rogge: Ja, die Vorfreude steigt wirklich! Besonders, da wir jetzt mit dem Training fertig sind und auf den Start warten. Es ist eine Kombination aus Ruhe, die man durch das Training und das Vertrauen in seine Fähigkeiten gewonnen hat, und purer Freude, dass wir dies bald umsetzen können.
Frage: Welche persönlichen Gegenstände haben Sie vor, ins All mitzunehmen, und warum?
Rogge: Für die Mission werde ich ein symbolisches Stück deutscher Technologiegeschichte mitbringen: Eine historische Medaille aus der Sammlung des Deutschen Technikmuseums Berlin, die den Flugpionier Otto Lilienthal ehrt. Die Inschrift «Non Omnis Moriar» – «Nicht alles von mir wird vergehen» – steht auch für meinen Wunsch, die Visionen früherer Pioniere in eine neue Ära der Weltraumforschung zu tragen.
Zusätzlich nehme ich eine Kopie der Freiheitsglocke mit, die im Rathaus Schöneberg hängt, um Berlin als meine Heimatstadt zu ehren. Meine Eltern haben mir diese übergeben. Ich habe im Allgemeinen Gegenstände für Freunde, Familie und mein Satellitenteam dabei – um den Menschen, die mir auf diesem Weg geholfen haben, etwas zurückzugeben.
Antwort: „Die größte Herausforderung während des Fluges wird die Turbulenz sein.“
Rogge: Ich denke, die aufregendste Herausforderung besteht darin, alle Missionsziele in den wenigen Tagen zu erreichen. Wir haben über 20 wissenschaftliche Experimente geplant. Außerdem nehmen wir am Amateurradiowettbewerb teil und beantworten die Fragen von Schulkindern in einem Projekt.
Es wird eine weitere große Herausforderung sein, als Crew auf engstem Raum effizient zusammenzuarbeiten und schnelle Entscheidungen zu treffen – besonders in unerwarteten Situationen. Mein Crewmitglied Jannicke Mikkelsen und ich sind als Pilotenteam darauf vorbereitet, in Notfällen die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, aber es bleibt eine mentale und physische Herausforderung.
Antwort: Kennen Sie Momente, in denen Sie denken: „Nein, das ist mir zu riskant, es sollte lieber jemand anderes an der Mission teilnehmen“?
Rogge: Zu Beginn war mein Respekt vor der Mission und die Anspannung definitiv höher als jetzt. Aber durch das intensive Training, das zusammengewachsene Team und das erworbene Wissen über die Technologie hat sich das geändert. Jetzt empfinde ich freudige Erwartung anstatt vieler Bedenken, was schiefgehen könnte. Wir haben verschiedene Szenarien durchgespielt, in denen etwas schiefgehen könnte, daher sind wir so gut wie möglich vorbereitet.
Antwort: „Im Training hat sich für mich vor allem meine Perspektive geändert. Die Praxis hat gezeigt, dass viele theoretische Konzepte in der Realität nicht immer funktionieren.“
Rogge: Unsere Selbstvertrauen hat sich deutlich gestärkt und unsere Teamdynamik ist auf einem exzellenten Niveau. Wir kennen uns jetzt so gut, dass wir effizient kommunizieren und die Signale der anderen intuitiv verstehen.
Der Einblick in die Technologie war besonders faszinierend. Das hohe Innovationstempo in den USA ist beeindruckend, und Europa könnte davon lernen. Meine Perspektive hat sich auch dadurch verändert, dass mir bewusst wurde, wie groß die Änderungen in der zivilen Raumfahrt sind. «Fram2» ist erst die dritte zivile Crew und wir sind die erste Crew überhaupt ohne eine Person mit Pilotenschein.
Experiment zum Hormonhaushalt in weiblichen Körper
Antwort: Gab es im Training oder bei der Vorbereitung Unterschiede zwischen den Frauen und Männern der Mission?
Rogge: Bei uns im Team ist jeder gleich und es spielt keine große Rolle, ob man männlich, weiblich oder anders ist. Ein gutes Team ist ein gutes Team – unabhängig vom Geschlecht.
Jedes Teammitglied hat spezifische Aufgaben, das war der Hauptunterschied im Training. Jannicke und ich haben eine zusätzliche Schulung an den Konsolen erhalten, Eric und ich haben ein intensives medizinisches Training absolviert. Außerdem haben wir alle unterschiedliche Vorbereitungen für die wissenschaftlichen Experimente getroffen. Ich bin beispielsweise an einem Experiment zum Hormonhaushalt im weiblichen Körper beteiligt, das ist natürlich spezifisch für Frauen.
Antwort: Ja, das ist korrekt. Der Crew-Dragon ist so konzipiert, dass er voll automatisiert fliegen kann und im Normalbetrieb keinen menschlichen Piloten benötigt.
Rogge: Ja, genau und das ist der spannende Punkt heutzutage in der Raumfahrt. «Dragon» ist tatsächlich voll automatisiert, was bedeutet, dass es im Normalbetrieb keinen Piloten benötigt. Das System übernimmt alle wichtigen Aufgaben, vom Start über den Flug bis zur Landung. Natürlich besteht die Möglichkeit für die Astronauten, im Notfall einzugreifen, aber unter normalen Bedingungen fliegt das Raumschiff autonom.
«Nicht so einfach, im All zu schlafen»
Frage: „Wie viele Stunden Schlaf erhalten Sie während der Mission und wie bleiben Sie im Weltraum fit?“
Rogge: Wir haben acht Stunden Schlafzeit eingeplant. Wir führen auch ein Experiment an Bord durch, das den Schlaf im All untersucht! Es ist tatsächlich nicht einfach, im All zu schlafen – viele Menschen sind es gewohnt, auf einer Unterlage zu liegen. Schwebend zu schlafen ist ein neues Gefühl für den Körper und wir werden vergleichen, wie sich unser Schlafrhythmus im All verändert.
Antwort: „Die Öffentlichkeit wird über die Ergebnisse unserer Experimente durch Pressemitteilungen und Konferenzpräsentationen informiert.“
Rogge: Mein persönliches Ziel ist es, der Wissenschaftskommunikation viel Raum in der Mission zu geben. Zum Beispiel werden wir ein Projekt haben, bei dem Schüler an einem Amateurfunk-Wettbewerb vom Boden aus teilnehmen können! Mich haben solche Dinge als Kind wirklich fasziniert und das würde ich gerne in diese Mission einbringen. Schaut gerne auf f2.com/ham vorbei.
Antwort: „Ja, ich glaube, dass ich noch erleben werde, dass das Fliegen ins All fast so normal wird wie heute mit dem Flugzeug in andere Länder zu fliegen.“
Rogge: Dies ist die Vision, an der wir arbeiten. Ich bin der Meinung, dass wir in einer Zeit leben, in der es zunehmend realistisch wird, dass das Reisen ins All irgendwann genauso normal wird wie heutzutage Flugreisen in andere Länder. Wir streben eine Zukunft an, in der nicht nur speziell ausgebildete Astronauten, sondern auch viele andere Menschen ins All fliegen können.
Die Automatisierung und intuitive Steueroberflächen vereinfachen den Betrieb von Raumfahrzeugen erheblich und viele Prozesse laufen bereits autonom ab. Dies hat zur Folge, dass die Anforderungen an Astronauten deutlich reduziert wurden – was mich optimistisch stimmt, dass bald auch Personen ohne langjährige Ausbildung ins All reisen können.
«Die Zukunft unseres Planeten zu verbessern»
Frage: Was ist von Donald Trumps Ankündigung einer bemannten Mission zum Mars in seiner Antrittsrede zu halten?
Rogge: Meiner Ansicht nach sollte die Raumfahrt nicht politisiert werden – es ist ein Traum, der allen Menschen gehört. Die Raumfahrt bietet uns Möglichkeiten, von denen Menschen vor ein paar hundert Jahren nicht einmal zu träumen wagten.
Als großer Raumfahrtfan verfolge ich mit großem Interesse die Entwicklungen sowohl im staatlichen als auch im privaten Sektor. Besonders schätze ich Raumfahrtmissionen, die uns wissenschaftlich voranbringen und dazu beitragen, das Geschehen auf der Erde besser zu verstehen und die Zukunft unseres Planeten zu verbessern.