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Rätsel um Tyrannosaurus rex gelöst

Eine lange Debatte ist aufgeklärt: Ein kleiner Dinosaurier war kein jugendlicher T-Rex, sondern bildet eine andere Art. Er jagte sogar schneller. Und es gibt noch eine interessante Entdeckung.

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Nanotyrannus war wohl ein schlankerer, schnellerer und wendigerer Jäger als der T-Rex.
Foto: Anthony Hutchings/Nature/dpa

Eine gründliche Analyse von Dino-Knochen räumt mit einem langjährigen Irrtum um Tyrannosaurus rex auf. Bisher galten Fossilien von Nanotyrannus lancensis vielen Wissenschaftlern als eine jugendliche Form des T-Rex. Nun präsentiert ein US-Team im Fachjournal «Nature» eine überwältigende Liste an Beweisen, warum dies äußerst unwahrscheinlich ist. Lindsay Zanno und James Napoli vom North Carolina Museum of Natural Sciences in Raleigh (North Carolina) stießen bei der Untersuchung Hunderter Fossilien zudem auf eine bislang ganz unbekannte Dinosaurier-Art.

Für Zanno ist die Publikation auch das Eingeständnis eines Irrtums: Sie gehörte zu dem Team, das 2020 eine Studie im Fachjournal «Science Advances» veröffentlichte, in der die Fossilien der Art Nanotyrannus lancensis dem T-Rex zugeordnet wurden. Ein Grund für ihre Zweifel an der These könnte eine Studie im Fachmagazin «Fossil Studies» vom Januar 2024 gewesen sein: Darin beschrieben andere Forschende unter anderem das Fossil eines tatsächlichen jugendlichen T-Rex und zeigten auf diese Weise, dass die Nanotyrannus-Fossilien nichts mit dem T-Rex zu tun haben.

Das Referenzexemplar von Nanotyrannus lancensis wurde bereits 1946 beschrieben und damals Gorgosaurus lancensis genannt. Erst weitere Untersuchungen im Jahr 1988 führten zur Umbenennung in Nanotyrannus lancensis. Doch es war unter den Experten umstritten, ob es sich tatsächlich um eine eigenständige Art handelt, denn die Ähnlichkeiten der wenigen vorhandenen Fossilien mit dem T. rex waren groß. 2013 wurden die Fossilien eines Nanotyrannus lancensis (Raubsaurier) und eines Triceratops (Pflanzenfresser) als «duellierende Dinosaurier» in einer umstrittenen Auktion angeboten – Wissenschaftler forderten deren Überführung in ein Museum.

Ergebnis stellt jahrzehntelange Forschung zu T. rex auf den Kopf

Die eingehende Untersuchung des weitgehend vollständigen Raubsaurier-Fossils führte Zanno und Napoli zu dem Schluss, dass N. lancensis eine eigenständige Art ist. «Dieses Fossil beendet nicht nur die Debatte – es stellt die jahrzehntelange Forschung zu T. rex auf den Kopf», wird Zanno in einer Mitteilung der North Carolina State University in Raleigh zitiert, an der sie Professorin ist. Da Wissenschaftler jahrelang Nanotyrannus-Fossilien verwendet haben, um das Wachstum des T. rex zu rekonstruieren, sind zahlreiche vermeintliche Kenntnisse über das Erwachsenwerden des T. rex vermutlich unzutreffend.

«Damit Nanotyrannus ein junger Tyrannosaurus rex gewesen sein könnte, müsste er allem widersprechen, was wir über das Wachstum von Wirbeltieren wissen. Das ist nicht nur unwahrscheinlich – es ist unmöglich», sagte Napoli. So hat der Nanotyrannus im Verhältnis zum Körper längere Arme als der T-Rex. Der Nanotyrannus weist 35 Schwanzwirbel auf, während der T-Rex mindestens 40 hat. Auch hat der Nanotyrannus mehr Zähne als der T-Rex. Zudem unterscheidet sich das Muster der Nervenbahnen im Schädel zwischen den Arten deutlich. Nicht zuletzt wurden die Wachstumsringe in den Knochen des Nanotyrannus zur Außenseite hin immer schmaler, was auf ein ausgewachsenes Tier hinweist.

Noch unbekannte Dino-Art ermittelt 

Während der Untersuchung von über 200 Tyrannosaurus- und Nanotyrannus-Fossilien haben Forscher festgestellt, dass das Fossil mit der Bezeichnung BMRP 2002.4.1, das bisher als T-Rex oder N. lancensis kategorisiert wurde, eine neue Art darstellt: Nanotyrannus lethaeus. Der Artname stammt vom Fluss Lethe in der Unterwelt der griechischen Mythologie. N. lancensis wog vermutlich etwa 700 Kilogramm, während N. lethaeus wahrscheinlich mehr als 1200 Kilogramm wog. Auch andere körperliche Merkmale deuten auf eine eigenständige Art hin.

«Diese Entdeckung zeichnet ein umfassenderes und aussagekräftigeres Bild vom Ende der Dinosaurier», erklärte Zanno. Mit seiner enormen Größe, seiner gewaltigen Beißkraft und seinem räumlichen Sehvermögen sei der T. rex ein furchterregender Jäger gewesen – jedoch nicht allein auf weiter Flur, bekräftigte Zanno. Nanotyrannus sei den neuesten Erkenntnissen zufolge ein schlankerer, schnellerer und wendigerer Jäger gewesen als der T-Rex.

dpa