Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Die Geheimnisse der Osterinsel enthüllt

Eine neue Studie widerlegt die Theorie des Zusammenbruchs und zeigt, wie die Menschen nachhaltig überlebten.

Heute gehört die Pazifikinsel zu Chile, auch wenn dessen Küste etwa 3.500 Kilometer entfernt liegt.
Foto: Rafael Arancibia/dpa

Eine verbreitete Theorie besagt, dass zur Errichtung der meterhohen steinernen Statuen auf der Osterinsel riesige Menschengruppen benötigt wurden. Die Moai genannten Monumente zeugen von einer einst blühenden Kultur, die jedoch zusammenbrach, als die Bewohner alle Bäume auf der abgelegenen Pazifikinsel abholzten und die Böden erschöpften. Es wird angenommen, dass die Gesellschaft durch die Ausbeutung der Natur letztendlich selbst zerstört wurde. Es scheint jedoch, dass diese Geschichte möglicherweise nicht korrekt ist.

Wahrscheinlich habe es nie eine derart große Bevölkerung auf der Insel gegeben wie gemeinhin angenommen, heißt es in einer Studie, die im Fachmagazin «Science Advances» vorgestellt wird. Den Berechnungen zufolge konnte die abgelegene Pazifikinsel gar nicht rund 16.000 Menschen ernähren, sondern nur etwa 3.000 Menschen, schreibt das Forschungsteam um Dylan Davis von der US-amerikanischen Columbia University.

Kein gesellschaftlicher Zusammenbruch

«Was wir gefunden haben, ist das Gegenteil der Kollaps-Theorie», erklärte Davis. Die Bevölkerung habe mit den wenig fruchtbaren Böden und dem wenigen Wasser auf der Insel vielmehr ein erstaunliches System entwickelt, um sich zu ernähren. Auch andere archäologische Untersuchungen waren in den vergangenen Jahren bereits zu dem Schluss gekommen, dass es vor der Ankunft der Europäer im Jahr 1722 keinen gesellschaftlichen Zusammenbruch auf der Insel gab.

Die vulkanische Insel, auch bekannt als Rapa Nui, ist ziemlich trocken und die Küsten fallen steil ab, was die Landwirtschaft und Fischerei erschwert. Viele Forscher betrachten die Nutzung von ausgeklügelten Steingärten als zentral. Die Bewohner verteilten faustgroße Steine direkt auf dem Boden und brachen in einem aufwendigen Verfahren Steine, um sie in den Boden einzuarbeiten. Zusätzlich wurden große Steine als Schutz aufgestellt. Zwischen diesen Steinen pflanzten sie zahlreiche Süßkartoffel-Varianten, die einst die Hauptnahrungsquelle auf der Insel waren.

Bei der Auswertung von Satellitenbildern unterstützt die KI

Das Team um Davis hatte eine Künstliche Intelligenz darauf programmiert, auf Satellitenbildern in einer speziellen Infrarotansicht menschengemachte Steingärten zu identifizieren. Nicht jeder Steinhaufen war automatisch ein Garten in der Vergangenheit.

Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass die Steingärten weniger als ein halbes Prozent der Inselfläche ausmachten. Frühere Forschungen gingen von viel größeren Flächen aus. Die identifizierten Flächen hätten gereicht, um etwa 2.000 Menschen mit Süßkartoffeln zu versorgen, so die Studie. Zusätzlich hätten die Menschen noch Fisch, andere Meerestiere und Früchte wie Bananen, Yamswurzel, Taro-Knollen und Zuckerrohr gegessen. Insgesamt kommt das Forschungsteam auf eine Bevölkerung von etwa 3.000 Menschen.

Leben trotz begrenzter Ressourcen

«Was wir hier wirklich sehen, ist, dass die Insel wegen der ökologischen Einschränkungen nie viele Menschen ernähren konnte», erläuterte Davis. Die Menschen hätten es im Gegenteil geschafft, ihre Lebensräume anzupassen und so die Fläche, die sie bewirtschaften konnten, zu vergrößern. «Das ist kein Beispiel für eine ökologische Katastrophe, sondern dafür, wie Menschen trotz wirklich begrenzter natürlicher Ressourcen auf recht nachhaltige Weise über lange Zeit hinweg überleben konnten.»

Die Osterinsel wurde aufgrund ihrer abgelegenen Lage erst sehr spät besiedelt. Es wird angenommen, dass die Menschen aus Polynesien um das Jahr 1.200 auf die Insel kamen. Obwohl die Küste Chiles etwa 3.500 Kilometer entfernt liegt, gehört die Pazifikinsel heute zu Chile. Die berühmten Felsskulpturen gehören zum Unesco-Weltkulturerbe und locken jedes Jahr zehntausende Touristen an.

dpa