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Einbrecher zerstören Schlösser mit Säure – Neue gefährliche Methode

Professionelle Einbrecherbanden nutzen Salpetersäure, um lautlos in Wohnungen einzudringen. Die ätzende Flüssigkeit kann zu Verletzungen führen und ist schwer nachzuweisen.

Viele Einbrecher nutzen Salpetersäure, um Schlösser zu zerstören.
Foto: Sven Hoppe/dpa

Die Methode der Einbrecher, Schlösser mit konzentrierter Salpetersäure zu zerstören, ist perfide und gefährlich für ahnungslose Mieter. Dadurch können die Täter fast lautlos Wohnungstüren öffnen. Solche Fälle von professionellen Einbrüchen sind seit zwei Jahren in Berlin bekannt, aber auch andere Städte sind betroffen. Laut Polizei weichen die reisenden Einbrecherbanden auch ins europäische Ausland aus.

Wie viele Säure-Einbrüche gab es zuletzt?

Die Polizei zählte insgesamt 318 Säureangriffe in der Hauptstadt von 2022 bis zum Frühsommer 2024, darunter 151 erfolglose Versuche. Es gibt nur wenige Fotos, die die Schäden durch Säure dokumentieren. Im April dieses Jahres wurden 21 solcher Einbrüche gemeldet. Im Vergleich zu den insgesamt 8300 Einbrüchen im Jahr 2023 ist das nicht viel. Allerdings können Säureangriffe auch zu Verletzungen führen.

Was macht Salpetersäure so gefährlich?

Setzen Einbrecher Säure am Türschloss ein, wird es auch körperlich gefährlich. «Die mitgeführte Salpetersäure ist hoch ätzend und kann somit zur Verätzung der Hautoberfläche und Schleimhäute führen», warnt die Polizei. «Berühren Sie die Flüssigkeit nicht, auch nicht mit Handschuhen», hieß es in einem Beitrag auf der Plattform X zu einem Foto einer giftig grün schimmernden Flüssigkeit vor einer Tür. 

Verwendet werde «reine, hochkonzentrierte Salpetersäure», die eine derstärksten Mineralsäuren sei und besonderen Sicherheitsvorkehrungen unterliege, antworteten Senat und Polizei 2023 auf eine Anfrage der CDU. Die Säure reagiere mit den meisten Metallen, etwa Eisen und Kupfer in Schließzylindern. Dabei entstehe giftiges Gas wie Stickstoffdioxid mit einem stechenden Geruch. Angegriffen würden auch organische Materialien wie das Holz von Türen oder Fußböden. «Salpetersäure unterliegt der Chemikalien-Verbotsverordnung sowie dem Ausgangsstoffgesetz und ist nicht frei verkäuflich», erklärt die Polizei. 

Welche Wohnungen haben die Banden vor allem im Blick?

Die ersten Einbrüche in Berlin mit Hilfe von Salpetersäure wurden im 3. Quartal 2022 festgestellt worden. Im Visier der Banden sind nach den Ermittlungen der Polizei «ausschließlich Wohnungen in meist mehrstöckigen Wohnhäusern». Vor allem sanierte Plattenbauten aus der DDR mit zehn bis elf Stockwerken in den Stadtteilen Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Friedrichshain seien betroffen. Dort gebe es viele Mieter, häufige Wechsel der Bewohner, dadurch sei «eine gewisse Anonymität gegeben, die sich begünstigend für solche Taten auswirken kann».

Wie gehen die Täter vor?

Zwischen Tür und Türrahmen befestigen die Einbrecher «spinnwebartige Klebefäden», die «für das bloße Auge kaum zu erkennen und nur unter Taschenlampenlicht sichtbar» seien, so die Polizei. Ein oder zwei Tage später kontrollieren sei die Fäden, um festzustellen, ob die Tür geöffnet wurde oder ob die Bewohner länger abwesend sind. Dann spritzen sie die Säure in den Schlosszylinder aus Metall, das teilweise zerstört wird. «In der Folge können die Täter die Wohnungstüren ohne großen Aufwand und Lärmentwicklung öffnen und die Wohnung betreten», so die Polizei.

Wie erkennt man einen Säure-Einbruch an der Tür?

Von außen sind an der Tür Spuren einer Flüssigkeit und Beschädigungen am Holz zu erkennen, wie Fotos von Betroffenen im Internet zeigen. Eine Wohnungsbaugenossenschaft in Berlin-Friedrichshain warnte 2023: «Wenn Sie auffällige Verfärbungen (meist gelb, grün oder bräunlich) oder einen beißenden Geruch im Türschlossbereich von Haus-, Keller- oder Wohnungstüren wahrnehmen, vermeiden Sie jeglichen Hautkontakt und halten Sie Abstand, um mögliche Dämpfe nicht einzuatmen.»

In welchen Regionen kommt es zu diesen Einbrüchen?

Die Einbrecher schlagen mit Säure aber nicht nur in Berlin zu. «In Deutschland konnten bisher vereinzelt Taten in Hamburg und Dresden festgestellt werden», teilte die Polizei mit. Das Phänomen sei auch in Belgien, Frankreich und Österreich bekannt. Nach den ersten Festnahmen der Berliner Polizei habe sich der Schwerpunkt der Säure-Einbrüche erneut nach Wien und Paris verlagert, einzelne Fälle seien im Anschluss auch in Portugal aufgefallen.

Die Einbruchsfahnder im Landeskriminalamt (LKA) konnten mittlerweile mehrere Verdächtige identifizieren, von denen einige über internationale Haftbefehle festgenommen und in Untersuchungshaft genommen wurden. Die Polizei sucht noch nach weiteren Einbrechern. Zur genauen Anzahl der Verdächtigen und ihrer Nationalität wollte die Polizei aufgrund der laufenden Ermittlungen keine Angaben machen.

Kann man sich gegen diese Einbruchart schützen?

Es gibt keine speziellen Schutzmaßnahmen gegen die Säure. Die Polizei empfiehlt möglicherweise ein zweites Türschloss mit anderer Bauart. Im Internet wird darauf hingewiesen, dass Wasser und Basen wie Natronlauge verwendet werden können, um stark ätzende Salpetersäure zu neutralisieren. Es schadet also nicht, Chemiekenntnisse zu haben.

dpa