Füchse werden gerne mit Schläue verbunden und Bienen mit Fleiß. Das liegt am Menschen, der seine Eigenschaften gerne auf die Tierwelt projiziert. Was davon wahr ist, klärt dieser Faktencheck.
Schlaue Füchse, sture Esel: Stimmen Tiereigenschaften?
Der sture Esel, die blöde Kuh oder gar die alte Drecksau: Viele deutsche Sprichwörter sind mit der Tierwelt verbunden. Manche, teils negative Eigenschaften, ordnen wir dabei bestimmten Tieren zu. Schon in alten Märchen und Fabeln wurde etwa der Fuchs als schlau und der Wolf als böse dargestellt. Wenn Tiere so vermenschlicht werden, spricht man von Anthropomorphismus (vom griechischen «anthropos»: Mensch und «morphe»: Form oder Gestalt). Doch ein Blick in die Forschung zeigt: Nicht alle dieser Stereotype sind wahr.
Behauptung: Füchse sind schlau und listig
Stimmt! Füchse haben ein ausgeprägtes Lern- und Sozialverhalten und können aus ihren Erfahrungen lernen, sagt Sven Herzog von der Technischen Universität Dresden. «Wurde ein Mitglied eines Familienverbandes einmal in einer Falle gefangen, meidet sowohl dieser als auch Familienangehörige diese oder ähnliche Gebilde», erklärt der Experte für Wildökologie und Jagdwirtschaft.
Füchse können auch durch Beobachtungen menschliches Verhalten vorhersagen. Das heißt, sie können erkennen, ob es sich bei einem Menschen um einen ungefährlichen Spaziergänger oder einen potenziell gefährlichen Jäger handelt. Und: Ihre Anpassungsfähigkeit ermöglicht es ihnen, in verschiedenen Lebensräumen zu überleben.
Ein weiteres Merkmal, das zur Listigkeit der pelzigen Vierbeiner beiträgt, ist ihr auffälliges Spielverhalten, das auf eine hohe Intelligenz hindeutet. Der Verbund zwischen den Geschwistern sei stabiler als der zwischen Eltern- und Jungtieren, betont der Experte. Sie würden etwa gemeinsam in kleinen Familiengruppen jagen. «Diese sozialen Interaktionen erfordern ein gewisses Maß an Kommunikation und sozialer Intelligenz.»
Behauptung: Faultiere sind faul
Das ist irreführend. Faultiere sind tatsächlich ziemlich langsam. Sie bewegen sich fast wie in Zeitlupe. Laut der Umweltstiftung WWF bewegen sich die flauschigen Tiere mit einer Geschwindigkeit von acht bis zehn Metern pro Minute durch die Bäume – also umgerechnet mit einer Geschwindigkeit von nicht einmal einem Kilometer pro Stunde. Am Boden sind sie sogar noch langsamer. Außerdem sollen Faultiere täglich etwa 18 Stunden schlafen. Was für uns faul aussieht, ist jedoch tatsächlich eine effiziente Energiesparstrategie.
Die langsam bewegenden Tiere sind aufgrund ihrer speziellen Ernährungsweise gezwungen, Bewegungsmuffel zu sein. Laut WWF ernähren sich Faultiere hauptsächlich von Blättern, gelegentlich auch von Blüten, Früchten oder kleinen Tieren. Da ihre Nahrung wenig Nährstoffe enthält und nur wenig Energie liefert, meiden die kletternden Säugetiere, die mit Ameisenbären und Gürteltieren verwandt sind, jegliche unnötige Anstrengung. Selbst den Toilettengang erledigen die Tiere nur einmal pro Woche.
Behauptung: Esel sind stur
Esel sind nicht stur, sondern einfach nur vorsichtig. «Sie stammen aus bergigen und felsigen Gegenden, wo ein falscher Tritt verhängnisvoll sein kann», sagt eine Sprecherin des Zoologischen Forschungsmuseum Alexander König (ZMFK). Deshalb halten Esel an, wenn sie eine Situation nicht einschätzen können.
Im Unterschied zu Pferden sind Esel laut der Tierschutzorganisation Peta keine Fluchttiere und können durchaus ruhig sein. Deshalb würden die Huftiere auch kaum auf Schmerz, Angst oder Krankheit reagieren. Die aufmerksamen Esel würden im Zweifelsfall eher stehen bleiben, was als stur angesehen werden kann.
Behauptung: Bienen sind fleißig
Stimmt teilweise. Bienen können in der Tat als fleißig bezeichnet werden. Das treffe jedoch nicht auf alle Arten zu, sondern eher auf die Honigbiene, erklärt der Deutsche Imkerbund. Diese Eigenschaft beziehe sich primär auf die weibliche Honigbiene, «die sogenannte Arbeiterin, und dies insbesondere in ihrer Funktion als Sammelbiene.» Die Honigbiene sammelt fleißig Nektar und Honigtau sowie Pollen. Sie erbringe zugleich die für Natur und Landwirtschaft so wichtige Bestäubungsleistung, welche zentral für Biodiversität, Artenerhalt und Ernteerträge sei.
Die kleinen Nektarsammlerinnen sind laut Imkerbund zudem sehr soziale Insekten, die sich auch gegenseitig zu Sammeltätigkeiten animieren, so dass sie auch ein gemeinschaftliches Sammelverhalten zeigen. «Bienen arbeiten darüber hinaus höchst ökonomisch und effizient – es gibt bei ihnen praktisch keinen “Leerlauf” und arbeiten auch nur, wenn es sich für alle lohnt.» Dabei nutzen sie jede Gelegenheit, um erfolgreich zu sammeln.
Effizient sind die Bienen vor allem gemeinsam als Volk. In einer Studie markiert der Zoologe Jürgen Tautz gemeinsam mit seinen Kollegen Sammelbienen aus einem Stock mit 4.000 Tieren. Die Wissenschaftler beobachteten, wie viel Prozent der Sammelbienen auf Flüge gehen und wie oft – mit ernüchternden Ergebnissen: Hochgerechnet auf 25.000 Sammelbienen ergab das pro Biene nur vier Ausflüge am Tag. Das gesamte Bienenvolk erbrachte laut Tautz beim Nektarsammeln erstaunliche Leistungen, die einzelne Biene sei dagegen eher faul.
Behauptung: Rabeneltern sind schlechte Eltern
Falsch. Raben haben hierzulande keinen guten Ruf. Sie gelten oft als Unglücksbringer und schlechte Eltern. Daher stammt auch die Redewendung «Rabeneltern». Gerechtfertigt ist das nicht. Der Spruch hat seine Wurzeln in einem alten Missverständnis über das Verhalten von Raben.
Schon in der Antike galt der pechschwarze Vogel als Symbol für Grausamkeit und Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Nachwuchs. Man glaubte, dass Rabenvögel ihre Jungen aus dem Nest werfen und im Stich lassen, weshalb der Ausdruck «Rabeneltern» auch geprägt wurde und in vielen europäischen Kulturen ein negatives Bild entstand.
Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall. Die Küken des Raben müssten nur selten die Trennung ihrer Eltern verarbeiten, «da diese in monogamer Dauerehe leben», erklärt Tierexperte Herzog. Raben seien sehr intelligente Tiere, was sich auch in der Erziehung ihrer Jungtiere widerspiegelt. «Das Brutpaar kümmert sich hingebungsvoll um seinen Nachwuchs», sagt der Wildtierexperte.
Behauptung: Schweine sind dreckig und unaufgeräumte Orte sind Sauställe
Falsch. Im Gegensatz zur Behauptung sind Schweine äußerst saubere Tiere. «Außerdem koten die Tiere nie in der Nähe ihres Schlafplatzes, sie haben also sogar eine Art Toilette», erklärt Zoologe Herzog. Wenn möglich, suhlen sie sich im Schlamm, um ihre Körpertemperatur zu regulieren oder sich mit einer getrockneten Schlammschicht vor Insektenstichen und Sonnenbrand zu schützen.
Eine Studie aus dem Jahr 2015 hat gezeigt, dass Wildschweine ihr Futter tatsächlich waschen. Anthropologen beobachteten im Basler Zoo in der Schweiz, wie die Tiere ihr Essen vor dem Verzehr sorgfältig reinigten. Es blieb jedoch unklar, ob dieses Verhalten individuell oder sozial erlernt wurde.