Forscher prognostizieren, dass ein Drittel der Kinder und jungen Erwachsenen übergewichtig oder fettleibig sein werden, mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen.
Studie warnt vor weltweiter Adipositas-Epidemie bis 2050
Falls die aktuellen Trends anhalten, könnten laut einer Analyse in 25 Jahren weltweit rund ein Drittel der Kinder und jungen Erwachsenen übergewichtig oder fettleibig sein. Die Forschenden erwarten den höchsten Anteil an Fettleibigen unter den Fünf- bis 24-Jährigen im arabischen Raum (Nordafrika und Naher Osten), während in Deutschland 20 bis 23 Prozent der jungen Menschen betroffen sein könnten. Das Team warnt davor, dass dies mit mehr Herz-, Atem- und Fruchtbarkeitsproblemen, Diabetes, Krebs sowie psychischen Problemen einhergehen wird.
Die Studienautoren führen als Grund für die Zunahme von Übergewicht und Fettleibigkeit im Jahr 2050 hauptsächlich Veränderungen in der Mediennutzung und den Übergang zu westlichen Ernährungsweisen an. Ohne entsprechende politische Maßnahmen und Reformen wird prognostiziert, dass bis 2050 voraussichtlich 3,8 Milliarden Erwachsene sowie 746 Millionen Kinder und Jugendliche von Übergewicht oder Fettleibigkeit betroffen sein werden.
Bestimmte Regionen sind besonders betroffen
Laut der Prognoserechnung wird in 25 Jahren jeder dritte junge Mensch mit Adipositas (130 Millionen) in einer von zwei Regionen leben: Nordafrika/Naher Osten oder Lateinamerika/Karibik. Das Forschungsteam um Jessica Kerr vom Murdoch Children’s Research Institute in Melbourne (Australien) warnt davor, dass die enorme Zunahme sowohl gesundheitliche als auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen haben wird.
In der Studie werden keine neuen Therapien wie Abnehmspritzen erwähnt, da sie Daten von 1990 bis 2021 verwendet, als solche Therapien noch nicht weit verbreitet waren, insbesondere nicht bei Kindern – möglicherweise wird in Zukunft ein Effekt sichtbar. Es wird auch nicht erwähnt, dass die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen, wie z.B. im Sportbereich, zu einem Anstieg des Übergewichts in vielen Ländern geführt haben. Es ist noch unklar, ob dieses Problem nur vorübergehend oder dauerhaft verschärft wurde. Beide Faktoren könnten einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Zahlen in den kommenden Jahrzehnten haben.
Rate Übergewichtiger global verdoppelt
In den letzten Jahren hat sich die Adipositas-Krise immer deutlicher gezeigt. Laut Kerrs Team haben sich die Raten von Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen ab 25 Jahren sowie bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 5 bis 24 Jahren in den letzten drei Jahrzehnten (1990 bis 2021) global mehr als verdoppelt. Es wird erwartet, dass die Adipositas weiter stark ansteigen wird: Bis 2050 könnte die Gesamtzahl fettleibiger Kinder und Jugendlicher von etwa 174 Millionen auf etwa 360 Millionen steigen.
Die Gruppe um Kerr hatte für die im Fachmagazin «The Lancet» vorgestellte Studie Daten des Projekts «Global Burden of Disease» (GBD) genutzt. Bei 18- bis 24-Jährigen gilt als übergewichtig, wer einen BMI von 25 bis unter 30 aufweist, als fettleibig (adipös), wer einen BMI von 30 oder mehr hat. Für Kinder und Jugendliche gelten andere Grenzwerte nach den Kriterien der International Obesity Task Force.
Mehr junge Menschen nicht nur übergewichtig, sondern fettleibig
Im Jahr 2050 haben Wissenschaftler berechnet, dass der Anteil der fettleibigen Jungen im Alter von 5 bis 14 Jahren weltweit sogar höher sein könnte als der Anteil der übergewichtigen. In Ländern mit hohem Einkommen, wie auch Deutschland, wird in dieser Altersgruppe ein ähnlicher Anteil an Übergewichtigen und Fettleibigen erwartet.
Die Ergebnisse wiesen auf «monumentale gesellschaftliche Versäumnisse und einen Mangel an koordinierten globalen Maßnahmen» hin, so Kerr. Zumindest einige Länder sind bereits aktiv geworden: Beispielhaft werden das Verbot zuckerhaltiger Getränke an Schulen sowie Veränderungen beim Schulessen und beim Sportunterricht genannt.
Ohne staatliche Maßnahmen geht es nicht
«Das Ausmaß der Epidemie ist so groß, dass Lösungen in Form von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit gefunden werden müssen», betont Thorkild Sørensen von der Universität Kopenhagen, der selbst nicht an der Studie beteiligt war, in einem Kommentar in «The Lancet». Noch sei unklar, welche Maßnahmen dabei sowohl machbar als auch wirksam sein werden.