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Keuchhustenfälle in Deutschland auf Zehnjahreshoch,Anstieg der Erkrankungen betrifft vor allem Jugendliche und könnte mit Corona-Pandemie zusammenhängen.

Die hohe Zahl an Fällen zeigt sich besonders bei Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren. Eine mögliche Erklärung sind Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie.

Die Husten­attacken gehen häufig mit Hervorwürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen einher (Symbolbild).
Foto: Angelika Warmuth/dpa

In Deutschland sind in diesem Jahr deutlich mehr Menschen als üblich an Keuchhusten erkrankt. Bislang wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) rund 22.500 laborbestätigte Fälle mit Symptomen gemeldet (Stand 21. November). In den letzten zehn Jahren waren die Zahlen noch nie so hoch. Im Jahr 2023 wurden beispielsweise nur etwa 3.430 Fälle registriert. Die meisten Fälle wurden zuletzt im Jahr 2017 mit etwa 16.829 gemeldeten Fällen verzeichnet.

«Es gibt natürliche Schwankungen und es kommt alle paar Jahre zu einer stärkeren Saison», sagte der Direktor der Infektiologie der Berliner Charité Leif Erik Sander der Deutschen Presse-Agentur. «Dieses Jahr liegt aber deutlich außerhalb der normalen Schwankungen.» Die Situation sei nicht mit einer Pandemie vergleichbar, aber die Belastung durch Atemwegsinfekte wie Keuchhusten in den Kinderarztpraxen und Kinderkliniken sei hoch.

Hohe Zahlen vor allem bei Teenagern

In den Kinderpraxen habe sich dies auf jeden Fall bemerkbar gemacht, sagte Tanja Brunnert, Sprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen. Vor allem ältere Kinder im Teenageralter seien dieses Jahr betroffen. Das zeigen auch die Daten des RKI: Die meisten Fälle wurden dieses Jahr bei Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren gemeldet. «Viele hatten anhaltend quälenden Husten», sagte die Kinderärztin.

Eine mögliche Erklärung für die hohen Zahlen sind laut Sander sogenannte Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie. Während der Pandemie hatten viele Menschen wegen der Infektionsschutzmaßnahmen keinen Kontakt mit dem Keuchhusten-Erreger. Dadurch habe die Immunität in der Bevölkerung abgenommen, weshalb nun mehr Menschen erkrankten. Außerdem sei es möglich, dass mehr auf Keuchhusten getestet würde.

«Weltweites Phänomen»

Nicht nur in Deutschland sind die Zahlen hoch. «Es ist ein weltweites Phänomen», erklärte der Arzt. In den USA etwa wurden nach Daten der Gesundheitsbehörde CDC bis zum 10. November rund 23.500 Fälle gemeldet. Das sind fünfmal so viele Fälle wie im gleichen Zeitraum des Jahres 2023. 

In der Regel mache der Erreger nicht schwer krank, erklärte Sander. Deswegen sollte man die Krankheit aber nicht auf die leichte Schulter nehmen. «Es ist eine unterschätzte Erkrankung.» Fast immer beginne sie mit normalen Erkältungssymptomen wie Schnupfen und leichtem Husten. Wenn die akute Infektion abklinge, könne ein hartnäckiger Reizhusten einsetzen, der vier bis sechs Wochen andauern könne. 

Infektion vor allem für Säuglinge gefährlich

Insbesondere für Säuglinge kann dies gefährlich werden und zu schweren Hustenanfällen, Krämpfen der Stimmlippen, Atemaussetzern und Erbrechen führen. Ein großer Teil aller Krankenhausbehandlungen und fast alle Todesfälle betreffen laut RKI junge, ungeimpfte Säuglinge unter sechs Monaten. Todesfälle durch Keuchhusten sind jedoch in Deutschland sehr selten.

Nach Angaben des RKI sind in diesem Jahr bisher vier Menschen an Keuchhusten gestorben, wie eine Sprecherin mitteilte. Die Verstorbenen gehörten wie in den Vorjahren zu den Säuglingen, älteren Kindern und Erwachsenen mit schweren Vorerkrankungen. In den letzten Jahren wurden dem RKI pro Jahr zwischen null und sechs Todesfälle im Zusammenhang mit einer Keuchhustenerkrankung gemeldet.

Laut RKI treten rund 60 Prozent der Fälle bei Erwachsenen auf. «Bei Patienten mit einer chronischen Bronchitis oder einem Lungenemphysem kann eine Keuchhusten-Infektion zu einer schweren und akuten Verschlechterung der Erkrankung führen», sagte der Charité-Experte. Das könne lebensbedrohlich sein und langfristig dazu führen, dass die Lungenfunktion stärker eingeschränkt werde. 

Impfung dringend empfohlen

«Wir raten sehr dringend, eine Impfung wahrzunehmen», sagte Brunnert. Für Neugeborene werden in Deutschland drei Impfungen im Alter von zwei, vier und elf Monaten empfohlen. Die Impfung schütze sehr gut vor komplizierten Verläufen, eine Infektion könne man aber nicht immer verhindern, erklärte die Kinderärztin. Der Impfschutz sollte im Alter von 5 bis 6 Jahren und im Alter von 9 und 17 aufgefrischt werden. Bei jüngeren Kindern ist die Impfquote hoch und lag bei Schulanfängern im Jahr 2018 bei etwa 93 Prozent.

Auch für Erwachsene wird eine Auffrischungsimpfung empfohlen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung insbesondere auch für Schwangere, die so auch ihr Neugeborenes schützen können. Ihrer Erfahrung nach werde das aber noch viel zu selten gemacht, sagte Brunnert.

dpa