Fliegen Motten in das Licht: Straßenbeleuchtung kann Insekten gefährden. Moderne Leuchten sollen das Problem verringern. Wie funktioniert der Schutz in der Praxis und was bewirkt er?
Straßenleuchten mit Blenden ziehen viel weniger Insekten an
Durch insektenfreundliche Beleuchtung entlang von Straßen kann das Sterben der Tiere signifikant reduziert werden. Laut dem Regierungspräsidium Karlsruhe wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts die Anzahl der von Licht angezogenen Insekten wie Schmetterlingen, Zikaden, Fliegen oder Läusen etwa halbiert, nachdem die Teststrecken mit speziell ausgerichteten Leuchten ausgestattet worden waren.
In den Experimenten war es entscheidend, dass durch abgeschirmte LED-Beleuchtung das Licht nur dorthin gelangte, wo es wirklich gebraucht wurde. Zum Beispiel auf einen Fußweg, aber nicht in die umliegende Landschaft.
Das rät die Expertin Kommunen
«Der zusätzliche Nutzen einer reduzierten Farbtemperatur der neuen LED-Beleuchtung konnte in dieser Studie zwar nicht eindeutig nachgewiesen werden», teilte Dominique Erb mit, die das Projekt «NaturLicht» bei der Karlsruher Behörde betreut. Andere Untersuchungen belegen den Angaben zufolge jedoch, dass diese ebenfalls weniger Insekten anlocke.
Laut Erb ist es daher ratsam, dass Kommunen bei der Umrüstung von Straßenleuchten eine abgeschirmte LED-Variante mit einer niedrigen Farbtemperatur – warmweiß oder bernsteinfarben – wählen. Dies sei besonders wichtig in der Nähe von wertvollen Lebensräumen wie Naturschutzgebieten.
Konflikt zwischen Tierschutz und Sicherheit
Die Fachleute der Forschungsgruppe Lichtverschmutzung und Ökophysiologie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben in drei Naturschutzgebieten in Baden-Württemberg Fallen aufgestellt, um Daten über Art und Anzahl der hinein schwirrenden Insekten zu sammeln.
Die Hälfte der Leuchten wurde auf LED umgerüstet und mit Blenden versehen. Auf diese Weise konnte man das Licht so begrenzen, dass es nur auf Gehwegen und Straßen zu sehen ist – es aber nicht nach links und rechts ins Gebüsch strahlt. Die unveränderten Leuchten dienten der Vergleichskontrolle. «Am Ende des Versuchs wurde die gesamte Teststrecke modernisiert», so Erb.
Mit den neuen Leuchten würden auch negative Auswirkungen künstlicher Beleuchtung auf wichtige Ökosystemfunktionen wie die nächtliche Bestäubung deutlich verringert, erklärte sie. «Angewendet in großen Maßstab wird dies ebenfalls zu einer Reduktion der künstlichen Himmelshelligkeit beitragen.»
Hinter dem Projekt verbirgt sich auch ein grundlegender Konflikt: „Einerseits soll die Straßenbeleuchtung nachts für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sorgen. Andererseits hat sie negative Auswirkungen auf Tiere: Insekten werden beispielsweise angezogen, ihrem natürlichen Lebensraum entzogen und sterben an den Leuchtkörpern.“
Verschiedene Projekte zum Insektenschutz
Die Probleme der Lichtverschmutzung und des Insektensterbens sind keine neuen. An anderen Orten wurde die Beleuchtung bereits umgerüstet, um Insekten zu schützen. Der Kölner Dom wird seit April mit über 700 LED-Lampen anstelle von Halogendampflampen beleuchtet. Laut Angaben soll ein effektives Beleuchtungskonzept die Lichtverschmutzung minimieren und den Dom als Lebensraum für Insekten und andere Tiere schützen.
Im Jahr 2022 wurde in Heiningen am Fuße der Schwäbischen Alb ein Pilotprojekt gestartet, bei dem die Beleuchtung entlang der Ortsdurchfahrt je nach Verkehrsaufkommen heruntergedimmt wurde. Dies wurde mithilfe von Kameras, Echtzeitverkehrsdaten, hochauflösenden Mikrofonen und Bluetooth-Trackern ermittelt.
Und im Ostseebad Ahrenshoop wurden im vergangenen Jahr 15 mit Seitenblenden ausgestattete Rotlicht-Laternen an einer Straße in Betrieb genommen. Statt grellweiß leuchten sie in den Stunden der Dämmerung zunächst gelb-orange und in den Nachtstunden rot. «Insekten können in der Regel rotes Licht nicht sehen», erklärte Projektleiterin Annett Storm damals.