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Studie: Viele junge Seehunde im Wattenmeer

Rätselhafter Trend: Eine Expertengruppe für Meeressäuger aus Dänemark, Deutschland und den Niederlanden beobachtet viele Jungtiere – trotz gleichzeitigem Rückgang des Seehundbestands im Wattenmeer.

Seehunde zählen zu den größten Meeresraubtieren im Wattenmeer. (Archivbild)
Foto: Federico Gambarini/dpa

Die Zahl der Seehunde im Wattenmeer und auf Helgoland nimmt langfristig ab, gleichzeitig wurde eine außergewöhnlich hohe Zahl an Jungtieren beobachtet. Zu diesem Ergebnis kommt eine trilaterale Expertengruppe für Meeressäuger in ihrem Bericht «Zählungen der Seehunde im Wattenmeer 2025». Beteiligt an dem Projekt waren Forscherinnen und Forscher sowie Verwaltungsmitarbeiter aus Dänemark, Deutschland und den Niederlanden. 

Sterben mehr Jungtiere?

Insgesamt sei die Zahl der Seehunde in den vergangenen zehn Jahren zurückgegangen – gleichzeitig nimmt der Anteil der Jungtiere am Gesamtbestand weiter zu, heißt es im Bericht. «Die Zahlen könnten auf einen höheren Anteil tragender Weibchen am Gesamtbestand bei gleichzeitig höherer Jungtiersterblichkeit hindeuten. Dies würde bedeuten, dass insgesamt weniger Jungtiere das Erwachsenenalter erreichen», sagt Anders Galatius, Hauptautor des Berichts und leitender Forscher am Institut für Ecoscience der Universität Aarhus, laut Mitteilung.

Es könnte auch sein, dass während der Zählungen im Zeitraum des Fellwechsels weniger Tiere auf den Sandbänken sind. Beide Annahmen sind jedoch vorläufig – weitere Forschung ist erforderlich, um die Ursachen dieses Phänomens zu verstehen.

Touristen stören Jungtiere und Mütter

Während der Sommermonate Juni bis September – in die Geburt und Jungenaufzucht fallen – brauchen Seehunde Ruhe, erläutert die Seehundstation Norddeich (Kreis Aurich). «Während dieser Monate befinden sich jedoch im Wattenmeer zahlreiche Touristen, die durch Aktivitäten wie unbedachte Wattwanderungen, Wassersport oder falsches Verhalten die Seehunde nachhaltig stören.» Einige Experten halten Störungen durch Menschen für die häufigste Ursache für die Trennung von Muttertier und Welpen, schreibt die Station auf ihrer Homepage. 

Diese Störungen können für junge Seehunde demnach fatale Folgen haben. Werden die Seehundmütter zum Beispiel beim Säugen unterbrochen, kann es bei den Welpen zu Untergewicht bis hin zum Tode durch Nahrungsmangel oder Erfrieren kommen. Müssen die Tiere flüchten, weil sich Touristen zu nah an einer Schutzzone aufhalten, verbrauchen sie Energie, die ihnen gleichzeitig durch mangelndes Säugen fehlt.

Bei jungen Tieren, deren Nabel noch offen ist, können durch Reibung auf Sand während des Robbens große Wunden, Nabelbrüche oder sogar lebensbedrohliche Bauchfellentzündungen entstehen.

Regionale Unterschiede bei den Zahlen 

Die Gesamtzahl von 23.954 Seehunden, die im August 2025 in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, den Niederlanden und in Dänemark gezählt wurden, entspricht einem leichten Anstieg von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr. «Wie bereits bei den Zählungen von 2022 bis 2024 liegt diese Zahl jedoch weiterhin unter allen Erhebungen der Jahre 2012 bis 2021», heißt es im Forschungsbericht. Dies könnte auf eine Stabilisierung des Bestands auf niedrigerem Niveau hindeuten. 

Die regionalen Trends sind unterschiedlich: In Dänemark und Schleswig-Holstein sanken die Zahlen. In Niedersachsen, Hamburg, auf Helgoland und in den Niederlanden stiegen sie laut Zählung.

Die Erhebungen von 2025 zeigten nach den vergleichsweise niedrigen Jungtierzahlen in den Jahren 2022 bis 2024 die zweithöchste absolute Anzahl von Jungtieren seit Beginn der grenzübergreifenden Zählungen. Insgesamt wurden 10.044 Jungtiere gezählt – ein Anstieg um 22 Prozent im Vergleich zu 2024. Auch bei den Jungtieren gibt es regionale Unterschiede.

Seehunde sind geschützte Art

Im Zuge des Monitorings der trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit organisiert die Expertengruppe für Meeressäugetiere die Zählungen und konsolidiert die Daten aus der gesamten Wattenmeerregion. Seehunde sind gemäß einer Vereinbarung zum Schutz der Seehunde im Wattenmeer unter der Schirmherrschaft des UN-Übereinkommens zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten (CMS) trilateral geschützt.

dpa