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Explosionen an Ostsee-Pipelines: Methan im Meer gelöst statt in Atmosphäre

Forscher schätzen, dass 10.000-50.000 Tonnen Methan im Meer geblieben sind, was 27-86% der freigesetzten Menge entspricht.

Im September 2022 hatte es Explosionen an den Nord-Stream-Gasleitungen gegeben, die von Russland nach Deutschland führen. Aus mehreren Lecks waren tagelang große Mengen Gas ausgetreten.
Foto: -/ESA/dpa

Ein großer Teil des bei den Explosionen an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 freigesetzten Methans ist nicht in die Atmosphäre gelangt, sondern hat sich im Meer gelöst. Darauf schließt ein Forschungsteam aus innerhalb einer Woche nach den Explosionen gewonnenen Daten. «Auf der Grundlage unserer Messungen schätzen wir, dass zwischen 10.000 und 50.000 Tonnen Methan in gelöster Form im Meer verblieben sind», sagte Katarina Abrahamsson von der Universität Göteborg. Das entspreche je nach berücksichtigter Schätzung 27 bis 86 Prozent der insgesamt freigesetzten Menge.

Es wurde berichtet, dass ein Teil des Methans von Bakterien aufgenommen wurde, die das Gas verwerten. Methan ist auch sonst im Wasser vorhanden, da es bei der Zersetzung von organischem Material in den Bodensedimenten entsteht. Es ist noch unklar, welche Auswirkungen die erhöhten Methan-Werte auf die Lebewesen in der südlichen Ostsee hatten. Untersuchungen dazu sind noch im Gange.

Gasaustritt über Tage

Im September 2022 gab es Explosionen an den Nord-Stream-Gasleitungen, die von Russland nach Deutschland führen. Große Mengen Gas traten tagelang aus mehreren Lecks aus. Es handelte sich laut Experten um den bisher größten dokumentierten Methan-Ausstoß in der Geschichte der Menschheit. Das austretende Gas bildete einen etwa 900 Meter breiten Blasenteppich an der Wasseroberfläche, Messungen zeigten erhöhte Methan-Werte in der Atmosphäre.

Eine Ende 2022 vorgestellte Analyse chinesischer Forscher hatte ergeben, dass die Freisetzung kaum negative Wirkung auf das Klima haben dürfte. Sie schätzten die in die Atmosphäre freigesetzte Menge damals auf 220.000 Tonnen. Allein die globale Öl- und Gas-Industrie habe im Zeitraum zwischen 2008 und 2017 jährlich bis zu 70 Millionen Tonnen Methan ausgestoßen, erläuterte das Team im Fachmagazin «Advances in Atmospheric Sciences». Das aus den Pipelines entwichene Gas mache also nur einen Tag der jährlichen Emissionen des Sektors aus, womit sich eine kaum messbare Auswirkung auf das Klima ergebe. 

Klimawirksamer als CO2

Methan ist nach Kohlendioxid (CO2) das zweitwichtigste Treibhausgas, und seit Beginn der industriellen Revolution wird geschätzt, dass es etwa 30 Prozent zur Klimaerwärmung beigetragen hat. Es ist ein äußerst effektives Treibhausgas: Über einen Zeitraum von 20 Jahren betrachtet, ist es etwa 85 Mal so klimawirksam wie CO2. Etwa 60 Prozent des Methans in der Atmosphäre sind auf menschliche Einflüsse zurückzuführen. Etwa 40 Prozent dieser Emissionen entstehen laut der Internationalen Energieagentur (IEA) im Energiesektor.

CO2 verbleibt hunderte oder mehr Jahre in der Atmosphäre, während Methan sich nach ungefähr zwölf Jahren langsam abbaut.

dpa