Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Urteil gegen Hamburger Flughafen-Geiselnehmer erwartet

Mehr als 18 Stunden drohte der Hamburger Flughafen-Geiselnehmer, sich mit seiner kleinen Tochter in die Luft zu sprengen. Im Prozess gegen den 35-Jährigen steht nun das Urteil des Landgerichts an.

Dem Angeklagten im Prozess um die Geiselnahme am Hamburger Flughafen im November 2023 wird Geiselnahme, Entziehung Minderjähriger, vorsätzliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen.
Foto: Ulrich Perrey/dpa

Heute wird das Urteil der Strafkammer am Landgericht im Prozess gegen den Hamburger Flughafen-Geiselnehmer erwartet. Dem Angeklagten wird Geiselnahme, Entziehung Minderjähriger, vorsätzliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Der Mann hat die Taten größtenteils zugegeben. Eine psychiatrische Sachverständige hat ihn als voll schuldfähig eingestuft.

Bombendrohung auf dem Flughafen

Im Rahmen eines Sorgerechtsstreits entführte der 35-jährige Türke am 4. November des letzten Jahres seine Tochter aus der Wohnung seiner Ex-Frau in Stade, Niedersachsen. Mit der Vierjährigen im Auto durchbrach er drei Schranken an einem Tor und gelangte auf das Vorfeld des Flughafens. Dort warf er zwei Brandsätze aus dem Auto und feuerte dreimal in die Luft. Er verlangte ein Flugzeug für die Ausreise in die Türkei mit seiner Tochter und drohte damit, sich und das Kind in die Luft zu sprengen. Ein vermeintlicher Sprengstoffgürtel stellte sich später als Attrappe heraus. Erst nach 18-stündigen Verhandlungen mit der Polizei gab der 35-Jährige auf. Der Flugbetrieb war über 20 Stunden lang unterbrochen.

Der Staatsanwalt hat beantragt, dass der Angeklagte zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt wird. Der mögliche Strafrahmen liegt zwischen 5 und 15 Jahren. Die Verteidigerin hat in ihrem Plädoyer kein spezifisches Strafmaß genannt. Sie bezeichnete den Fall als weniger schwerwiegend, da sie glaubt, dass der Angeklagte das Kind bereits vor dem Ende der Geiselnahme freilassen wollte. Ihr Mandant fühlte sich im Sorgerechtsstreit extrem unfair behandelt. Die Tat beging er aus Verzweiflung, da er seine Tochter seit 14 Monaten nicht sehen durfte.

Angeklagter vorbestraft

Nur sechs Monate vor der Tat, im Mai 2023, wurde der 35-Jährige vom Amtsgericht Stade bereits zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt, weil er das damals dreijährige Kind im März 2022 eigenmächtig in die Türkei gebracht hatte. Die Mutter folgte und konnte die Tochter in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zurückbringen.

Zum Prozessauftakt Ende April hatte sich der Angeklagte bei der Polizei und den betroffenen Passagieren entschuldigt. In seinem letzten Wort ließ er jedoch keine Reue erkennen, sondern erhob mit lauter Stimme schwere Vorwürfe gegen die deutschen Behörden und besonders gegen das Familiengericht, welches das Sorgerecht seiner Ex-Frau zugesprochen hatte. Er sei nur ein Vater, der sein Kind schützen wolle. «Unser Problem wurde in keinster Weise beantwortet», beklagte er nach den Worten eines Dolmetschers.

Nebenklagevertreterin: Angeklagter uneinsichtig

Die Nebenklagevertreterin, die die Mutter und die Tochter vertritt, hatte dem Angeklagten in ihrem Plädoyer vorgeworfen, keinerlei Einsicht zu zeigen. Der 35-Jährige halte sein Handeln für richtig. Er habe nicht verstanden, dass es in dem Prozess gar nicht um das Sorgerecht für das Kind gehe. Der Angeklagte habe sich mit keinem einzigen Wort bei seiner Ex-Frau entschuldigt. «Er hält uns alle offenbar für einen Witz», meinte Anwältin Filiz Sen.

dpa