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Vergessenes Treibhausgas: Lachgas-Ausstoß nimmt schnell zu

Geht es um die Klimakrise, bekommt Kohlendioxid stets die größte Aufmerksamkeit. Ein anderes Gas wird oft wenig beachtet: Lachgas. Dabei erzeugen Menschen eine immer größere Menge davon.

Die Landwirtschaft ist einer Studie zufolge für 74 Prozent des menschlichen Lachgas-Ausstoßes verantwortlich.
Foto: Brunno Covello/dpa

Die Produktion von klimaschädlichem Lachgas nimmt weltweit zu. Nach Kohlendioxid und Methan ist es das drittwichtigste Treibhausgas. Seit 1980 sind die menschengemachten Lachgasemissionen um etwa 40 Prozent gestiegen, so der Forschungsverbund Global Carbon Project unter Leitung des Boston College in den USA. Besonders hohe Werte wurden in den Jahren 2020 und 2021 festgestellt.

Mediziner verwenden Lachgas, auch bekannt als Distickstoffmonoxid oder N2O, als Narkosemittel. Größere Mengen entstehen jedoch versehentlich, z.B. durch das Düngen von Feldern oder die Verbrennung fossiler Brennstoffe, und gelangen so in die Atmosphäre.

Haupttreiber: chemischer Dünger und Gülle

Laut Forschenden stammen sogar zwei Drittel der aktuellen Emissionen von Lachgas auf natürliche Weise aus der Luft. Obwohl es normalerweise abgebaut wird, haben die Menschen in den natürlichen Stickstoff-Kreislauf der Erde eingegriffen.

Sie verwenden den Stickstoff aus der Luft – also N2, nicht N2O -, um durch ein chemisches Verfahren Dünger herzustellen. Dazu kommt die Gülle, die auf Weiden verbleibt oder auf Feldern ausgebracht wird. Wenn dieser Dünger nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen wird, kann er direkt zu Lachgas umgewandelt werden oder später indirekt in die Atmosphäre gelangen.

Insgesamt ist die Landwirtschaft laut der Studie mittlerweile für 74 Prozent des menschlichen Lachgas-Ausstoßes verantwortlich. Besonders in Ländern, in denen die Bevölkerung um viele Millionen wuchs, stiegen auch die Lachgas-Emissionen in den vier untersuchten Jahrzehnten stark an, darunter besonders in China und Indien. In Europa hingegen ging der Ausstoß zurück, unter anderem, weil weniger fossile Brennstoffe verwendet wurden und die chemische Industrie ihre Prozesse änderte.

25 Prozent mehr in der Atmosphäre

Etwa zehn Millionen Tonnen Lachgas verursachte die Menschheit 2020 und 2021 pro Jahr, heißt es nach Angaben des Boston College weiter. Während im Jahr 1750 in der Atmosphäre noch 270 Lachgas-Teilchen pro Milliarde Teilchen (ppb) zu finden waren, stieg dieser Anteil im Jahr 2022 auf 336 Teilchen – ein Zuwachs um fast 25 Prozent.

Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen, dass es zur Einhaltung der Klimaziele nötig sei, auch die Lachgas-Emissionen zu verringern. Nur dann könne der globale Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzt werden, erklärte der Erstautor Hanqin Tian vom Boston College. «Die Reduzierung der Lachgasemissionen ist die einzige Lösung, da es derzeit keine Technologien gibt, Lachgas aus der Atmosphäre zu entfernen.»

Reduzierung durch gezieltere Düngung möglich

Um die Menge an anthropogenem Lachgas zu reduzieren, schlagen Experten mehrere Lösungsansätze vor. Die US-amerikanische Umweltschutzbehörde empfiehlt beispielsweise, Düngemittel effizienter einzusetzen, um den Überschuss im Boden zu verringern, der zu Lachgas werden kann. Darüber hinaus wird empfohlen, weniger Öl, Gas und Kohle zu verbrauchen und Katalysatoren bei ihrer Verbrennung zu verwenden.

Bei der äußerst umfangreichen Studie waren 58 Fachleute aus 15 Ländern beteiligt, auch aus Europa. Sie analysierten Millionen von Messungen aus vier Jahrzehnten: aus der Luft, aus Süßwasser und den Ozeanen. Tian bezeichnete sie als die bisher umfassendste Untersuchung des globalen Lachgases. Aufgrund großer Unsicherheiten, insbesondere hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit, geben die Forscher eine breite Palette von N2O-Emissionen an. Die Messungen des N2O-Anteils in der Atmosphäre sind jedoch sehr präzise.

dpa