Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Verpackungen von 1994 – Blässhühner recyceln Plastik

Plastik hält sich hartnäckig in der Umwelt. Das machen sich Blässhühner zunutze. Sie erschließen sich neue Lebensräume – und sparen sich dabei viel Arbeit.

Auch in Deutschland nutzen Blässhühner oft Müll für ihre Nester. In Amsterdam wurden nun Nestbauten untersucht. (Archivbild)
Foto: Sina Schuldt/dpa

Mars-Verpackungen, McDonald’s-Plastik sowie reichlich Covid-Masken: Recycelter Plastikabfall ermöglicht es Blässhühnern, mitten in Großstädten zu nisten. Einige Nester werden sogar über Jahrzehnte genutzt, wie anhand von alten Plastikverpackungen klar wird. Darüber berichten Biologen nach der Analyse etlicher Nester in der Innenstadt von Amsterdam im Fachjournal «Ecology».

Schicht um Schicht älteres Plastik

Das Team von Auke-Florian Hiemstra von der Universität Leiden sammelte im Herbst 2021 Nester von Blässhühnern (Fulica atra) im Zentrum von Amsterdam. Beim Auseinandernehmen der Gelege, die größtenteils aus Kunststoff bestanden, stießen die Forschenden Schicht für Schicht auf immer ältere Plastikreste.

Am produktivsten war ein Nest in einem Kanal unter einer Anlegestelle in einem ausgehöhlten Metallrohr, das knapp über die Wasseroberfläche reichte – kurioserweise gegenüber vom archäologischen Museum der Universität Amsterdam. Dort fand das Team 635 Kunststoff-Reste. Über 200 davon waren von Lebensmittelverpackungen, von denen 32 ein entzifferbares Datum trugen – und somit datierbar waren.

Teile von 1994, 1996, 2020

Die ältesten Plastikteile reichen bis in die 1990er Jahre zurück: Eine Mars-Packung verweist auf die Fußball-WM 1994 in den USA, manche der vielen McDonald’s-Packungen stammen von 1996. Die oberen Teile des Nests waren dagegen mit 14 Covid-Masken ausgekleidet, stammen also frühestens von 2020. «Das Nest erzählt die gesamte Geschichte dieser Vögel in Amsterdam», sagt Hiemstra.

Blässhühner bauen normalerweise jedes Jahr neue Nester aus schnell verrottenden Naturstoffen. Laut einer Studie drangen die Vögel erstmals 1989 in die Innenstadt von Amsterdam vor, wo es kaum solches Baumaterial gibt.

Plastik-Nest hält ewig

Laut der Studie deuten Fotos darauf hin, dass das Nest gegenüber dem archäologischen Museum in den letzten 30 Jahren etwa zehnmal zum Brüten genutzt wurde – dank der Kunststoffabfälle. Das Team schreibt, dass dies den Vögeln den aufwendigen jährlichen Nestbau erspart.

Laut der Studie nistet neben dem Blässhuhn im Zentrum von Amsterdam auch der Haubentaucher (Podiceps cristatus). Dieser Vogel kann sein Nest ebenfalls mit Plastik bauen.

dpa