Über 900.000 Hektar Waldverlust in Deutschland seit 2017 – Online-Plattform für Datenzugriff eingerichtet
Alarmierende Satellitendaten: Deutscher Wald schrumpft dramatisch

Laut den neuesten Satellitendaten schrumpft der Baumbestand in Deutschland weiter dramatisch. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat mitgeteilt, dass zwischen Herbst 2017 und Herbst 2024 mehr als 900.000 Hektar Wald verloren gegangen sind. Dies entspricht etwa 8,5 Prozent der gesamten deutschen Waldfläche. Die Verluste haben sich seit 2021 fast verdoppelt, wie das DLR nachgewiesen hat. Ein möglicher Wiederbewuchs ist laut DLR bei den Daten jedoch nicht berücksichtigt, da die Jungpflanzen während des siebenjährigen Beobachtungszeitraums noch zu klein sind.
Besonders stark betroffen von Waldschäden sind den Satellitendaten zufolge der Harz, Südwestfalen, der Südosten von Thüringen und die Grenzregion von Sachsen zu Tschechien. Dort lag der Anteil des sogenannten «Kronendachverlusts» am gesamten Wald in einigen Gemeinden teilweise deutlich über 50 Prozent. In einigen Gemeinden wie der Stadt Oberharz am Brocken sogar bei über 61 Prozent.
Vor allem die Mitte Deutschlands ist betroffen
«Umwelteinflüsse und Schädlingsbefall haben in unseren Wäldern deutliche Spuren hinterlassen», sagte die Vorstandsvorsitzende des DLR, Anke Kaysser-Pyzalla. Ungewöhnlich starke Dürreperioden, Hitzewellen und Stürme hätten Deutschlands Wäldern in den vergangenen Jahren zugesetzt. Die gestressten Bäume seien zudem anfällig für Schädlinge, so dass vielerorts Bäume absterben und teilweise großflächig notgefällt werden müssten. Um auf den Rückgang des Waldes besser reagieren zu können, hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt eine neue Online-Plattform freigeschaltet, mit der Holzwirtschaft, Kommunen und Politik Zugriff auf die Daten erhalten.
Eine Studie des Helmholtz-Instituts für Umweltforschung (UFZ) im vergangenen Jahr zeigte, dass vor allem die Mitte Deutschlands von vermehrten Waldschäden betroffen ist. Regionen wie der Harz, der Thüringer Wald, das Sauerland und die Sächsische Schweiz verzeichneten ab dem Jahr 2019 vermehrt Schäden in den Wäldern. Besonders stark waren die Schäden in den Mittelgebirgsregionen, in denen nach 1945 Fichten angepflanzt wurden. Aber auch bei Kiefern, Buchen und Eichen gab es regionale Ausfälle. Die neuen Satellitendaten des DLR zeigen zudem, dass der Waldverlust nicht nur in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auftrat, sondern auch danach weiter anhielt.
Nur jeder fünfte Baum ohne Kronenschaden
In Bezug auf die Schadfläche gibt es jedoch unterschiedliche Angaben zum Waldverlust in Deutschland. Das Thünen-Institut, das jährlich den Waldzustandsbericht erstellt, schätzte die Fläche, die nach Schäden wieder aufgeforstet werden muss, auf etwa 490.000 Hektar. Der Verband der Waldbesitzer ging im letzten Jahr von etwa 600.000 Hektar aus. Bei den vom DLR festgestellten 900.000 Hektar sind nach Meinung von Experten auch Flächen enthalten, auf denen entweder bereits wieder aufgeforstet wurde oder Bäume aufgrund menschlicher Eingriffe, wie z.B. Forstwirtschaft oder zur Verhinderung eines Schädlingsbefalls, gefällt wurden.
Die kürzlich veröffentlichten Satellitendaten erweitern die jährliche Waldzustandserhebung, die das Thünen-Institut im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums durchführt. Dabei wird jedes Jahr der Kronenzustand und somit die Vitalität der deutschen Wälder in einem systematischen Stichprobennetz bewertet. Laut dem neuesten Bericht wies nur etwa jeder fünfte Baum in Deutschland keinen Kronenschaden auf.
Wetterstress für Wälder bleibt hoch – Angepasste Maßnahmen notwendig
Extreme Wetterereignisse wie ungewöhnlich starke Dürre- und Hitzeperioden werden nach Ansicht des DLR in Hinblick auf den globalen Wandel weiter zunehmen. Die in Deutschland dominierenden Fichtenwälder etwa hätten durch die trockene Hitze und die dadurch begünstigten Borkenkäfer-Populationen bereits drastische Verluste erlitten – diese Entwicklung werde sich in den kommenden Jahren voraussichtlich fortsetzen.
Für das Waldmanagement sei es daher essenziell, solche Trends vorherzusehen. Langjährige Satellitendaten-Zeitreihen ermöglichten es, die großen Waldgebiete kontinuierlich zu beobachten und Veränderungen zu erkennen. «Die bisherigen Daten machen deutlich, dass Reinkulturen von Fichten, Kiefern und Buchen besonders gefährdet sind», teilte das DLR mit. Mischwälder hingegen seien resilienter und wiesen eine bessere Risiko-Verteilung auf. Biodiversität und eine gemischte Waldstruktur mit jungen wie auch alten Bäumen seien daher ein Schlüssel für gesunde Wälder.