Einst wurden sie wegen ihres Pelzes auf Farmen gezüchtet, inzwischen kommen sie deutschlandweit vor. Vor allem an Flüssen und Deichen werden Nutrias laut Jägerschaft zu einer größer werdenden Gefahr.
Warum mehr Nutrias eine Gefahr für den Hochwasserschutz sind
Die Nutrias werden nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) zunehmend zu einer Gefahr für den Hochwasser- und Artenschutz. «Wir sehen anhand unserer Daten, dass sich die Nutria in Deutschland weiter ausbreitet», sagt DJV-Präsident Helmut Dammann-Tamke, der Deutschen Presse-Agentur. «Das hat mehrere negative Auswirkungen.»
Die Nager, die ähnlich wie Biber aussehen, graben meterlange Tunnel in Uferböschungen und Deiche, was den Hochwasserschutz an Küsten und Flüssen gefährdet. Durch ihr Fressverhalten bedrohen Nutria auch den Lebensraum anderer, teils seltener Tierarten. Die Nager stammen ursprünglich aus Südamerika.
«Nutrias lieben es, Röhricht zu fressen. Sie sorgen dafür, dass komplette Flussläufe schilffrei werden. Das hat gravierende Folgen für die Artenvielfalt», sagt der DJV-Präsident. Denn die Schilfgebiete, in denen die Fließgeschwindigkeit von Flüssen in der Regel langsamer sei, seien Kinderstuben von Insekten, Amphibien, Fischen und Vögeln.
«In Deutschland brauchen wir ein größeres Bewusstsein für diese Gefahren und mehr Unterstützung von Behörden und Politik», sagt Dammann-Tamke, der auch Präsident der niedersächsischen Jägerschaft ist.
Wildtier Stiftung: Gefahr für Deiche
Auch die Deutsche Wildtier Stiftung sieht örtlich Gefahren durch Nutria-Vorkommen vor allem beim Hochwasserschutz. «Herausforderungen und Konflikte mit Nutrias sind lokal, aber sie sind in jedem Fall da», sagt Andreas Kinser, Leiter Natur und Artenschutz bei der Stiftung. Allerdings habe nicht jedes Revier, das Nutria-Vorkommen melde, auch Probleme mit den Tieren.
«Nutrias sind in der Lage, Deiche sehr instabil zu machen. Es müssen hohe Mittel dafür aufgewendet werden, um Schäden zu reparieren», sagt auch Kinser. Der ökologische Schaden durch Nutrias, die Pflanzenfresser seien, sei dagegen im Vergleich zu anderen gebietsfremden Arten wie etwa Waschbären, ein Allesfresser, niedriger einzuschätzen.
Wie sich die Verbreitung entwickelt hat
Laut Jagdverband wurden Nutrias seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland aufgrund ihres Fleisches und Fells in Farmen gehalten. Entkommene und ausgesetzte Tiere besiedeln Flüsse und Seen. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) stuft Nutrias gemäß einer EU-Verordnung als gebietsfremde Arten ein.
Nutrias sind mittlerweile in vielen Teilen Deutschlands anzutreffen. Der Deutsche Jagdverband verweist auf eine Auswertung des Wildtier-Informationssystems der Länder Deutschlands (WILD). Laut dieser Studie haben im Jahr 2023 bundesweit mehr als ein Drittel (35 Prozent) der teilnehmenden Jagdreviere Nutria-Vorkommen gemeldet. Im Vergleich zur ersten Erhebung im Jahr 2015 hat sich die Verbreitung der Tiere verdoppelt, wie der Jagdverband mitteilt. Die Auswertung deckt ein Drittel der forst- und landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands ab.
Die meisten Sichtungen finden im norddeutschen Tiefland statt. In NRW haben 60 Prozent der teilnehmenden Jagdreviere Nutrias gemeldet. In Niedersachsen waren es 55 Prozent und in Sachsen-Anhalt 50 Prozent. Nach Expertenmeinung begünstigen mildere Winter und Fütterungen die Ausbreitung der Tiere.
Warum die Fütterung gestoppt werden sollte
Der Jagdverband fordert, Nutrias ins Bundesjagdgesetz aufzunehmen, was die Jagd auf sie nach seinen Angaben bundesweit vereinheitlichen und vereinfachen würde. Auch nach Einschätzung der Deutschen Wildtier Stiftung führt kein Weg an der Jagd auf die Tiere durch Abschuss oder Fallen vorbei. Kinser weist aber auch auf ein Tierschutzproblem hin. Denn Nutria bekämen potenziell das ganze Jahr über Nachwuchs. «Das heißt, es besteht immer die Gefahr, dass Jungtiere durch die Jagd Elterntiere verlieren», sagt der Wildbiologe.
Um die Vorkommen einzudämmen, führt das Bundesamt für Naturschutz als Maßnahmen neben der Jagd auch ein Ende der gezielten Fütterung der Tiere an. Darin sehen auch Jäger und Wildtier Stiftung eine Chance. Die Fütterung führe zu einer guten Kondition der Tiere und damit zu einer Ausbreitung, sagt Kinser. «Da eine Sensibilität für zu schaffen, ist nicht nur eine Aufgabe der Jäger, sondern der Kommunen und der Gesellschaft insgesamt.»