Studie zeigt: Flüssigkeit auf Lungenoberfläche macht Organ verformbarer und Atmen einfacher. Neue Ansätze zur Behandlung von Lungenproblemen möglich.
Tiefe Atemzüge verbessern die Lungenfunktion
Seufzen kann einer internationalen Studie zufolge die Lungenfunktion erleichtern. Das damit verbundene tiefe Durchatmen spiele eine entscheidende Rolle, um die Formbarkeit der Lunge wiederherzustellen, schreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Federführung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) in der Fachzeitschrift «Science Advances».
Grundsätzlich dehnt sich die Lunge beim Einatmen aus, beim Ausatmen zieht sie sich zusammen. Bei dieser Bewegung leisten das Gewebe und die Oberfläche des Organs einen Widerstand. Diesen Widerstand verringert die Flüssigkeit auf der Lungenoberfläche – und zwar, wie die Studie zeigt, insbesondere nach tiefen Atemzügen. «Die Flüssigkeit benetzt die ganze Oberfläche, die Lunge wird dadurch verformbarer – oder um es mit einem technischen Ausdruck zu sagen – nachgiebiger», erläutert Studienleiter Jan Vermant in einer ETH-Mitteilung zur Studie.
Die Materialwissenschaftler im Labor untersuchten, wie sich die Lungenflüssigkeit in verschiedenen Szenarien verhält. Sie simulierten die Bewegungen von normalen und besonders tiefen Atemzügen und maßen die Oberflächenspannung der Flüssigkeit dabei.
Oberflächenspannung der Flüssigkeit sank nach tiefen Atemzügen
«Diese Spannung beeinflusst, wie nachgiebig die Lunge ist», sagt Vermant. Je nachgiebiger das Organ sei, desto weniger Widerstand gebe es beim Zusammenziehen und Ausdehnen – und desto einfacher falle somit das Atmen.
Die Forschenden betonen, dass die Messungen im Labor zeigten, dass die Oberflächenspannung nach tiefen Atemzügen deutlich abnahm. Dies könne das befreiende Gefühl in der Brust, das sich nach einem tiefen Seufzer oft einstelle, physikalisch erklären.
Schichten sollten unterschiedlich sein
Die Flüssigkeit an der Oberfläche der Lunge hat mehrere Schichten, um das Organ beim Ein- und Ausatmen gut ausdehnen und zusammenziehen zu lassen. Die oberste Schicht sollte steif sein, während die darunter liegenden Schichten weicher und zarter sein sollten, erklärt Erstautorin Maria Novaes-Silva.
Wenn die Atmung flach ist und sich die Flüssigkeit nur wenig bewegt, nimmt die Schichtung der Flüssigkeit im Laufe der Zeit ab. Hingegen könnten gelegentliche tiefe Atemzüge die ideale Schichtung wiederherstellen.
Die Gruppe schreibt, dass dies mit klinischen Beobachtungen übereinstimmt, denen zufolge das Atmen bei konstant flacher Atmung immer schwerer fällt. Die Erkenntnisse könnten neue Wege zur Behandlung von Lungenproblemen aufzeigen.