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Warum wir nach Sättigung noch Lust auf Süßes haben

Der Spruch «Nachtisch hat immer Platz» hat einen realen Hintergrund: Nervenzellen, die nach dem Essen ein Gefühl der Sattheit geben, sorgen auch für Lust auf Süßes. Dafür gibt eine simple Erklärung.

Forscher am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln haben herausgefunden, dass die Lust auf Süßes nach einem sättigenden Essen im Gehirn verankert ist.
Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Die meisten Menschen kennen das Gefühl: Auch nach einer sättigenden Mahlzeit hat man noch Lust auf Süßes. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Kölner Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung hat nun die Grundlagen dafür ermittelt. Es wurde festgestellt, dass der sogenannte Dessertmagen im Gehirn verankert ist: Die gleichen Nervenzellen, die uns nach dem Essen ein Sättigungsgefühl vermitteln, sorgen auch dafür, dass wir dann noch Lust auf Süßigkeiten haben.

In der Studie untersuchten die Forscher um Henning Fenselau die Reaktion von Mäusen auf Zucker. Dabei stellten sie fest, dass Mäuse auch dann Desserts essen, wenn sie völlig gesättigt sind, wie das Team im Fachjournal «Science» schreibt. Untersuchungen des Gehirns ergaben, dass dafür eine bestimmte Gruppe von Nervenzellen verantwortlich ist. Diese sogenannten POMC-Neuronen würden aktiv, sobald der Körper Nahrung aufgenommen habe.

Belohnungsgefühl durch Süßes

Wenn Mäuse satt sind und Süßes essen, geben diese Nervenzellen nicht nur Botenstoffe ab, die Sättigung signalisieren, sondern auch ein körpereigenes Opiat, das ß-Endorphin. Laut der Studie löst dies ein Belohnungsgefühl aus, das die Tiere dazu bringt, noch mehr Zucker zu essen. Der Mechanismus wurde in den Experimenten bereits aktiviert, wenn die Tiere Zucker nur wahrgenommen haben, ohne ihn zu essen.

Hirnuntersuchungen an Versuchspersonen ergaben, dass beim Menschen die gleiche Hirnregion auf Zucker reagiert. Dort befänden sich – wie bei Mäusen – viele Opiat-Rezeptoren in der Nähe von Sättigungsneuronen. «Aus evolutionärer Sicht macht das Sinn: Zucker ist in der Natur selten, liefert aber schnell Energie», sagte Studienleiter Fenselau. Das Gehirn sei so programmiert, dass es die Aufnahme von Zucker dann steuere, wenn er verfügbar sei. 

Therapiemöglichkeit bei Übergewicht

Die Ergebnisse könnten für die Behandlung von Übergewicht bedeutend sein. Zwar gebe es bereits Medikamente, welche Opiat-Rezeptoren im Gehirn blockierten. Doch der Gewichtsverlust sei geringer als bei Abnehmspritzen. Möglicherweise sei eine Kombination verschiedener Therapien sinnvoll, sagte Fenselau: «Das müssen wir aber noch untersuchen.»

dpa