Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Nachhaltiger Tourismus in Europa: Maßnahmen gegen Massentourismus und Klimawandel

Europäische Urlaubsländer ergreifen gezielte Maßnahmen, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und attraktiv zu bleiben.

Zahlreiche Menschen sind am Strand von Mondello auf Sizilien zu sehen. Italien leidet besonders unter Übertourismus.
Foto: Alberto Lo Bianco/LaPresse via ZUMA Press/dpa

Sommer, Sonne, Strand – Ferien können wunderbar sein. Angesichts von Massentourismus und Klimakrise kommen jedoch viele Menschen ins Grübeln. Wie kann ich mit einem möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck reisen?

Europäische Urlaubsländer, die bei deutschen Touristen beliebt sind, bemühen sich mit spezifischen Maßnahmen und Angeboten, um ihr Image zu verbessern und weiterhin attraktiv zu bleiben. Ein Überblick:

Italien

Das beliebte Reiseland vieler deutscher Urlauber leidet stark unter Überfüllung. Im Jahr 2023 wurden beinahe eine halbe Milliarde Übernachtungen verzeichnet. In Städten wie Rom oder Florenz ist der Besucheransturm manchmal unerträglich – aber auch in kleineren Städten wie Bozen, Capri oder San Gimignano drängen sich die Massen. In Venedig wird nun an bestimmten Terminen eine Eintrittsgebühr von fünf Euro erhoben, um Tagesbesucher abzuhalten.

In Rom, der Hauptstadt, kommt es häufig vor, dass Urlauber aufgrund der Hitze zusammenbrechen. Obwohl es schon immer Brunnen mit Trinkwasser an den Straßenecken gab, ist allen bewusst, dass dies angesichts des Klimawandels nicht mehr ausreicht. Daher wird nun versucht, die Stadt wieder zu begrünen. Derzeit werden 100.000 Bäume gepflegt, die Schatten spenden sollen. Auch in vielen anderen Städten wird darauf geachtet, den steigenden Temperaturen entgegenzuwirken: mit neuen Architekturprojekten, strikten Verbotszonen für Autos und staatlichen Zuschüssen für Hausbesitzer, die umweltfreundlich umrüsten möchten.

Spanien

Spanien, das beliebteste Urlaubsland Europas, verzeichnet einen neuen Rekord bei den Besucherzahlen: Im ersten Quartal wurden bereits 24 Millionen Touristen gezählt, was einem zweistelligen Plus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Der Massentourismus führt an Hotspots wie Barcelona, den Kanaren oder vor allem den Balearen nicht nur zu sozialen Problemen wie der Verdrängung von Einheimischen, sondern auch zu erheblichen Umweltproblemen.

Die Regierung auf Mallorca und den anderen Baleareninseln versucht, gegenzusteuern. Seit 2022 gilt dort ein Gesetz zur Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft im Tourismusbereich. Hotels, Restaurants und andere Teile der Tourismusindustrie sollen umweltfreundlicher wirtschaften. Sie müssen offenlegen, wie viel Energie und Wasser sie verbrauchen, welchen Müll sie produzieren und woher sie ihre Lebensmittel beziehen. Anschließend müssen sie sparen: bei Energie, Wasser und Müll. Es wird auch über Photovoltaikanlagen, eine Isolierung der Häuser und die Nutzung von Abluftwärme gesprochen.

Kroatien

Das attraktive Urlaubsziel an der Adria mit seinen idyllischen Buchten und Inseln zieht eine wachsende Anzahl von Touristen an. Im Jahr 2023 verzeichnete das Ministerium für Fremdenverkehr 20,6 Millionen Reisende mit 108 Millionen Übernachtungen – darunter viele Deutsche. Die Touristenströme konzentrieren sich hauptsächlich auf die Sommermonate. Die architektonische Perle Dubrovnik mit ihrer malerischen Seefestung kämpft mit Überfüllung – die Stadt an der südlichen Adria hat mittlerweile die Zufahrt von Kreuzfahrtschiffen und Bussen mit Tagesausflüglern eingeschränkt.

Eine Milliarde Euro soll für eine Strategie zur Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus bis 2030 bereitgestellt werden. Es wird angestrebt, touristische Destinationen abseits der Adriaküste zu fördern, einschließlich des Ausbaus des Wellness- und Gesundheitstourismus. Durch die Renovierung leicht verfallener Sanatorien könnten diese zu einem zeitgemäßen Angebot werden.

Griechenland

Tourismus und Klimawandel stellen für das Land ein Dilemma dar: Einerseits muss es auf Klimaschutz setzen, da es zunehmend von Trockenheit, Überschwemmungen und katastrophalen Waldbränden betroffen ist. Andererseits ist Griechenland auf den Tourismus angewiesen, einem der wichtigsten Faktoren der griechischen Volkswirtschaft.

Die Regierung plant, zwei Milliarden Euro in den Zivil- und Klimaschutz zu investieren, um zum Vorreiter für neue Lösungen und nachhaltigen Tourismus zu werden. Es werden lokale Maßnahmen ergriffen, wie auf der Insel Tilos, wo 90 Prozent des Mülls recycelt werden, oder auf der Insel Astypalea, die vollständig auf E-Mobilität und grüne Energie umgestellt werden soll. Der Anteil von Wind- und Sonnenkraft am griechischen Energiemix liegt mittlerweile bei über 50 Prozent.

Österreich

Seit Jahren erweitert das Land seine Angebote für nachhaltigen und klimaschonenden Tourismus. Busse und Bahnen sollen attraktiver werden. Ab Juli 2025 können Touristen, die im Bundesland Salzburg übernachten, gegen eine geringe Gebühr in allen öffentlichen Verkehrsmitteln mitfahren. Andere Regionen bieten ähnliche Angebote. Besonders im Wintertourismus wurden Fortschritte erzielt: Lifte, Pistenfahrzeuge und Beschneiungsanlagen werden mit Sonnenkraft oder Biokraftstoffen betrieben und nutzen zu 90 Prozent erneuerbare Energie. Laut Angaben der Österreich Werbung ist der Energieverbrauch pro Nächtigung in den letzten Jahren deutlich gesunken.

Vor dem Hintergrund schneeärmerer Winter sollen in den niedriger gelegenen Gebieten Alternativen zum Skifahren entwickelt werden. Eine nationale Mountainbikestrategie ist das aktuelle Vorhaben. Die Hauptstadt Wien setzt auf das Begrünen von Straßenzügen und weist Urlauber via App auf Hunderte Trinkbrunnen sowie auf die mehr als 100 Nebelduschen hin.

Schweiz

In Genf und anderen Schweizer Städten können Besucher ab einer Übernachtung im Hotel kostenlos mit dem Bus und der Straßenbahn fahren, um den Verkehr zu entlasten. Im Kanton Tessin gibt es sogar das Ticino-Ticket, das im gesamten Kanton von den Bergen im Norden bis zum Lago Maggiore und dem Luganersee gültig ist. Die Gemeinde Lauterbrunnen im Berner Oberland erwägt, die Blechlawine in das Bergdorf mit teilweise kilometerlangen Staus durch eine ähnliche Eintrittsgebühr wie in Venedig zu reduzieren. Dies betrifft ausschließlich die Tagesausflügler, die nur für ein Selfie vor der imposanten Bergkulisse kommen und nicht in der Region übernachten.

Mecklenburg-Vorpommern

Im Nordosten ist das Urlaubsland mit seinen Ostsee-Stränden, Seen, den Inseln Rügen und Usedom sowie 7,6 Millionen Gästen mit 32 Millionen Übernachtungen (2023) als eine Top-Destination bekannt. Es gibt grüne Hotels, Bio-Hotels und Hotels, die klimaneutrale Übernachtungen anbieten. Am Kreuzfahrtstandort Warnemünde sind zwei Landstromanlagen installiert, mit denen entsprechend ausgerüstete Schiffe bei Liegezeiten die Stromversorgung ohne laufende Dieselmotoren und damit emissionsarm sichern.

2023 wurde in MV erstmals der Klima-Fußabdruck der Urlauber gemessen. Der Großteil der Emissionen entfiel mit 46 Prozent auf die Mobilität. Zur Hauptsaison leiden vor allem die Inseln und die Region Fischland-Darß-Zingst unter hohem Urlauberverkehr. Einige Kommunen versuchen mit kostenlosen Bus-Angeboten gegenzusteuern. «Die dezidierte Beschäftigung mit Klimaschutz und Anpassungsstrategien ist ein Langstreckenlauf, von dem erst wenige Etappen bewältigt sind», sagte Verbandschef Tobias Woitendorf.

Allgäu

Das Allgäu strebt trotz des Klimawandels weiterhin an, ein beliebtes Reiseziel zu bleiben. Die bayerische Alpendestination steht vor der Herausforderung, den Skitourismus trotz der Erderwärmung aufrechtzuerhalten. Laut Tourismusverband wird der Rückgang der Tage mit natürlichem Schnee voraussichtlich weitergehen: In Oberstdorf, einem Touristen-Hotspot, wird für das Jahr 2050 von 105 Tagen mit Naturschnee ausgegangen, im Vergleich zu den derzeitigen 118 Tagen.

Die Kunstschneekanonen sind umstritten. Die Allgäuer Tourismuswirtschaft rechtfertigt die technische Beschneiung damit, dass dadurch kein zusätzliches Wasser verbraucht werde. Drei von vier Bergbahnen betrieben zudem die Schneekanonen per Öko-Strom. Umweltschützer halten von der Technik trotzdem nichts. «Der Bund Naturschutz lehnt den Einsatz von Kunstschnee ab, weil er zahlreiche negative Auswirkungen auf die Natur hat und den notwendigen Strukturwandel auf Kosten der Allgemeinheit unnötig hinauszögert», betont der Umweltverband.

dpa