Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Die Wahl der Reinigung: Papier oder Wasser?

Studien zeigen, dass Dusch-WCs die mikrobielle Verunreinigung der Hände deutlich reduzieren im Vergleich zur alleinigen Nutzung von Papier.

Wasser oder Toilettenpapier? Bei dieser Frage scheiden sich nicht nur wissenschaftlich die Geister. (Illustration)
Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Wer in Deutschland aufwächst, ist normalerweise mit nur einer Art der Toilettenhygiene vertraut: Klopapier. Allerdings werden viele Reisende auf Reisen überrascht. In Thailand oder der Türkei hängt plötzlich eine kleine Handbrause neben der Toilette, in Japan beginnt die Keramikschüssel auf Knopfdruck zu sprühen – und nicht wenige fragen sich, was sie damit anfangen sollen.

In vielen Ländern sind Bidetduschen und Dusch-WCs bereits die Norm. Sie werden als hygienischer und umweltfreundlicher angesehen als das trockene Wischen mit Papier. Welche Wahl ist aus wissenschaftlicher und ärztlicher Sicht besser?

Washlets, Bumguns und zusätzliche Bidets

Toilettenpapier in seiner heutigen perforierten Form auf einer Rolle wird in westlichen Ländern seit dem späten 19. Jahrhundert als Standard für die Reinigung nach dem Toilettengang genutzt. Doch Studien zeigen, dass es nicht unbedingt die gründlichste Methode ist – zumindest nicht allein. So ergab etwa eine 2021 im Fachblatt «Journal of Water & Health» veröffentlichte Studie, dass die Kombination aus Toilettenpapier und Dusch-WC die mikrobielle Verunreinigung der Hände nach dem Stuhlgang im Vergleich zur alleinigen Nutzung von Papier deutlich reduziert.

Ein Dusch-WC, auch bekannt als Washlet, ist eine Toilette mit einer eingebauten Wasserdüse im Sitzbereich, die nach dem Toilettengang einen warmen Wasserstrahl zur Reinigung des Intimbereichs verwendet. Dieses Konzept ist vor allem in Japan und Südkorea weit verbreitet. In vielen Ländern Süd- und Südostasiens, sowie im Nahen Osten und Nordafrika sind hingegen Bidethandbrausen, auch als Bumguns bekannt, neben der Toilette üblich. In Italien, Portugal, Spanien, Frankreich und einigen südamerikanischen Ländern ist es üblich, zusätzlich zur Toilette ein Bidet für die Wasserreinigung zu haben.

Vor allem in den USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Skandinavien und eben in Deutschland wird hingegen mehrheitlich auf Toilettenpapier gesetzt, 134 Rollen pro Jahr soll der durchschnittliche Bundesbürger verbrauchen. Für Rose George nicht die beste Methode: Für ihr Buch «The Big Necessity: Adventures In The World Of Human Waste» beschäftigte sich die britische Autorin mit unterschiedlichsten Aspekten menschlicher Ausscheidungen und ist seither überzeugt, dass Toilettenpapier diese zwar entfernt, aber nicht vollständig. Insgesamt sei die Wasserreinigung effektiver: Man würde sich ja auch nicht mit einem trockenen Handtuch duschen, so ihr Fazit.

Wer aggressiv wischt, riskiert Verletzungen

Zu rigoroses Hantieren mit trockenem Klopapier könne schmerzhafte Folgen haben, meint George. Hautarzt Silas Soemantri bestätigt: «Es stimmt, dass aggressives Wischen mit trockenem Toilettenpapier zu mikrotraumatischen Verletzungen führen kann, die Analfissuren begünstigen und Hämorrhoiden verschlimmern können.» Die mechanische Reizung könne kleine Risse in der empfindlichen Haut verursachen, was wiederum Entzündungen begünstige, so Soemantri, der Mitglied im Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) ist.

Der Arzt empfiehlt eine sanfte Reinigung, vorzugsweise mit Wasser oder feuchtem, unparfümiertem Toilettenpapier: «Diese Maßnahme hilft, die Haut zu schonen und weiteren Irritationen vorzubeugen.»

Die Studienlage ist unklar

Untersuchungen zu Bidets zeigen unterschiedliche Ergebnisse. Einige Studien zeigen, dass die Warmwasserdüsen von Bidets und ähnlichen Geräten eine Vielzahl von Bakterien enthalten können. Andere hingegen argumentieren, dass Wasser Krankheitserreger im Intimbereich effektiv entfernt.

2021 warnte wiederum ein Artikel im «Journal of the Anus, Rectum and Colon» davor, dass übermäßiger Bidet-Gebrauch zu Juckreiz im Analbereich und Stuhlinkontinenz führen könne. Ebenso wurde vereinzelt über vermehrte Vaginalinfektionen bei Frauen berichtet.

Andere Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Wasserreinigung speziell für Personen mit Hämorrhoiden vorteilhaft sein könnte – zumindest, wenn der Wasserstrahl nicht zu stark ist.

Auch Hautarzt Soemantri rät Personen, die zu Hämorrhoiden oder anderen Analbeschwerden neigen, auf eine schonende Reinigung zu achten. «Aus dermatologischer Sicht bietet die Wasserreinigung in der Regel die gründlichste und hautschonendste Möglichkeit, den Intimbereich zu säubern, da sie Reizungen durch mechanische Einwirkung minimiert.»

Dabei sollte das Wasser lauwarm und der Wasserdruck moderat eingestellt sein, um Irritationen zu vermeiden. Feuchtes Toilettenpapier stelle die zweite Wahl dar und könne eine akzeptable Alternative sein, sofern es unparfümiert und sanft formuliert sei. Soemantri betont: «Normales trockenes Toilettenpapier sollte nur in Situationen ohne andere Möglichkeit verwendet werden, da es die Haut durch die Reibung reizt und zu wunden Hautirritationen führen kann.»

Dermatologe: Trockenes Toilettenpapier nur in Ausnahmefällen

Der Hautarzt hat noch einen weiteren Tipp: «Eine Empfehlung ist es, normales Toilettenpapier für die Reinigung anzufeuchten, wodurch die Haut sanft und dennoch gründlich gereinigt werden kann. Hiernach ist es jedoch essenziell vorsichtig trocken zu tupfen.»

Bezüglich der Entscheidung zwischen Papier und Wasser spielt auch der Umweltaspekt eine Rolle: Dusch-WCs, Bidets und Bidethandbrausen benötigen zwar Wasser zur Reinigung, jedoch wahrscheinlich weniger als für die Produktion von Toilettenpapier erforderlich ist.

dpa